Entscheidungs 3Ob187/11p. OGH, 14-12-2011

ECLIECLI:AT:OGH0002:2011:0030OB00187.11P.1214.000
Record NumberJJT_20111214_OGH0002_0030OB00187_11P0000_000
Date14 Diciembre 2011
Judgement Number3Ob187/11p
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. L*****, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Georg Eisenberger, Rechtsanwalt in Graz, dieser vertreten durch Mag. Bernd Wurnig, Rechtsanwalt in Graz, wegen a.) 19.832,35 EUR sA; b.) 1.819,80 EUR sA und c.) Zinsen, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 27. Juli 2011, GZ 2 R 95/11z-39, womit über die Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 4. März 2011, GZ 39 Cg 1/10m-33, teilweise abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.117,08 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 186,18 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte war einzige unbeschränkt haftende Gesellschafterin einer im Jahr 2000 gegründeten KEG, die einen Schmuck- und Perleneinzelhandel in G***** betrieb. Die Beklagte betrieb auch persönlich mehrere Boutiquen an diesem Standort.

Der klagende Rechtsanwalt vertrat die KEG bzw die Beklagte ab 2001.

Das zuständige Finanzamt stellte bereits im Jahr 2002 fest, dass die Beklagte weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Umsatzsteuervorauszahlungen ordnungsgemäß vornahm. Das Finanzamt erstattete im Jahr 2005 Anzeige an die Staatsanwaltschaft gemäß § 54 Abs 1 Finanzstrafgesetz. Die Staatsanwaltschaft leitete Vorerhebungen ein. Parallel dazu stellte die Finanzprokuratur aufgrund der rückständigen Abgaben einen Konkursantrag über das Vermögen der KEG.

Die Beklagte wurde in dem die KEG betreffenden Konkurseröffnungsverfahren für den 14. September 2005 zur Einvernahme geladen. Sie übermittelte dem Kläger am 13. September 2005 die Ladung. Der Termin wurde von einer Substitutin des Klägers wahrgenommen.

Der Kläger stellte fest, dass die finanzielle Situation sehr schlecht war. Er besprach mit der Beklagten die Möglichkeiten in einem allfälligen Konkurs- oder Ausgleichsverfahren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte schon erhebliche Schulden aus vorangegangenen Vertretungstätigkeiten des Klägers. Der Kläger informierte sie darüber, dass er sie eigentlich nicht mehr vertreten dürfe. Er erklärte ihr, dass er trotzdem bereit sei, die Vertretung zu übernehmen, dass dies aber für ihn eine „Spekulation“ darstelle. Er legte offen, dass er ihr sämtliche Kosten der Rechtsvertretung im Konkursverfahren auf den letzten Punkt und Beistrich verrechnen würde und dass er nach Beendigung des Konkursverfahrens über die KEG und nach Beendigung des von ihm bereits erwarteten Konkursverfahrens über die Beklagte persönlich seine Honorarforderungen geltend machen würde. Zu diesem Zeitpunkt war ihm die vollständige finanzielle Situation der Beklagten noch nicht bekannt. Der Kläger erklärte der Beklagten ferner, dass die Voraussetzungen für einen Ausgleichsantrag vorliegen könnten. Das setze jedoch ein ordnungsgemäßes Inventar voraus. Der Kläger informierte die Beklagte darüber, was sie im Konkursverfahren zu erwarten habe und dass sie allenfalls die Möglichkeit habe, einen Zahlungsplan vorzulegen und dadurch möglicherweise eines der Textilgeschäfte behalten könne. Auf dieser Basis übernahm der Kläger die Rechtsvertretung im Konkursverfahren über das Vermögen der KEG (Konkurseröffnung 13. Dezember 2005). Für seine früheren Leistungen erhielt der Kläger letztmalig am 10. Dezember 2005 eine Teilzahlung.

Am 19. Jänner 2006 wurde auch über das Vermögen der Beklagten persönlich als Unternehmerin des Textilhandels Konkurs eröffnet. Auch dort schritt der Kläger für die Beklagte ein.

Im Konkursverfahren über die KEG scheiterte letztlich ein Zwangsausgleich.

Am 17. November 2006 beraumte das Konkursgericht daher im Konkurs über das Vermögen der KEG die Prüfungs- sowie Schlussrechnungs- und Verteilungstagsatzung für den 21. Dezember 2006 an.

Mit Beschluss vom 2. März 2007 wurde der Konkurs über das Vermögen der KEG nach einer Schlussverteilung aufgehoben.

Sowohl im Konkursverfahren über das Vermögen der KEG als auch im Konkursverfahren über das Vermögen der Beklagten meldete der Kläger eine Forderung, gegründet auf für die KEG vor Konkurseröffnung erbrachten Leistungen, in Höhe von 98.936,23 EUR an. In beiden Verfahren anerkannte der Masseverwalter die Forderung, die weder von einem Konkursgläubiger noch von der beklagten Gemeinschuldnerin persönlich bestritten wurde.

Nach einer Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen kündigte der Kläger der Beklagten die Vollmacht und teilte diesen Umstand dem Konkursgericht mit Schreiben vom 27. November 2006 mit.

Mit Beschluss des Konkursgerichts vom 3. September 2009 (im Edikt bekannt gemacht am 4. September 2009) wurde der Konkurs über das Vermögen der Beklagten aufgehoben. Die Aufhebung erfolgte nach einer Schlussverteilung (Verteilungsquote 0,8 %).

Für seine Tätigkeit im Konkursverfahren über das Vermögen der KEG verzeichnete der Kläger Kosten in Höhe von insgesamt 19.832,35 EUR brutto (/D).

Diese Forderung zuzüglich der Forderungen für die Vertretung der Beklagten in ihrem eigenen Konkurs und im Strafverfahren, somit einen Gesamtbetrag von 25.030,87 EUR, stellte der Kläger der Beklagten mit Schreiben vom 28. Oktober 2009 binnen 14 Tagen fällig.

Nach rechtskräftiger Stattgebung eines Begehrens von 1.819,80 EUR sA (Spruch des Berufungsurteils 1b), die der Kläger als Kosten seiner Vertretungstätigkeit für die Beklagte in dem gegen sie geführten Finanzstrafverfahren geltend gemacht hatte, nach rechtskräftiger Abweisung eines sich darauf beziehenden Zinsenmehrbegehrens und eines Mehrbegehrens von 2.114,80 EUR sA und eines Zinsenmehrbegehrens bezogen auf die vom Kläger geltend gemachten Vertretungskosten im Konkursverfahren über das Vermögen der KEG (1a des Spruchs des Berufungsurteils) und nach rechtskräftiger Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens bezogen auf die vom Kläger selbständig geltend gemachte Zinsenforderung aus der festgestellten Konkursforderung in Höhe von 98.134,24 EUR (1c des Spruchs des Berufungsurteils) sind folgende - in erster Instanz teilweise eingeschränkte - Begehren des Klägers (Klageeinbringung 5. Jänner 2010) noch Gegenstand des Revisionsverfahrens:

1a: Das Begehren auf Zahlung von 17.717,55 EUR sA (ursprünglich vom Kläger begehrt: 19.832,35 EUR) an Vertretungskosten des Klägers im Konkurseröffnungsverfahren und Konkursverfahren über das Vermögen der KEG.

1c: Das selbständig geltend gemachte Zinsenbegehren von 8,67 % Zinsen aus 98.936,23 EUR vom 18. Jänner 2006 bis 30. Juni 2009, 8,38 % Zinsen aus 98.936,23 EUR vom 1. Juli 2009 bis 1. September 2009 und aus 98.134,24 EUR vom 2. September 2009 bis 10. Jänner 2011 sowie ein Zinsenbegehren von 8-%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz vom vorangehenden 30. Juni bzw 31. Dezember pro Jahr aus 98.134,24 EUR ab 11. Jänner 2011.

Der Kläger brachte zusammengefasst vor, sein Anspruch zu 1a gründe sich auf Vertretungskosten, die im Konkurseröffnungsverfahren und im Konkursverfahren über das Vermögen der KEG - deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte gewesen sei - entstanden seien (Aufschlüsselung Beilage /D). Mit der Beklagten sei die Fälligkeit der Honorarforderungen mit Aufhebung des Konkurses über ihr Vermögen vereinbart worden. Eine Fälligstellung während des Konkurses wäre mangels konkursfreien Vermögens widersinnig gewesen. Für den Fall der Bezahlung wäre überdies der Verdacht der betrügerischen Krida indiziert gewesen.

Zu 1c des Begehrens (selbständig eingeklagte Zinsen) bezog sich der Kläger darauf, dass die dem Zinsenbegehren zugrunde liegende Konkursforderung im Konkurs über das Vermögen der Beklagten gemäß Auszug aus dem Anmeldeverzeichnis vom 22. September 2009 mit 98.936,23...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT