Entscheidungs 3Ob66/15z. OGH, 17-09-2015

ECLIECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00066.15Z.0917.000
Date17 Septiembre 2015
Judgement Number3Ob66/15z
Record NumberJJT_20150917_OGH0002_0030OB00066_15Z0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Roch sowie die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prim. Univ.-Prof. Dr. W*****, vertreten durch Hochedlinger Luschin Marenzi Kapsch Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. J*****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2015, GZ 3 R 91/14w-96, womit das Endurteil des Handelsgerichts Wien vom 29. September 2014, GZ 14 Cg 19/09t-92, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung des Zahlungsbegehrens in Rechtskraft erwachsen sind, werden im Umfang der Abweisung des Feststellungsbegehrens aufgehoben und die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Arzt, der Beklagte ist Vermögensberater und Versicherungsmakler. Die Streitteile standen von 1997 bis 2007 in ständiger Geschäftsbeziehung. Der Beklagte betreute den Kläger und dessen Familie zunächst in Versicherungsangelegenheiten. In weiterer Folge empfahl er dem Kläger, der verschiedene Liegenschaften erwarb, die Aufnahme von (endfälligen) Fremdwährungskrediten und die Anschaffung von diversen Tilgungsträgern.

So zeichnete der Kläger über Empfehlung des Beklagten im Zeitraum von Oktober 1999 bis Juli 2002 insgesamt fünf Kapitallebensversicherungsverträge „W*****“ bei der C***** Limited (im Folgenden: CMI). Zu im Einzelnen festgestellten Zeitpunkten zwischen Oktober 2005 und März 2008 war bei jedem dieser Versicherungsverträge auch für einen Laien „bei entsprechend detaillierter und richtiger Information über Risiken und Alternativmöglichkeiten der Wertentwicklung“ erkennbar, dass die bei Abschluss prognostizierten Werte nicht erreicht werden können. Ein „uninformierter“ Laie konnte dies hingegen nicht erkennen, weil keine Nachschüsse eingefordert wurden und die nicht zutreffende Renditeannahme nur bei einer völligen Kenntnis der Gesamtzusammenhänge aller Risiken und Chancen einschätzbar und kalkulierbar gewesen wäre. Einer dieser Verträge diente dem Kläger zur Gewährleistung der direkten Zahlung einer Leibrente, die er aus dem Erwerb eines Hauses schuldete. Da die damit betraute Bank die Überweisung nicht schon 1999, sondern erst 2000 vornahm, entstand dem Kläger durch die seither gestiegenen Aktienkurse und die Änderung des Dollarkurses ein - vom Beklagten mit ihm gemeinsam berechneter - Schaden, für den der Kläger aufgrund von Verhandlungen mit der Bank Ersatz erhielt.

Der Kläger zeichnete über Empfehlung des Beklagten im Juli 2002 auch eine „G***** Sofort-Rente-Rentenversicherung“ bei der G***** Lebensversicherung AG. Spätestens ab Juni 2004 wäre es mit sachverständiger Unterstützung erkennbar gewesen, dass die Ertragsziele weit verfehlt werden. Ohne sachverständige Hilfe wäre dies für einen Laien im Jahr 2007 infolge der kumulierten negativen Zinsdifferenzen und der gesunkenen Leistungen erkennbar gewesen. Mit Schreiben vom April 2003 und Juni 2004 teilte die Versicherungsgesellschaft dem Kläger eine Senkung der Überschussbeteiligung von 6,7 % auf 4,85 % bzw von 4,85 % auf 4,25 % mit, was eine Absenkung der Gewinnrente bedinge, die stärker als vorgesehen ausfalle.

Über Empfehlung des Beklagten schloss der Kläger (zu nicht festgestellten Zeitpunkten) weiters insgesamt 17 Lebensversicherungsverträge „F***** Rentenversicherung“ bei der S***** Versicherung AG ab. Ab Juni 2004 wäre es mit sachverständiger Unterstützung auch für einen Laien erkennbar gewesen, dass die Ertragsziele weit verfehlt werden. Ohne sachverständige Hilfe wäre dies einem Laien durch grobe Überschlagsrechnungen erst ab 2012 erkennbar gewesen.

Über Anraten des Beklagten kaufte der Kläger am 28. 9. 2003 ein Paket aus 16 Lebensversicherungen auf den Todesfall („Second-Hand-Polizzen“ bzw „Viaticals“) von der M***** Corporation (im Folgenden: MBC) um 500.000 USD. Die Erlöse aus den Todesfallleistungen der Versicherungen wurden jedoch nicht zur Gänze ausbezahlt. Ein Teil wurde einer Reserve zugeführt, wobei die Höhe der Reservebildung und deren konkrete Verwendung im Vertrag nicht ausdrücklich im Detail geregelt war. Die Ermittlung der zukünftigen Erträge ist nur durch Sachverständige möglich. Am 5. 5. 2004 wurde MBC durch die US-Börsenaufsicht SEC unter Zwangsverwaltung gestellt. Der Beklagte informierte den Kläger mit E-Mail vom 25. 1. 2006 über bestehende Handlungsalternativen und empfahl ihm, die Polizzen wie geplant zu Ende zu führen. Der Kläger gab daraufhin am 16. 2. 2006 gegenüber dem Insolvenzverwalter der MBC entsprechende Erklärungen für jede Polizze ab. Zu diesem Zeitpunkt war auch für einen Laien ohne sachverständige Hilfe klar, dass die ursprüngliche Zielsetzung nicht mehr erreicht werden konnte.

Der Kläger stellte hinsichtlich der Versicherungsprodukte selbst keine Performanceberechnungen an, sondern verließ sich auf den Beklagten, dem er auch jeweils die ihm zugestellten Jahresberichte übermittelte. Im Juni 2007 beauftragte der Kläger eine Unternehmensberaterin damit, einen Status der Tilgungsträger zu erstellen. Das Ergebnis war, dass die Tilgungsträger eine schlechte, einige sogar eine negative Performance hatten. Die Unternehmensberaterin empfahl ihm deshalb, die Tilgungsträger aufzulösen, weil sie über die restliche Tilgungszeit nicht mehr das gewünschte Ergebnis erreichen könnten.

Der Kläger begehrt mit seiner am 2. 3. 2009 eingelangten Klage - nach rechtskräftiger Abweisung des Großteils seines Zahlungsbegehrens mit Teilurteil des Erstgerichts und rechtskräftiger Abweisung eines restlichen Zahlungsbegehrens über 3.583,05 EUR sA durch das...

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