Entscheidungs 4Ob172/05f. OGH, 08-11-2005

ECLIECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00172.05F.1108.000
Judgement Number4Ob172/05f
Record NumberJJT_20051108_OGH0002_0040OB00172_05F0000_000
Date08 Noviembre 2005
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kammer der Wirtschaftstreuhänder, *****, vertreten durch Dr. Helmut Engelbrecht und Mag. Werner Piplits, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Romana T*****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.000 EUR), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 29. Juni 2005, GZ 2 R 111/05i-9, womit der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 12. Mai 2005, GZ 1 Cg 33/05f-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorläufig, die beklagte Partei hat sie endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin wurde zur Vertretung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder errichtet (§ 145 Abs 1 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, WTBG). Ihr Wirkungsbereich umfasst ua die Vertretung und Förderung von Interessen, Rechten und Angelegenheiten der Gesamtheit ihrer Mitglieder (§ 146 Abs 2 Z 1 WTBG). Ordentliche Mitglieder der Klägerin sind alle jene, die durch Bestellung oder Anerkennung zur selbstständigen Ausübung eines Wirtschaftstreuhandberufs berechtigt sind (§ 163 Abs 2 WTBG). Wirtschaftstreuhandberufe sind die freien Berufe des Wirtschaftsprüfers, des Buchprüfers, des Steuerberaters und des Selbstständigen Buchhalters (§ 1 WTBG). Der Berechtigungsumfang dieser Berufe sowie die den zu ihrer Ausübung Berechtigten vorbehaltenen Tätigkeiten sind in den §§ 2 bis 5 WTBG geregelt.

Die Beklagte war nie Mitglied der Klägerin. Sie besitzt keine Berechtigung zur Ausübung eines der in den §§ 2 bis 5 WTBG genannten Berufe, jedoch eine Gewerbeberechtigung für das reglementierte Gewerbe der Buchhaltung (§ 94 Z 9 GewO). Einer solchen Berechtigung bedarf es nach § 102 Abs 1 GewO für die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe sowie der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinn des § 4 Abs 3 EStG. Gewerbliche Buchhalter sind weiters zur Vertretung und zur Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen einschließlich der zusammenfassenden Meldungen, zur Akteneinsicht auf elektronischem Weg bei den Finanzbehörden und zur kalkulatorischen Buchhaltung berechtigt (§ 102 Abs 1 zweiter Satz GewO idFd Gewerberechtsnovelle 2005 BGBl I 2005/85).

In der von der Wirtschaftskammer Österreich betriebenen und von jedermann abrufbaren Firmendatenbank bietet die Beklagte unter der Überschrift „Mein Marktplatz" die Lohn- und Gehaltsverrechnung jeder Branche, Steuertipps, Arbeitnehmerveranlagungen ... an und verweist auf einen namentlich genannten Topkunden, für den sie die gesamte steuerliche Beratung übernommen habe. Auf ihrer Homepage bietet die Beklagte unter anderem Auskunft in „Fragen des Arbeitsrechts, Sozialversicherung, Lohn- und Einkommensteuer" an. Die über die Homepage abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten lauten in ihrem Punkt 3. (der Präambel) wie folgt: „Der GBH ist berechtigt, den Dienstleistungs-/Beratungsauftrag durch sachverständige, unselbstständig beschäftigte Mitarbeiter oder gewerbliche/freiberufliche Kooperationspartner (ganz oder teilweise) durchführen zu lassen. Die Mitarbeit spezialisierter Kollegen ist schriftlich zu vereinbaren." Nach dem von der Wirtschaftskammer Österreich (Fachverband Unternehmensberatung und Informationstechnologie) im Mai 2004 herausgegebenen, der Beklagten bekannt gewesenen „offiziellen österreichischen Berufsbild der gewerblichen Buchhalter" ist folgende Leistung im Berechtigungsumfang gemäß § 102 GewO für gewerbliche Buchhalter noch nicht enthalten: ... Die Vertretung von Kunden in Abgabeverfahren und bei Erklärungen vor Behörden wie z. B. Finanzamt und Sozialversicherung.

Die Beklagte erstellte im Februar 2004 über Ersuchen zweier Personen deren Arbeitnehmerveranlagung bzw deren Einkommensteuererklärung, wobei sie jeweils unter der Rubrik „steuerliche Vertretung" ihren Namen samt Kanzleianschrift und...

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