Entscheidungs 4Ob278/02i. OGH, 21-01-2003

ECLIECLI:AT:OGH0002:2003:0040OB00278.02I.0121.000
Date21 Enero 2003
Judgement Number4Ob278/02i
Record NumberJJT_20030121_OGH0002_0040OB00278_02I0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ilse B*****, vertreten durch Dr. Heinrich H. Rösch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Klaus B*****, vertreten durch Dr. Karl Franz Leutgeb, Dr. Rose-Marie Rath Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterhalt (Streitwert im Provisorialverfahren 13.860 EUR), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 20. September 2002, GZ 44 R 464/02i-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 27. Juni 2002, GZ 10 C 7/02a-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des bestätigten und des nicht angefochtenen Teils wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei ab 15. 2. 2002 für die Dauer dieses Rechtsstreits einen monatlichen Unterhalt von 700 EUR zu zahlen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Beschlusses an den Beklagten angefallenen Beträge binnen 14 Tagen, die künftig fällig werdenden Beträge am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein.

Das Mehrbegehren auf Zuspruch eines weiteren monatlichen Unterhaltsbetrags von 455 EUR wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat 60 % ihrer Kosten vorläufig selbst zu tragen; 40 % ihrer Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 108,39 EUR (darin 18,06 EUR USt) bestimmten anteiligen Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei hat 80 % ihrer Kosten des Rekursverfahrens und die Hälfte ihrer Kosten des Revisionsrekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen; ihre jeweils übrigen Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 301,89 EUR (darin 50,31 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die am 22. 12. 1972 geschlossene Ehe der am 24. 10. 1931 geborenen Klägerin und des am 4. 4. 1943 geborenen Beklagten wurde aus dem überwiegenden Verschulden der Klägerin geschieden (Urteil des Bezirksgerichtes Hernals im dritten Rechtsgang ON 68 im Akt 1 C 9/97s vom 9. 3. 2001, abgeändert durch das Berufungsgericht mit Urteil vom 13. 7. 2001, ON 76; außerordentliche Revision mit Beschluss vom 7. 12. 2001, ON 81 zurückgewiesen). Die Streitteile haben keine gemeinsamen Kinder. Im (vom hiesigen Beklagten eingeleiteten) Scheidungsverfahren wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Die Ehegatten lebten von 1972 bis 1981 gemeinsam in Wien. 1981 kauften sie aufgrund gemeinsamen Wunsches eine Liegenschaft in Oberndorf in der Wachau und vereinbarten, ihren gemeinsamen Wohnsitz dorthin zu verlegen; der Beklagte sollte jedoch seine Beschäftigung in Wien als Angestellter der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (wo er zuletzt Küchenleiter war) nicht aufgeben und zum überwiegenden Teil unter der Woche auch in Wien übernachten. Anfangs fuhr der Beklagte manchmal auch während der Woche in die Wachau, später verbrachte er dort ausschließlich die Wochenenden (vom Freitag früher Nachmittag bis Montag früh). Die Klägerin war bis 1980 halbtags berufstätig; in dieser Zeit half sie dem Beklagten auch in beruflicher Hinsicht in einem geringen Ausmaß, indem sie seine Rezeptsammlung sortierte und ihm bei der Vorbereitung zu Auftritten behilflich war. Nach der Übersiedlung in die Wachau kümmerte sie sich dort ausschließlich um den Haushalt und den gemeinsamen Hund und beschäftigte sich mit Bauernmalerei. Für einzelne Werkstücke, die sie verkaufte, erzielte sie ein geringes Entgelt, das im Wesentlichen die (vom Beklagten ausgelegten) Materialkosten abdeckte. Sämtliche Einkäufe für den Haushalt in der Wachau (zB Lebensmittel, aber auch Materialien für die Bauernmalerei der Klägerin) wurden vom Beklagten erledigt. Von Beginn der Wohnungsnahme in der Wachau an bis 1989 wohnte der Beklagte während der Woche in einem kleinen Studio hinter den Geschäftsräumlichkeiten seines Schwagers. Diese Wohnsituation war für den Beklagten sehr unbequem, sodass die Ehegatten sich nach einer neuen Wohnmöglichkeit für ihn umsahen. In der Folge mietete der Beklagte eine Wohnung von seinem Schwager; dies allerdings nur für zwei Monate, weil ihm die Miete mit 5.000 S monatlich zu hoch war. 1989 mieteten die Ehegatten schließlich eine ca. 40m² große Genossenschaftswohnung in Wien 17 auf den Namen der Klägerin an. Für diese Wohnung wurde eine Doppelcouch angeschafft, die man zu einem Doppelbett ausziehen konnte. Es war nicht geplant, dass die Ehegatten nun während der Woche in Wien und nur zum Wochenende in der Wachau leben sollten; der Beklagte bat seine Frau jedoch, nun wenigstens einmal pro Woche nach Wien zu kommen, damit sie sich öfter sehen könnten, und ihm ein wenig im Haushalt in Wien zu helfen, den er bisher neben seiner beruflichen Tätigkeit immer allein geführt hatte. Die Klägerin lehnte es jedoch ab, regelmäßig nach Wien zu fahren. Sie übernachtete nur ca 3 - 4 Mal pro Jahr in der neuen Wohnung in Wien 17, etwa aus Anlass von Theater- oder Arztbesuchen. Sie fand immer wieder Gründe, warum eine regelmäßige Fahrt nach Wien nicht möglich war, zB wegen des Hundes, den man nicht allein in der Wachau lassen könne. Es wäre ihr jedoch durchaus möglich gewesen, jemanden zu finden, der den Hund beaufsichtigt hätte (Nachbarn hatten dies angeboten). Beiden Ehegatten hat der Hund sehr viel bedeutet, wobei aber die Klägerin eine viel innigere Beziehung zu ihm hatte. Durch die Entfernung, besonders aber durch die Weigerung der Klägerin, wenigstens einen Tag unter der Woche mit dem Beklagten in Wien zu verbringen und ihm dann auch im Haushalt zu helfen, kam es mit den Jahren zu einer gewissen Entfremdung zwischen den Ehegatten, die sich vor allem darin äußerte, dass der Beklagte einen eigenen Freundeskreis in Wien aufbaute und weiterhin Kontakt zum früheren gemeinsamen Freundeskreis hielt. Einladungen dieser Freunde nahm der Beklagte auch größtenteils allein wahr, weil die Klägerin meistens nicht nach Wien fahren wollte. Grundsätzlich genoss der Beklagte die gemeinsamen Wochenenden in der Wachau; es gab jedoch auch häufig Meinungsverschiedenheiten, bei denen es zwar an sich um Kleinigkeiten ging (etwa die - nach Ansicht des Beklagten - mangelhafte Haushaltsführung der Klägerin), wobei die Klägerin aber übertrieben beleidigt reagierte, indem sie etwa während des restlichen Wochenendes nicht mehr mit dem Beklagten sprach. Dies verdarb dem Beklagten dann das Wochenende. Genauso reagierte die Klägerin, wenn der Beklagte versuchte, mit ihr über andere Eheprobleme zu sprechen, so etwa über ihre Weigerung, während der Woche nach Wien zu fahren Auch machte sie dem Beklagten gleich nach dessen Ankunft in der Wachau Vorwürfe, wenn er nicht alles, was sie für ihre Bauernmalerei benötigte, aus Wien mitbrachte, und war danach das restliche Wochenende in schlechter Stimmung. Wenn der Beklagte dann fragte, wozu er überhaupt in die Wachau hinausgefahren sei, antwortete die Klägerin sinngemäß, er könne ruhig schon früher nach Wien zurückfahren, was er dann auch manchmal tat. Dieses Verhalten der Klägerin war für den Beklagten sehr verletzend, die Klägerin allerdings nahm die Situation trotz ihrer eigenen übertriebenen Reaktion nicht sonderlich ernst. Die Art der Klägerin, nach Meinungsverschiedenheiten das ganze Wochenende nicht mehr mit dem Beklagten zu reden und zu sagen, er solle wieder nach Wien fahren, trug entscheidend zur Zerrüttung der Ehe bei. Die Haushaltsführung der Klägerin ist als durchschnittlich zu bezeichnen. Da der große Hund der Ehegatten das untere Stockwerk des Hauses betreten durfte, lagen dort natürlich auch manchmal Hundehaare herum. Der Beklagte hingegen hatte berufsbedingt überzogene Vorstellungen von Sauberkeit. Da die Klägerin vorwiegend in Haus und Garten tätig war und sich um den Hund kümmerte, kleidete sie sich diesen Tätigkeiten entsprechend. Sie war somit weniger sorgfältig angezogen als zu der Zeit, als das Ehepaar noch in Wien gewohnt hatte. Jedoch zog sich die Klägerin, wenn der Beklagte am Wochenende in die Wachau kam, schöner an und schminkte sich auch; es konnte nicht festgestellt werden, dass sie ihre Körperpflege vernachlässigt hätte. Der Hund der Streitteile durfte das obere Stockwerk des Hauses in der Wachau, in dem sich auch das Schlafzimmer befand, nicht betreten. In den letzten beiden gemeinsamen in der Wachau verbrachten Jahren litt der Hund an einer stark juckenden Stoffwechselkrankheit, weshalb die Klägerin ab damals im Wohnzimmer im Erdgeschoß nächtigte, um ihn in der Nacht beaufsichtigen zu können. Dies war zunächst unter den Ehegatten so abgesprochen. Der Beklagte bat die Klägerin aber doch des öfteren, wieder in das gemeinsame Schlafzimmer zu ziehen, was die Klägerin jedoch mit der Begründung ablehnte, sie müsse den Hund weiterhin beaufsichtigen. Wann die sexuelle Beziehung zwischen den Ehegatten...

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