Entscheidungs 6Ob150/05k. OGH, 01-12-2005

ECLIECLI:AT:OGH0002:2005:0060OB00150.05K.1201.000
Date01 Diciembre 2005
Record NumberJJT_20051201_OGH0002_0060OB00150_05K0000_000
Judgement Number6Ob150/05k
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E*****aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Mag. Guido Zorn, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Andreas N*****, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 307,84 EUR und Räumung, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. Februar 2005, GZ 38 R 300/04f-23, womit über den Rekurs der klagenden Partei der Beschluss des Bezirksgerichts Josefstadt vom 30. September 2004, GZ 3 C 539/03z-19, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Der am 13. 9. 2005 zur Post gegebene weitere Revisionsrekurs der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Bezahlung eines rückständigen Mietzinses und die Räumung der vom Beklagten gemieteten Wohnung.

Der Beklagte bestritt das Bestehen eines Zinsrückstands wegen verschiedener Mängel des Bestandobjekts und wandte seine Immunität als Botschafter ein. Er sei Ministerialdirigent des Deutschen Bundestags und Sonderbeauftragter der parlamentarischen Versammlung der OSZE (Orgnisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa). Das gegen ihn geführte Verfahren sei für nichtig zu erklären. Der Beklagte genieße Immunität nach Art 31 Abs 1 der Wiener Diplomatenkonvention. Weder der Entsendestaat noch die OSZE hätten auf die Immunität verzichtet.

Das Erstgericht erklärte das bislang durchgeführte Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück. Aus der Note der parlamentarischen Versammlung der OSZE vom 7. 1. 2004 ergebe sich, dass der Beklagte nicht direkt Mitarbeiter der OSZE, sondern Botschafter der Bundesrepublik Deutschland bei der OSZE sei. Als Leiter des Verbindungsbüros der parlamentarischen Versammlung der OSZE in Wien sei der Beklagte Bediensteter dieser Institution. Auf die Immunität sei nicht verzichtet worden.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass gemäß Art IX EGJN iVm § 42 JN die inländische Gerichtsbarkeit als absolute Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen sei. Im Völkerrecht seien Befreiungen von der Juristiktionsbefugnis Österreichs normiert. Administrativen Leitern des Verbindungsbüros der parlamentarischen Versammlung der OSZE in Wien werde die diplomatische, also absolute Immunität gewährt. Die Immunität erstrecke sich auch auf private Handlungen wie den Abschluss eines Mietvertrags. Die OSZE habe auf die Immunität nicht verzichtet.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge. Es bestätigte die erstinstanzliche Feststellung, dass der Beklagte (auch) Botschafter der Bundesrepublik Deutschland bei der OSZE sei und begründete dies wie folgt:

Mit Note vom 11. 9. 2003 teilte das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten dem Erstgericht mit, dass der Beklagte als Inhaber einer roten Legitimationskarte und leitender Mitarbeiter der OSZE im diplomatischen Rang volle Immunität von der österreichischen Gerichtsbarkeit genießt (ON 6). Diese Auskunft deckt sich mit dem Aktenvermerk des Erstgerichtes vom 8. 9. 2003, wonach der zuständige leitende Staatsanwalt im Bundesministerium für Justiz nach Kontakt mit dem Protokoll des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten dem Erstgericht mitgeteilt hat, dass der Beklagte deutscher Staatsangehöriger und Sonderbotschafter der OSZE ist und Diplomatenstatus aufgrund der roten Legitimationskarte Nr 34.743, ausgestellt 2. 1. 2003 bis 2. 1. 2005 genießt. Mit Verbalnote vom 9. 6. 2004 teilte die OSZE dem Bundesminsterium für auswärtige Angelegenheiten mit, dass „der Botschafter Andreas N***** als Leiter des Verbindungsbüro der parlamentarischen Versammlung der OSZE Bediensteter dieser Institution ist".

Nach Ansicht des Rekursgerichtes sei aus diesen Auskünften zweifelsfrei abzuleiten, dass der Beklagte Botschafter sei. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass nach Art 1 lit e des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen, BGBl 1966/66, sowohl der Missionschef als auch die Mitglieder des diplomatischen Personals der Mission als Diplomaten im Sinne dieses Übereinkommens...

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