Entscheidungs 6Ob224/13d. OGH, 10-04-2014

ECLIECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00224.13D.0410.000
Judgement Number6Ob224/13d
Record NumberJJT_20140410_OGH0002_0060OB00224_13D0000_000
Date10 Abril 2014
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr.

Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Firmenbuchsache der D***** KG, als Rechtsnachfolgerin der D***** S.A.S. *****, mit dem Sitz in *****, Italien, über den Revisionsrekurs des U***** I*****, als geschäftsführender Komplementär der D***** S.A.S. *****, vertreten durch Dr. Josef Wolff, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 21. Oktober 2013, GZ 6 R 156/13y-5, womit der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 27. August 2013, GZ 24 Fr 5075/13d-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die D***** S.A.S. ***** ist eine Societá in accomandita semplice, eine Personengesellschaft nach italienischem Recht. Sie ist beim Unternehmensregisteramt bei der Kammer für Handel Industrie Handwerk und Landwirtschaft (Ufficio del Registro delle Imprese presso Camera di Commercio Industria Artigianato e Agricultura) von Neapel mit dem Sitz in *****, eingetragen und hat die Steuernummer ***** und die Registernummer bei der italienischen Handelskammer (REA) *****. Der Gesellschafter U***** I***** haftet unbeschränkt, die I*****verwaltung KG (FN *****) haftet nur mit ihrem Geschäftsanteil.

Die Gesellschafter der D***** S.A.S. ***** beschlossen am 11. 4. 2013 die Verlegung des Gesellschaftssitzes von „*****“ nach „***** (Österreich)“. Sie änderten den den Gesellschaftssitz regelnden Art 2 des Gesellschaftsvertrags und gaben in ihrem Beschluss vom 11. 4. 2013 die aktualisierte Fassung des Gesellschaftsvertrags unter Berücksichtigung dieser Änderung sowie eines ebenfalls vereinbarten Verkaufs eines Geschäftsanteils des U***** l***** an der D***** S.A.S. ***** an die I*****verwaltung KG wieder. Art 3 des Gesellschaftsvertrags nimmt erkennbar auf italienische Gesetze Bezug.

Der vorgelegte italienische Registerauszug enthält unter der Überschrift „Status Aktivität“ die Eintragung: „Unternehmen inaktiv“ und unter der Überschrift „Aufschiebende Bedingungen“ folgende Eintragung: „Mit notarieller Urkunde des Notars A***** vom 11. 4. 2013 wurde der Gesellschaftssitz verlegt nach ***** (Österreich).“

Am 5. 8. 2013 beantragte U***** I***** als geschäftsführender Komplementär der D***** S.A.S. *****, infolge Sitzverlegung der Gesellschaft die Eintragung der D***** KG als Rechtsnachfolgerin der D***** S.A.S. ***** mit dem Sitz in der Gemeinde K***** und der Geschäftsanschrift ***** sowie die weiteren in den §§ 3, 4 FBG vorgesehenen Eintragungen in das Firmenbuch. Er bringt vor, die Liegenschaft *****, stehe in seinem sowie im Eigentum der D'***** KG. Die Verlegung des Geschäftssitzes erfolge im Zusammenhang mit einer Verlegung sämtlicher Aktivitäten nach Österreich. Es sei nicht nur seine Wohnsitznahme in Österreich, sondern auch eine Konzentration sämtlicher Gesellschaften in *****, geplant. Er beabsichtige, nachhaltig auf unbestimmte Zeit im österreichischen Immobilienmarkt zu investieren. Der Gesellschaftssitz in *****, verfüge über Büroräume und Einrichtung. Die Entscheidungen der Unternehmensleitung sollten hier effektiv umgesetzt werden. Die Gesellschaft werde somit ihre wirtschaftliche Tätigkeit mittels fester Einrichtung an ihrem Satzungs- und Verwaltungssitz in Österreich ausüben. Die Funktionsweise der D***** S.A.S. ***** solle in der Folge nach österreichischem Recht geregelt werden. Die Gesellschaft verlege daher sowohl ihren Satzungs- als auch ihren Verwaltungssitz von Italien nach Österreich unter Wechsel des anwendbaren Rechts und Umwandlung in die KG. Die Satzung sei mit Beschluss vom 11. 4. 2013 den formellen und materiellen Mindestanforderungen des österreichischen Rechts angepasst worden. Die beabsichtigte Fassung des Gesellschaftsvertrags nach Durchführung der Sitzverlegung sehe deshalb in Art 2 den Geschäftssitz in ***** mit der Geschäftsanschrift *****, sowie die entsprechende Änderung der Firma in D***** KG vor. Der Gesellschafterbeschluss vom 11. 4. 2013 sei dem Unternehmensregister Neapel am 8. 5. 2013 mit dem Hinweis überreicht worden, dass die Gesellschaft beabsichtige, sich dem österreichischen Recht zu unterwerfen. Das Unternehmensregister Neapel habe die Zulässigkeit der Satzungsänderung nach italienischem Recht festgestellt und werde die Sitzverlegung eintragen, sobald diese im österreichischen Firmenbuch eingetragen sei. Die Gesellschaft beschäftige keine Arbeitnehmer. Verfahren wegen Auflösung, Liquidation, Zahlungsunfähigkeit, vorläufiger Zahlungseinstellung oder ähnliche Verfahren seien nicht eröffnet worden. Das Unternehmensregister Neapel bescheinige der Gesellschaft, dass die Interessen der Gläubiger und sonstigen Forderungsberechtigten einschließlich der öffentlich-rechtlichen Körperschaften angemessen geschützt seien und dem Wegzug aus Italien keine zwingenden rechtlichen Gründe entgegenstehen.

Die D***** KG berufe sich auf die Niederlassungsfreiheit und die Zulässigkeit der begehrten Eintragung im Hinblick auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12. 7. 2012, C-378/10 - Vale, und vom 16. 12. 2008, C-210/06 - Cartesio.

Das Erstgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, für die Beurteilung der Auswirkungen der Sitzverlegung auf die Existenz des Rechtsträgers seien, falls Österreich bei Verlegung des Satzungssitzes als Zuzugsstaat betroffen sei, beide berührte Rechtsordnungen heranzuziehen. Die Rechtspersönlichkeit bestehe dann fort, wenn dies beide Rechtsordnungen vorsähen. Österreichische Regelungen, wonach infolge einer Sitzverlegung eine inländische KG Rechtsnachfolgerin einer italienischen S.A.S. sein könne, sowie dazu, welche Rechtswirkungen sich an eine derartige Sitzverlegung knüpfen, lägen nicht vor. Dies gelte auch für das Bestehen entsprechender italienischer Rechtsvorschriften.

Die Eintragung der „aufschiebenden Bedingung“ in das italienische Handelsregister unter Anführung von Neapel als Sitz der Gesellschaft reiche nicht als Nachweis, dass der Wegzug der Gesellschaft aus Italien ohne Liquidation zulässig sei. Die Eintragung der Kommanditgesellschaft in Österreich könne daher nur nach Neugründung erfolgen. Das Europäische Gemeinschaftsrecht ermögliche keine identitätswahrende Verlegung des Satzungssitzes nationaler Gesellschaftsformen von einem Mitgliedstaat in einen anderen. Der Antragsteller lasse bei seiner Bezugnahme auf Judikatur des EuGH unberücksichtigt, dass formwechselnde Umwandlungen in Österreich nur in spezifischen Konstellationen zulässig seien (§§ 239 ff AktG, §§ 61, 61e VAG, § 27a SpG) und Umwandlungen nach dem UmwG immer von einer Kapitalgesellschaft als Ausgangsrechtsträgerin ausgingen. Vorschriften, die eine (formwechselnde oder übertragende) Umwandlung von Personengesellschaften als Ausgangsrechtsträgerinnen ermöglichten, bestünden nicht.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Selbst wenn eine identitätswahrende Verlegung des Satzungssitzes einer italienischen S.A.S. nach Österreich zulässig wäre, so ergebe sich aus der Rechtsprechung des EuGH und der Lehre, dass es sich hiebei um eine rechtliche Umstrukturierungsmaßnahme handle, da mit ihr die Umwandlung in eine ausländische Rechtsform einhergehe. Die Abweisung des Eintragungsbegehrens sei schon im Hinblick darauf zu Recht erfolgt, dass die Satzungsänderung vom 11. 4. 2013 nur den Verkauf eines Teils des Geschäftsanteils des U***** I***** an der D***** S.A.S. ***** an die I***** Vermögensverwaltung KG und die Sitzverlegung der D***** S.A.S ***** nach Österreich zum Gegenstand hatte. Die Gesellschafter bezögen sich in Art 3 des Gesellschaftsvertrags erkennbar auf italienische Rechtsvorschriften, bezeichneten die Gesellschaft im gesamten Vertragstext unverändert als D'***** S.A.S ***** und brächten an keiner Stelle des Gesellschaftsvertrags zum Ausdruck, dass sie eine Umwandlung der S.A.S in die Gesellschaftsform der österreichischen Kommanditge-sellschaft vornehmen und sich somit dem österreichischen Recht unterwerfen wollten. Eine Verbesserungsmöglichkeit habe nicht eingeräumt werden müssen, weil feststehe, dass die betreffenden Urkunden nicht nur nicht beigelegt worden seien, sondern überhaupt erst errichtet werden müssten.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zu Fragen der Verlegung des Sitzes einer ausländischen Personengesellschaft nach Österreich...

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