Entscheidungs 7Ob18/09m. OGH, 08-07-2009

ECLIECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00018.09M.0708.000
Judgement Number7Ob18/09m
Date08 Julio 2009
Record NumberJJT_20090708_OGH0002_0070OB00018_09M0000_000
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** S.A. c/o *****, vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, gegen die beklagte Partei W***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch MMag. Dr. Michael Michor und Mag. Walter Dorn, Rechtsanwälte in Villach, wegen 142.582,42 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 30. September 2008, GZ 4 R 48/08y-13, womit der Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt vom 18. Jänner 2008, GZ 26 Cg 29/07x-9, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird, soweit er die Klage hinsichtlich der Ansprüche von 85.402,07 USD und 8.565 EUR zurückweist, bestätigt, im Übrigen aber abgeändert, sodass er insgesamt zu lauten hat:

Die Klage wird, soweit sie Ansprüche über 85.402,07 USD und 8.565 EUR sA. geltend macht, zurückgewiesen.

Im Übrigen (hinsichtlich des vom Empfänger der Ware zedierten Anspruchs aus dem Kaufvertrag von 65.000 EUR) wird die Einrede der mangelnden internationalen Zuständigkeit verworfen.

Die Kosten des Zuständigkeitsstreits werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung:

Die Klägerin hat ihren Hauptsitz in L*****, Schweiz. Sie ist Eignerin des Schiffes B*****, einem Hochseemehrzweck-Frachtschiff, und betreibt gewerblich den Hochseetransport.

Die Beklagte ist ein Holzhandelsunternehmen mit Sitz in Österreich. Aufgrund des Kaufvertrags vom 12. 3. 2004 war sie zu einer Lieferung von Kiefernholz nach Libyen verpflichtet.

Die Klägerin wurde von dem für die Beklagte handelnden Charterer mit dem Sitz in Genua mit der Verfrachtung von 675,815 m³ österreichischem Kiefernholz in 172 Verpackungseinheiten und von 314,900 m3 rot-gelbem amerikanischem Kiefernholz in 79 Verpackungseinheiten per Seetransport von K*****, Slowenien, nach M*****, Libyen, beauftragt.

Im Konnossement ist folgende Gerichtsstandsklausel enthalten:

„Jeder Streitfall, der sich aus dem vorliegenden Konnossement ergibt, soll in dem Land entschieden werden, in dem der Frachtführer seinen Hauptgeschäftssitz hat und das Gesetz dieses Landes ist anzuwenden, es sei denn, es finden sich anderslautende Bestimmungen im vorliegenden Dokument."

Auf Antrag der Empfängerin der Waren wurde das Schiff der Klägerin bis zur Sicherstellung eines behaupteten Schadens in M***** arretiert, weil die übergebenen Waren zum Teil nicht mit den Angaben im Konnossement übereinstimmten und statt rot-gelbem amerikanischem Kiefernholz ausschließlich österreichisches Kiefernholz geliefert wurde.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten 73.565 EUR und 85.402,07 USD (in eventu 69.017,42 EUR) sA. Die rechtlichen Beziehungen zwischen der Beklagten und dem von ihr beauftragten Charterer einerseits und der Klägerin andererseits regle der am 22. 6. 2004 abgeschlossene Frachtvertrag (Charterpartie). Dieser enthalte in Punkt 15 die Klausel F.I.O.S. (Free Inn and Out, Stowed), die bedeute, dass der Befrachter (die Beklagte oder deren Beauftragte) das Laden und Löschen sowie das Stauen und das Sichern der Güter übernommen habe. Entgegen ihren Angaben, dass 79 Frachtstücke Parkettkiefer seien (gemeint offenbar: rot-gelbes amerikanisches Kiefernholz), habe die Beklagte jedoch nur herkömmliches österreichisches Kiefernholz auf Lkw geliefert und auf das im Hafen von K***** liegende Schiff der Klägerin verladen. Da es sich um ein Akkreditivgeschäft gehandelt habe, daraus Bezahlung geleistet worden sei und die Warenlieferung nicht dem Konnossement entsprochen habe, sei das Schiff auf Antrag der libyschen Empfängerin zur Sicherstellung ihrer Forderung aus dem Konnossement wegen der Wertminderung über 111.789,50 EUR im Hafen von M***** arretiert worden. Die Arretierung sei erst aufgehoben worden, als dieser Betrag zugunsten der Empfängerin zur Sicherstellung garantiert worden sei, sodass die B***** den Hafen von M***** stark verspätet erst am 15. 7. 2004 habe verlassen können. Nach den Vorschriften des libyschen Seerechts (das dem internationalen seehandelsrechtlichen Standard [vgl § 656 Abs 2 dHGB] entspreche) hafte der Seefrachtführer trotz des genannten Vorbehalts (F.I.O.S.) für die Richtigkeit der Angaben im Konnossement, was dessen Wertpapiercharakter entspreche.

Das Gericht erster Instanz in M***** habe dem Begehren der Empfängerin mit Urteil vom 20. 6. 2005 stattgegeben. In zweiter Instanz habe sich die Klägerin mit Vergleich vom 8. 3. 2006 verpflichtet, der Empfängerin der Ware 65.000 EUR zu bezahlen. Im Gegenzug habe diese die B***** und die Klägerin von sämtlichen Verpflichtungen aus dem Konnossement befreit und ihr sämtliche Forderungen aus dem Kaufvertrag mit der Beklagten abgetreten. Die Klägerin mache nun diese ihr von der Empfängerin abgetretenen Ansprüche aus dem Kaufvertrag (zwischen Beklagter und Empfängerin) geltend. Darüber hinaus sei der Klägerin durch die von der Beklagten aufgrund ihrer falschen Angaben zu verantwortende Arretierung des Schiffes ein Schaden von 85.402,07 USD (70.138,88 USD Liegegeld für sieben Tage und zwanzig Minuten gemäß Punkt 18 der Charterpartie, 11.250 USD für die Zeitverzögerung und 4.013,19 USD an Treibstoffmehrverbrauch aufgrund der notwendigen und schadensmindernden Änderung des Folgehafens) und 8.565 EUR an zusätzlichen Hafengebühren entstanden. Die Beklagte habe der Klägerin gegenüber die aus dem Kaufvertrag entspringenden Schutz- und Sorgfaltspflichten, die ebenso den Verfrachter miteinschlössen, verletzt. Sie hafte auch als Befrachter bzw Ablader gemäß § 564 Abs 1 HGB/UGB für Schäden aufgrund schuldhafter unrichtiger Angaben über Art und Beschaffenheit der Güter.

Die sachliche und örtliche Zuständigkeit gründe sich auf Art 2 EuGVVO bzw § 27a JN iVm §§ 65 f sowie § 50 Abs 1 und § 51 Abs 3 JN. Das Konnossement mit Gerichtsstandsvereinbarung sei für die klagsgegenständlichen Ansprüche nicht maßgeblich. Grundlage für das Konnossement seien der Verladeschein und der Schiffszettel, welche nach den Angaben der Beklagten ausgestellt worden seien. Das Konnossement sei dem Chartervertrag untergeordnet und diene lediglich der Regelung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Empfänger und der Klägerin. Der Chartervertrag enthalte keine Gerichtsstandsvereinbarung. Jedenfalls der Käufer sei daran nicht gebunden. Die Klägerin mache insgesamt keine Ansprüche aus dem Konnossement geltend. Überdies begründe die Gerichtsstandsvereinbarung im Konnossement mangels der gebotenen Ausdrücklichkeit hinsichtlich der Ausschließlichkeit der vereinbarten Gerichtszuständigkeit nur einen Wahlgerichtsstand nach Art 17 Abs 4 LGVÜ. Einen ausschließlichen Gerichtsstand könne man nur annehmen, wenn dies ausdrücklich aus dem Wortlaut der Erklärung hervorgehe und die Zuständigkeitsklausel nicht wie hier nur die Klägerin begünstige.

Die Beklagte...

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