Entscheidungstexte nº B435/93 B923/93. VfGH. 15-06-1994

Date15 Junio 1994
15.06.1994
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 4
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
15.06.1994
Geschäftszahl
B435/93,B923/93
Sammlungsnummer
13771
Leitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch U nterlassung von Ermittlungen in entscheidungswesentlichen Fra gen bei
Verhängung von Verwaltungsstrafen wegen Verstößen gegen das Ver bot der Beschäftigung von Dienstnehmern
bei der Erz eugung von Backwaren an Sonntagen in einem Gastgewerbe- und Konditorbetrieb; sachliche
Rechtfertigung der Gleichbehandlung der Backwarenerzeugung in Gastgewerbebetrieben einerseits und in
Backwaren-Erzeugungsbetrieben anderseits a us Gründen des Arbeitnehmerschutzes und zur Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen
Spruch
Die Beschwerdefü hrer sind durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten
Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihres
Rechtsvertreters die mit je 15.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei E xekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit den angefochtenen Berufungsbescheiden wurden ü ber die Beschwerdeführer Geldstrafen unter
anderem nach §18 Bäckereiarbeitergesetz (BäckArbG) verhängt, weil sie (zu B435/93: im Jahre 1990 als
verantwortlicher Beauftragter, zu B923/93: im Jahre 1991 als handelsrechtlicher Geschäftsfü hrer) einer
Hotelbetriebsführungsgesellschaft mbH für ein Rasthaus ( an der Autobahn) zu vertreten hätten, daß Lehrlinge
entgegen §11 Abs1 BäckArbG an näher bezeichneten Sonntagen beschäftigt wurden. Die Gesellschaft übe das
Gast- und Schankgewerbe und das Konditorgewer be aus. Für den Bereich des Konditorgewerbes und daher auch
für die Konditorlehrlinge gelte das BäckArbG; die in §18 Abs2 Kinder- und Jugendlichen-Beschäftigungsgesetz
(KJBG) für das Gastgewerbe verfügte Ausnahme greife daher nicht. Dem Einwand, der Konditorlehrling sei
nicht schutzbedürftiger als der Koch oder Kellner, sei entgegenzuhalten, daß Gastgewerbelehrlinge auch mit
Sonn- und Feiertagsarbeit vertraut gemacht werden müßten, diese Notwendigkeit aber bei Konditorlehr lingen
nicht bestehe.
Die dagegen erhobenen Beschwerden rügen die Ve rletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten
Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und die A nwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §1
Abs3 letzter Halbsatz BäckArbG, wonach das BäckArbG im Gastgewerbe nur dann nicht gelte, wenn
ausschließlich für den E igenverbrauch oder zur Verabreichung an Gäste erzeugt werde. Konditorei und
Gastgewerbe seien organisatorisch nicht getrennt, das Konditorgewerbe außerdem nur von untergeordneter
Bedeutung; nur in geringem Ausmaß würden Süßspeisen auch an Laufkundschaft ver kauft.

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