Entscheidungstexte nº V411/2020. VfGH. 14-07-2020

ECLIECLI:AT:VFGH:2020:V411.2020
Date14 Julio 2020
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
Verfassungsgerichtshof
Freyung 8, A-1010 Wien
www.verfassungsgerichtshof.at
V 411/2020-17
14. Juli 2020
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz des Präsidenten
DDr. Christoph GRABENWARTER,
in Anwesenheit der Vizepräsidentin
Dr. Verena MADNER
und der Mitglieder
Dr. Markus ACHATZ,
Dr. Wolfgang BRANDSTETTER,
Dr. Sieglinde GAHLEITNER,
Dr. Andreas HAUER,
Dr. Christoph HERBST,
Dr. Michael HOLOUBEK,
Dr. Helmut HÖRTENHUBER,
Dr. Claudia KAHR,
Dr. Georg LIENBACHER,
Dr. Michael RAMI,
Dr. Johannes SCHNIZER und
Dr. Ingrid SIESS-SCHERZ
als Stimmführer, im Beisein der verfassungsrechtlichen Mitarbeiterin
Mag. Barbara HOFKO
als Schriftführerin,
V 411/2020-17
14.07.2020
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über den Antrag der **********************, ****************, **** ****,
vertreten durch die Cortolezis Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Haupt-
platz 14, 8010 Graz, die Wortfolge ", wenn der Kundenbereich im Inneren maxi-
mal 400 m2 beträgt" sowie die Sätze "Sind sonstige Betriebsstätten baulich
verbunden (z. B. Einkaufszentren), ist der Kundenbereich der Betriebsstätten
zusammenzuzählen, wenn der Kundenbereich über das Verbindungsbauwerk
betreten wird. Veränderungen der Größe des Kundenbereichs, die nach dem
7. April 2020 vorgenommen wurden, haben bei der Ermittlung der Größe des
Kundenbereichs außer Betracht zu bleiben." in § 2 Abs. 4 der Verordnung des
Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von
COVID-19, BGBl. II 96/2020, idF BGBl. II 151/2020 als gesetzwidrig aufzuheben, in
seiner heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 139 B-VG zu Recht erkannt:
I. 1. Die Wortfolge ", wenn der Kundenbereich im Inneren maximal 400 m2
beträgt" sowie der vierte Satz "Veränderungen der Größe des Kundenbe-
reichs, die nach dem 7. April 2020 vorgenommen wurden, haben bei der
Ermittlung der Größe des Kundenbereichs außer Betracht zu bleiben." in
§ 2 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit,
Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Ver-
hinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. II Nr. 96/2020, idF
BGBl. II Nr. 151/2020 waren gesetzwidrig.
2. Die als gesetzwidrig festgestellten Bestimmungen sind nicht mehr anzu-
wenden.
3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten-
schutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundes-
gesetzblatt II verpflichtet.
4. Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.
II. Der Bund (Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumen-
tenschutz) ist schuldig, der antragstellenden Partei zuhanden ihrer Rechts-
vertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei
sonstiger Exekution zu ersetzen.
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Entscheidungsgründe
I. Antrag
Gestützt auf Art. 139 Abs. 1 Z 3 B-VG begehrt die antragstellende Partei, die
Wortfolge ", wenn der Kundenbereich im Inneren maximal 400 m2 beträgt"
sowie die Sätze "Sind sonstige Betriebsstätten baulich verbunden (z. B. Einkaufs-
zentren), ist der Kundenbereich der Betriebsstätten zusammenzuzählen, wenn
der Kundenbereich über das Verbindungsbauwerk betreten wird. Veränderungen
der Größe des Kundenbereichs, die nach dem 7. April 2020 vorgenommen
wurden, haben bei der Ermittlung der Größe des Kundenbereichs außer Betracht
zu bleiben." in § 2 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Soziales,
Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen
zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. II 96/2020, idF
BGBl. II 151/2020 als gesetzwidrig aufzuheben. Weiters stellt die antragstellende
Partei zwei Eventualanträge.
II. Rechtslage
Die Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Kon-
sumentenschutz betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Ver-
breitung von COVID-19 (im Folgenden: COVID-19-Maßnahmenverordnung-96),
BGBl. II 96/2020, idF BGBl. II 151/2020 lautete (die angefochtenen Bestimmun-
gen sind hervorgehoben):
"§ 1. Das Betreten des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von
Dienstleistungsunternehmen sowie von Freizeit- und Sportbetrieben zum Zweck
des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleistungen oder
der Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben ist untersagt.
§ 2. (1) § 1 gilt nicht für folgende Bereiche:
1. öffentliche Apotheken
2. Lebensmittelhandel (einschließlich Verkaufsstellen von Lebensmittelproduzen-
ten) und bäuerlichen Direktvermarktern
3.. Drogerien und Drogeriemärkte
4. Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmit-
teln
5. Gesundheits- und Pflegedienstleistungen
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