Entscheidungstexte nº WI3/2015. VfGH. 23-11-2015

ECLIECLI:AT:VFGH:2015:WI3.2015
Date23 Noviembre 2015
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
Verfassungsgerichtshof
Freyung 8, A-1010 Wien
www.verfassungsgerichtshof.at
W I 3/2015-30
23. November 2015
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz des
Präsidenten
Dr. Gerhart HOLZINGER,
in Anwesenheit der Mitglieder
Dr. Markus ACHATZ,
Mag. Dr. Eleonore BERCHTOLD-OSTERMANN,
Dr. Sieglinde GAHLEITNER,
DDr. Christoph GRABENWARTER,
Dr. Christoph HERBST,
Dr. Michael HOLOUBEK,
Dr. Helmut HÖRTENHUBER,
Dr. Claudia KAHR,
Dr. Georg LIENBACHER,
Dr. Rudolf MÜLLER,
Dr. Johannes SCHNIZER und
Dr. Ingrid SIESS-SCHERZ
als Stimmführer, im Beisein des verfassungsrechtli chen Mitarbeiters
Dr. Christopher MERSCH
als Schriftführer,
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über die von der Wählergruppe "LISTE MARIO LEITER – UNABHÄNGIGE – SPÖ
BLUDENZ", vertreten durch ihren Zustellungsbevollmächtigten ****** ******,
********* ***, **** *******, dieser vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Anton
Tschann, Mühlgasse 2, 6700 Bludenz, eingebrachte Anfechtung des zweiten
Wahlganges für die Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Bludenz am
29. März 2015 in seiner heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 141 B-VG
zu Recht erkannt:
Der Anfechtung wird stattgegeben.
Das Verfahren zum zweiten Wahlgang für die Wahl des Bürgermeisters der
Gemeinde Bludenz am 29. März 2015 wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt, Anfechtung und Vorverfahren
1. Am 15. März 2015 fanden die mit Verordnung der Vorarlberger Landesregie-
rung, LGBl. 68/2014, ausgeschriebenen Wahlen in die Gemeindevertretung und
des Bürgermeisters aller Gemeinden des Landes, darunter der Gemeinde Blu-
denz, statt.
2. Da bei den Wahlen in die Gemeindevertretung der Gemeinde Bludenz mehre-
re Parteien mindestens ein Gemeindevertretungsmandat erhielten und keiner
der Wahlwerber dieser Parteien für das Amt des Bürgermeisters mehr als die
Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erreichen konnte, fand zwischen
jenen beiden Wahlwerbern für das Amt des Bürgermeisters, auf die die meisten
gültigen Stimmen entfielen, ein zweiter Wahlgang (Stichwahl) gemäß § 51
Vbg. Gemeindewahlgesetz (Vbg. GWG) am 29. März 2015 statt. Diese beiden
Wahlwerber waren der von der Wählergruppe "Bürgermeister Mandi Katzenma-
yer – Bludenzer Volkspartei" vorgeschlagene Josef Katzenmayer und der von der
Wählergruppe "Liste Mario Leiter – Unabhängige – SPÖ Bludenz" vorgeschlagene
Mario Leiter.
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3. Am 30. März 2015 wurde von der Gemeindewahlbehörde durch Anschlag an
der Amtstafel veröffentlicht, dass auf Grund des Ergebnisses des zweiten Wahl-
ganges der Wahlwerber Josef Katzenmayer zum Bürgermeister der Gemeinde
Bludenz gewählt wurde (vgl. § 58 iVm § 49 Abs. 3 und 5 Vbg. GWG). Aus der
Niederschrift über die Feststellung des Gemeindewahlergebnisses ergibt sich,
dass bei dem zweiten Wahlgang insgesamt 6.557 gültige Stimmen abgegeben
wurden, 53 Stimmen wurden als ungültig gewertet. Von den gültigen Stimmen
entfielen
auf Josef Katzenmayer 3.292 Stimmen und
auf Mario Leiter 3.265 Stimmen.
4. Mit ihrer am 24. April 2015 eingebrachten, auf Art. 141 B-VG gestützten
Anfechtung begehrt die Wählergruppe "Liste Mario Leiter – Unabhängige – SPÖ
Bludenz" (anfechtungswerbende Partei), vertreten durch ihren Zustellungsbe-
vollmächtigten, die Nichtigerklärung und Aufhebung des "Verfahren[s] zur
Stichwahl des Bürgermeisters der Stadt Bludenz am 29. März 2015".
Begründend macht die anfechtungswerbende Partei insbesondere Verstöße
gegen die Grundsätze der freien und geheimen Wahl und das Gebot, dass der
Wähler den Stimmzettel unbeobachtet und unbeeinflusst auszufüllen hat (unter
Hinweis auf § 37a Abs. 2 sowie § 40 Vbg. GWG), Rechtswidrigkeiten im Zusam-
menhang mit der Beantragung, Ausstellung und Rückgabe der Wahlkarten bzw.
der diesbezüglichen Dokumentation sowie im Zusammenhang mit der Verwah-
rung der Wahlkarten nach ihrer Rückgabe und mit ihre r Auswertung, das rechts-
widrige Unterlassen einer auffälligen Anmerkung der Ausstellung einer Wahlkar-
te im Wählerverzeichnis in mehreren Fällen (unter Hinweis auf § 5 Abs. 5
Vbg. GWG), Verstöße gegen das Recht der anfechtungswerbenden Partei auf
Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Wa hl sowie eine rechtswidrige Gestal-
tung der amtlichen Stimmzettel geltend. Hinsichtlich der behaupteten Rechts-
widrigkeiten im Zusammenhang mit der Beantragung, Ausstellung und Rückgabe
der Wahlkarten führt die anfechtungswerbende Partei wörtlich – auszugsweise –
Folgendes aus:
"IV. Behauptete Rechtswidrigkeiten
[…]
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