Bundesgesetz vom 12. Dezember 1985, mit dem Bestimmungen über die Rechtsanwaltsprüfung und über sonstige Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft getroffen werden (Rechtsanwaltsprüfungsgesetz ? RAPG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I

§ 1. Die Rechtsanwaltsprüfung soll die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse des Prüfungswerbers,

im besonderen seine Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen

öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie seine Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Rechts- und Sachlage nachweisen.

§ 2. (1) Die Rechtsanwaltsprüfung besteht aus zwei Teilprüfungen. Die erste Teilprüfung kann nach Erlangung des Doktorats der Rechte oder, für Absolventen des Diplomstudiums nach dem Bundesgesetz vom 2. März 1978, BGBl. Nr. 140, über das Studium der Rechtswissenschaften, des Magisteriums der Rechtswissenschaften und einer praktischen Verwendung im Ausmaß von zwei Jahren und neun Monaten, hievon mindestens neun Monate bei einem inländischen Gericht und mindestens ein Jahr und sechs Monate bei einem Rechtsanwalt,

abgelegt werden. Die zweite Teilprüfung kann nach bestandener erster Teilprüfung und einer weiteren praktischen Verwendung im Ausmaß

von einem Jahr und sechs Monaten, hievon mindestens ein Jahr bei einem Rechtsanwalt, abgelegt werden.

(2) Voraussetzung für die Ablegung der Teilprüfungen ist überdies die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen.

§ 3. Die Rechtsanwaltsprüfung ist vor einem Senat der Rechtsanwaltsprüfungskommission abzulegen.

Die Rechtsanwaltsprüfungskommissionen bestehen bei den Oberlandesgerichten für den jeweiligen Oberlandesgerichtssprengel. Ihr gehören an der Präsident des Oberlandesgerichts als Präses,

der Vizepräsident des Oberlandesgerichts als sein Stellvertreter und als weitere Mitglieder (Prüfungskommissäre)

die erforderliche, durch den Präses im Einvernehmen mit den beteiligten Rechtsanwaltskammern zu bestimmende Anzahl von Richtern und die gleiche Anzahl von Rechtsanwälten.

§ 4. Die Prüfungskommissäre aus dem Kreis der Rechtsanwälte werden von den Plenarversammlungen der beteiligten Rechtsanwaltskammern entsprechend dem Verhältnis ihrer Mitgliederzahl für jeweils fünf Jahre gewählt. Die Prüfungskommissäre aus dem Kreis der Richter werden vom Präsidenten des Oberlandesgerichts im Einvernehmen mit den beteiligten Rechtsanwaltskammern für den gleichen Zeitraum bestellt.

§ 5. Die Kanzleigeschäfte der Rechtsanwaltsprüfungskommissionen werden von den Oberlandesgerichten geführt.

§ 6. Über die Zulassung zu den Teilprüfungen der Rechtsanwaltsprüfung entscheidet auf Antrag des Prüfungswerbers der Präses der Kommission im Einvernehmen mit der Rechtsanwaltskammer, in deren Liste der Prüfungswerber eingetragen ist oder zuletzt war. Auf begründeten Antrag ist die Ablegung der Prüfung vor der Rechtsanwaltsprüfungskommission am Sitz eines anderen Oberlandesgerichts zu bewilligen.

§ 7. Dem Antrag auf Zulassung zu den Teilprüfungen der Rechtsanwaltsprüfung sind beizuschließen Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis,

Promotionsurkunde beziehungsweise Magisterdiplom,

die Zeugnisse über die praktische Verwendung des Prüfungswerbers, der Beleg über die Einzahlung der Prüfungsgebühr und der Nachweis der Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen, dem Antrag auf Zulassung zur zweiten Teilprüfung auch das Zeugnis über die erste Teilprüfung.

§ 8. Gegen die Nichtzulassung zu den Teilprüfungen der Rechtsanwaltsprüfung steht dem Prüfungswerber das Recht auf Berufung an die Ober-

ste Berufungs- und Disziplinarkommission zu. § 5 a der Rechtsanwaltsordnung ist sinngemäß anzuwenden.

§ 9. Der Präses der Rechtsanwaltsprüfungskommission bestimmt für jede Prüfung in gleichbleibender alphabetischer Reihenfolge die Prüfungskommissäre und verständigt sie sowie den Prüfungswerber unter Einhaltung einer Mindestfrist von vier Wochen vor der schriftlichen Prüfung vom Zeitpunkt der schriftlichen und der mündlichen Prüfung unter Bekanntgabe der Namen der Mitglieder des Prüfungssenats und des Prüfungswerbers.

§ 10. Umstände, die geeignet sind, die Unbefangenheit eines Mitgliedes des Prüfungssenats dem Prüfungswerber gegenüber in Zweifel zu ziehen,

sowie eine Verhinderung aus anderen Gründen haben diese und der Prüfungswerber unverzüglich dem Präses anzuzeigen. Der Präses hat in begründeten Fällen den in der alphabetischen Reihenfolge nächsten Prüfungskommissär zu bestimmen. Ist der Präses selbst betroffen, so hat er sich durch seinen Stellvertreter vertreten zu lassen.

§ 11. Der Prüfungssenat besteht aus vier Mitgliedern,

davon zwei aus dem Kreis der Richter und zwei aus dem Kreis der Rechtsanwälte; den Vorsitz führt der Präses oder sein Stellvertreter, bei deren Verhinderung der an Lebensjahren älteste Prüfungskommissär aus dem Kreis der Richter.

§ 12. (1) Der Vorsitzende des Prüfungssenats hat im Einvernehmen mit den übrigen Mitgliedern des Prüfungssenats die Aufteilung der Prüfungsgegenstände vorzunehmen. Die Aufgaben für die schriftliche Prüfung der ersten Teilprüfung sind von den Mitgliedern des Prüfungssenats aus dem Kreis der Richter auszuwählen, die für die schriftliche Prüfung der zweiten Teilprüfung von den Prüfungskommissären aus dem Kreis der Rechtsanwälte.

(2) Die Rechtsgebiete gemäß § 20 Abs. 2 Z 2 bis 6 sind jedenfalls von den Rechtsanwälten zu prüfen.

(3) Bei den mündlichen Prüfungen sind die Mitglieder des Prüfungssenats berechtigt, Fragen auch aus den von ihnen nicht übernommenen Prüfungsgegenständen zu stellen, sofern sie mit ihrem Prüfungsgegenstand in Zusammenhang stehen.

§ 13. (1) Bei der schriftlichen Prüfung der ersten Teilprüfung hat der Prüfungswerber an Hand von Gerichtsakten aus dem Zivil- und aus dem Strafrecht je eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz auszuarbeiten.

(2) Bei der schriftlichen Prüfung der zweiten Teilprüfung hat der Prüfungswerber auszuarbeiten:

  1. im...

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