Europäisches Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages samt Anhang wird genehmigt.

  2. Dieser Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.

    (Ãœbersetzung)

    Präambel Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Vertragsstaaten des Europäischen Kulturabkommens,

    die dieses Übereinkommen unterzeichnen –

    in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedem herbeizuführen, um die Ideale und Grundsätze, die ihr gemeinsames Erbe sind, zu wahren und zu fördern;

    in der Erwägung, daß die Würde und der gleiche Wert jedes Menschen Grundbestandteile dieser Grundsätze darstellen;

    in der Erwägung, daß die Freiheit der Meinungsäußerung und Information, wie sie in Artikel 10 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verankert ist, einer der wesentlichen Grundsätze einer demokratischen Gesellschaft und eine der Grundvoraussetzungen für ihren Fortschritt und für die Entwicklung jedes Menschen ist;

    in Bekräftigung ihres Bekenntnisses zu den Grundsätzen des freien Flusses von Informationen und Ideen und der Unabhängigkeit der Rundfunkveranstalter, die eine unerläßliche Grundlage für ihre Rundfunkpolitik darstellen;

    in Bestätigung der Bedeutung des Rundfunks für die kulturelle Entwicklung und die freie Meinungsbildung unter Bedingungen, die Pluralismus und Chancengleichheit für alle demokratischen Gruppen und politischen Parteien gewährleisten;

    überzeugt, daß die ständige Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie dazu beitragen sollte, das Recht zu fördern, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen, Informationen und Ideen, aus welcher Quelle sie auch stammen mögen, zu äußern, zu beschaffen, zu empfangen und zu übermitteln;

    in dem Wunsch, der Öffentlichkeit eine immer größere Auswahl an Programmen zur Verfügung zu stellen und dabei das europäische Erbe zu mehren und das audiovisuelle Schaffen in Europa zu entwickeln, sowie in dem Entschluß, dieses kulturelle Ziel durch das Bemühen um die Steigerung der Produktion und der Verbreitung qualitativ hochwertiger Sendungen zu erreichen und dadurch den Erwartungen der Öffentlichkeit auf dem Gebiet der Politik, der Bildung und der Kultur Rechnung zu tragen;

    in der Erkenntnis, daß es notwendig ist, die gemeinsame allgemeine Rahmenregelung zu festigen;

    eingedenk der Entschließung Nr. 2 und der Erklärung der Ersten Europäischen Ministerkonferenz

    über Massenmedienpolitik;

    in dem Wunsch, die in den bestehenden Europaratsempfehlungen über die Grundsätze der Fernsehwerbung,

    über die Gleichstellung von Frau und Mann in den Medien, über die Nutzung von Satellitenkapazität für Fernsehen und Hörfunk sowie über die Förderung der audiovisuellen Produktion in Europa verankerten Grundsätze weiter zu entwickeln –

    sind wie folgt übereingekommen:

    Kapitel I Allgemeine Bestimmungen Artikel 1

    Ziel und Zweck Dieses Übereinkommen befaßt sich mit den Programmen, die verbreitet werden. Es verfolgt den Zweck, zwischen den Vertragsparteien die grenzüberschreitende Verbreitung und Weiterverbreitung von Fernsehprogrammen zu erleichtem.

    Artikel 2

    Begriffsbestimmungen Im Sinne dieses Übereinkommens bedeutet a) „Verbreitung“ die Erstausstrahlung von Fernsehprogrammen, die zum Empfang durch die Allgemeinheit bestimmt sind, über terrestrische Sender, über Kabel oder über Satelliten jeder Art in verschlüsselter oder unverschlüsselter Form. Der Ausdruck schließt Fernmeldedienste, die auf individuellen Abruf geleistet werden, nicht ein;

    1. „Weiterverbreitung“ den Empfang und – ungeachtet der eingesetzten technischen Mittel – die gleichzeitige, vollständige und unveränderte Weiterverbreitung von Fernsehprogrammen oder wichtigen Teilen solcher Programme, die von Rundfunkveranstaltern für den Empfang durch die Allgemeinheit verbreitet werden;

    2. „Rundfunkveranstalter“ die natürliche und juristische Person, die Fernsehprogramme für den Empfang durch die Allgemeinheit zusammenstellt und sie verbreitet oder vollständig und unverändert durch einen Dritten verbreiten läßt;

    3. „Programm“ die Gesamtheit der Sendungen eines bestimmten Programms, das durch einen Rundfunkveranstalter im Sinne des Buchstabens c bereitgestellt wird;

    4. „europäische audiovisuelle Werke“ kreative Arbeiten, deren Produktion oder Koproduktion von europäischen natürlichen oder juristischen Personen kontrolliert wird;

    5. „Werbung“ jede öffentliche Äußerung zur Förderung des Verkaufs, des Kaufs oder der Miete oder Pacht eines Erzeugnisses oder einer Dienstleistung, zur Unterstützung einer Sache oder Idee oder zur Erzielung einer anderen vom Werbetreibenden gewünschten Wirkung, wofür dem Werbetreibenden gegen Bezahlung oder eine ähnliche Gegenleistung Sendezeit zur Verfügung gestellt wird;

    6. „Sponsern“ die Beteiligung einer natürlichen oder juristischen Person, die an Rundfunktätigkeiten oder an der Produktion audiovisueller Werke nicht beteiligt ist, an der direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke oder das Erscheinungsbild der Person zu fördern.

      Artikel 3

      Geltungsbereich Dieses Übereinkommen gilt für jedes Programm, das durch Rechtsträger oder mittels technischer Einrichtungen im Hoheitsbereich einer Vertragspartei über Kabel, über terrestrische Sender oder über Satelliten verbreitet oder weiterverbreitet wird und das direkt oder indirekt in einer oder mehreren anderen Vertragsparteien empfangen werden kann.

      Artikel 4

      Freiheit des Empfangs und der Weiterverbreitung Die Vertragsparteien sichern die freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit in Übereinstimmung mit Artikel 10 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten; sie gewährleisten die Freiheit des Empfangs und schränken die Weiterverbreitung von Programmen, die den Bestimmungen dieses Übereinkommens entsprechen, in ihrem Hoheitsgebiet nicht ein.

      Artikel 5

      Pflichten der sendenden Vertragsparteien

      (1) Jede sendende Vertragspartei sorgt durch geeignete Mittel und durch ihre zuständigen Stellen dafür, daß alle Programme, die durch Rechtsträger oder mittels technischer Einrichtungen in ihrem Hoheitsbereich im Sinne des Artikels 3 verbreitet werden, den Bestimmungen dieses Übereinkommens entsprechen.

      (2) Für die Zwecke dieses Übereinkommens ist die sendende Vertragspartei a) im Fall einer terrestrischen Verbreitung die Vertragspartei, in der die Erstausstrahlung durchgeführt wird;

    7. im Fall der Verbreitung über Satelliten i) die Vertragspartei, in der sich die Aufwärtsverbindung zum Satelliten befindet;

    8. die Vertragspartei, die das Recht auf Nutzung einer Frequenz oder einer Satellitenkapazität gewährt, wenn sich die Aufwärtsverbindung in einem Staat befindet, der nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist;

    9. die Vertragspartei, in welcher der Rundfunkveranstalter seinen Sitz hat, wenn die Zuständigkeit nach den Ziffern i und ii nicht festgelegt ist.

      (3) Wenn Programme, die aus Staaten verbreitet werden, die nicht Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind, durch Rechtsträger oder mittels technischer Einrichtungen im Hoheitsbereich einer Vertragspartei im Sinne des Artikels 3 weiterverbreitet werden, stellt diese Vertragspartei, indem sie als sendende Vertragspartei handelt, durch geeignete Mittel und durch ihre zuständigen Stellen sicher, daß

      den Bestimmungen dieses Ãœbereinkommens entsprochen wird.

      Artikel 6

      Bereitstellung von Informationen

      (1) Die Verantwortlichen des Rundfunkveranstalters werden in der von der zuständigen Behörde jeder Vertragspartei ausgestellten Genehmigung oder in dem mit dieser Behörde geschlossenen Vertrag oder durch eine andere rechtliche Maßnahme eindeutig und hinreichend festgelegt.

      (2) Die zuständige Behörde der sendenden Vertragspartei stellt auf Ersuchen Informationen über den Rundfunkveranstalter zur Verfügung. Diese Informationen umfassen zumindest den Namen oder die Bezeichnung, den Sitz und die Rechtsstellung des Rundfunkveranstalters, den Namen des gesetzlichen Vertreters, die Zusammensetzung des Kapitals sowie Art, Zweck und Modalität der Finanzierung des Programms, das der Rundfunkveranstalter bereitstellt oder bereitzustellen beabsichtigt.

      Kapitel II Bestimmungen zur Programmgestaltung Artikel 7

      Verantwortlichkeiten des Rundfunkveranstalters

      (1) Alle Sendungen eines Programms müssen im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.

      Insbesondere dürfen sie a) nicht unsittlich sein und namentlich keine Pornographie enthalten;

    10. Gewalt nicht unangemessen herausstellen und nicht geeignet sein, zum Rassenhaß aufzustacheln.

      (2) Alle Sendungen eines Programms, die geeignet erscheinen, die körperliche, geistig-seelische oder sittliche Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu beeinträchtigen, dürfen nicht verbreitet werden,

      wenn anzunehmen ist, daß sie auf Grund der Sende- und Empfangszeit von Kindern oder Jugendlichen gesehen werden.

      (3) Der Rundfunkveranstalter sorgt dafür, daß Nachrichtensendungen die Tatsachen und Ereignisse sachgerecht darstellen und die freie Meinungsbildung fördern.

      Artikel 8

      Recht auf Gegendarstellung

      (1) Jede sendende Vertragspartei stellt sicher, daß jede natürliche oder juristische Person ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Wohnorts beziehungsweise Sitzes die Möglichkeit hat, im Hinblick auf Sendungen, die durch Rechtsträger oder mittels technischer Einrichtungen in ihrem Hoheitsbereich im Sinne des Artikels 3 verbreitet oder weiterverbreitet werden, ein Recht auf Gegendarstellung auszuüben oder andere vergleichbare gerichtliche oder verwaltungsrechtliche Mittel in Anspruch zu nehmen. Sie sorgt insbesondere dafür, daß die für die Ausübung des Rechts auf Gegendarstellung vorgesehenen Fristen und anderen Modalitäten so...

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