Bundesgesetz vom 26. Juni 1958, betreffend das Finanzstrafrecht und das Finanzstrafverfahrensrecht (Finanzstrafgesetz ? FinStrG.)

Der Nationalrat hat beschlossen:

ARTIKEL I.

Strafrecht und Strafverfahrensrecht in Angelegenheiten der bundesrechtlich geregelten Abgaben und der Monopole.

ERSTER ABSCHNITT.

Allgemeine Begriffsbestimmungen.

§ 1. Finanzvergehen sind die im II. Hauptstück des zweiten Abschnittes als strafbar erklärten Handlungen oder Unterlassungen natürlicher Personen.

§ 2. (1) Abgaben im Sinne dieses Artikels sind:

a) die bundesrechtlich geregelten öffentlichen Abgaben samt Zuschlägen sowie die bundesrechtlich geregelten Beiträge an öffentliche Fonds und an Körperschaften des

öffentlichen Rechtes, die nicht Gebietskörperschaften sind, soweit diese Abgaben,

Zuschläge und Beiträge von Abgabenbehörden des Bundes zu erheben sind;

b) die Grundsteuer samt Zuschlägen und die Lohnsummensteuer.

(2) Nicht unter Abgaben im Sinne des Abs. 1

fallen:

a) die Stempel- und Rechtsgebühren mit Ausnahme des an Stelle des Rechnungsstempels erhobenen Zuschlages zur Umsatzsteuer,

die Konsulargebühren, die Kraftfahrzeugsteuer und die in Stempelmarken zu entrichtende Beförderungssteuer;

b) Ausgleichsbeträge gemäß § 9 des Milchwirtschaftsgesetzes 1956. BGBl. Nr. 148.

§ 7 des Getreidewirtschaftsgesetzes 1956,

BGBl. Nr. 149, und § 5 des Viehverkehrsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 150.

(3) Monopole im Sinne dieses Artikels sind das Branntweinmonopol, das Salzmonopol, das Tabakmonopol und das Glücksspielmonopol.

(4) Auf das Glücksspielmonopol finden aus diesem Bundesgesetz nur die §§ 49 und 50 Anwendung,

im übrigen gilt das Verwaltungsstrafgesetz 1950, BGBl. Nr. 172.

ZWEITER ABSCHNITT.

Finanzstrafrecht.

  1. Hauptstück.

    Allgemeiner Teil.

    Allgemeine Voraussetzungen der Strafbarkeit.

    § 3. (1) Als Finanzvergehen kann eine Tat

    (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden,

    wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

    (2) Die Strafe richtet sich nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Entscheidung erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

    § 4. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht Abweichendes bestimmt wird, sind nur im Inland begangene Finanzvergehen strafbar.

    (2) Ein Finanzvergehen ist im Inland begangen,

    wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörige Erfolg im Inland eingetreten ist oder hätte eintreten sollen.

    (3) Finanzvergehen nach § 35 Abs. 1, § 36

    Abs. 1, § 39 oder § 48 Abs. 1 sind auch strafbar,

    wenn sie im Ausland begangen worden sind.

    § 5. Niemand darf wegen eines Finanzvergehens an einen fremden Staat ausgeliefert werden;

    eine von einer ausländischen Behörde wegen eines solchen Vergehens verhängte Strafe darf im Inland nicht vollstreckt werden.

    Zurechnungsfähigkeit.

    § 6. (1) wegen eines Finanzvergehens ist unbeschadet der Bestimmung des § 52 nicht strafbar,

    wer zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung,

    wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

    (2) War die Fähigkeit, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten, zur Zeit der Tat aus einem der vorerwähnten Gründe in hohem Grad vermindert,

    so ist das als mildernder Umstand bei Bemessung der Strafe zu berücksichtigen. Das gilt aber nicht für Bewußtseinsstörungen, die auf selbstverschuldeter Berauschung beruhen.

    § 7. (1) Nicht strafbar ist, wer zur Zeit der Tat das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat (Unmündiger).

    (2) War der Täter zur Zeit der Tat zwar 14,

    aber noch nicht 18 Jahre alt (Jugendlicher), so wird sie ihm nicht zugerechnet, wenn er aus besonderen Gründen noch nicht reif genug war,

    das Unerlaubte der Tat einzusehen oder sich dieser Einsicht gemäß zu verhalten.

    Schuld.

    § 8. Wenn das Gesetz über das Verschulden nichts bestimmt, genügt für die Strafbarkeit eines Finanzvergehens Fahrlässigkeit.

    Schuldausschließungsgründe und Rechtfertigungsgründe.

    § 9. Dem Täter wird weder Vorsatz noch Fahrlässigkeit zugerechnet, wenn ihm bei einer Tat ein entschuldbarer Irrtum unterlief, der ihn das Vergehen oder das darin liegende Unrecht nicht erkennen ließ; ist der Irrtum unentschuldbar,

    so ist dem Täter Fahrlässigkeit zuzurechnen.

    § 10. Eine Tat ist nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt oder, obgleich sie dem Tatbestand eines Finanzvergehens entspricht,

    vom Gesetz geboten oder erlaubt ist.

    Mitschuld, Teilnahme.

    § 11. Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer ein Finanzvergehen begeht (Anstiftung),

    oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung eines Finanzvergehens erleichtert (Beihilfe), ist als Mitschuldiger dem Täter gleichzuhalten.

    § 12. Wer vor oder bei einem Finanzvergehen dem Täter oder dem Mitschuldigen vorsätzlich verspricht, daß er ihm nach der Tat beistehen werde, um ihn der Strafverfolgung zu entziehen,

    ihm die Vorteile aus der Tat zu sichern oder zur Verdunklung des Sachverhaltes beizutragen,

    ferner, wer sich vor oder bei einem Finanzvergehen vorsätzlich mit dem Täter oder Mitschuldigen

    über einen Vorteil aus der Tat einverstanden hat, ist als Teilnehmer dem Täter gleichzuhalten.

    § 13. Mitschuldige und Teilnehmer sind auch dann strafbar, wenn der Täter selbst nicht bestraft werden kann.

    Versuch.

    § 14. (1) Wer vorsätzlich eine zur wirklichen Ausübung eines Finanzvergehens führende Handlung unternimmt, wird wegen Versuches bestraft. Der Versuch ist dem vollendeten Finanzvergehen gleichzuhalten, doch ist der Umstand,

    daß die Vollendung unterblieben ist, bei Bemessung der Strafe als mildernd zu berücksichtigen.

    (2) Wegen Versuches wird nicht bestraft, wer aus freien Stücken die Ausführung aufgibt, verhindert oder den Erfolg abwendet.

    Freiheitsstrafen.

    § 15. (1) Freiheitsstrafen sind strenger Arrest und Arrest. Die Mindestdauer der Freiheitsstrafen beträgt 24 Stunden. Bei Jugendlichen (§ 7 Abs. 2)

    darf das Höchstausmaß der Freiheitsstrafe die Hälfte der in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Strafsätze nicht überschreiten.

    (2) Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zu 24 Stunden, die Woche zu sieben Tagen und der Monat nach der Kalenderzeit berechnet.

    (3) Die Arreststrafe ist in den gerichtlichen Gefangenhäusern zu vollziehen. Personen, die eine Arreststrafe verbüßen, tragen ihre eigenen Kleider und dürfen sich selbst verköstigen. Wenn sie sich nicht aus eigenem Antrieb angemessen beschäftigen, können sie zu einer ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechenden Arbeit angehalten werden. Zu Außenarbeiten dürfen sie nur mit ihrer Zustimmung verwendet werden.

    Der mündliche und der schriftliche Verkehr mit der Außenwelt unterliegt der amtlichen Aufsicht.

    Diese Personen sind tunlichst von anderen Häftlingen,

    männliche Häftlinge sind von weiblichen getrennt zu halten. Im übrigen gelten die Vorschriften der Hausordnung für gerichtliche Gefangenhäuser.

    (4) Für die Strafe des strengen Arrestes gelten die Bestimmungen des § 245 StG.

    Geldstrafen.

    § 16. Die Mindestgeldstrafe beträgt 10 Schilling.

    Die Geldstrafen fließen dem Bund zu.

    Verfall.

    § 17. (1) Auf Verfall darf nur in den im II. Hauptstück vorgesehenen Fällen erkannt werden.

    (2) Dem Verfall unterliegen a) die Sachen, hinsichtlich deren das Finanzvergehen begangen wurde, samt deren Umschließungen,

    b) soweit dies im II. Hauptstück dieses Abschnittes vorgesehen ist,

    aa) die Geräte und Vorrichtungen, die zur Erzeugung der in lit. a erwähnten Sachen bestimmt sind oder benützt worden sind,

    bb) die Rohstoffe, Hilfsstoffe und Halbfabrikate samt Umschließungen, die zur Erzeugung der in lit. a erwähnten Sachen bestimmt sind,

    cc) die im Inland hergestellten Erzeugnisse aus Branntwein (Branntweinerzeugnisse),

    hinsichtlich dessen das Finanzvergehen begangen wurde, samt Umschließungen,

    c) Behältnisse, wie Koffer, Taschen u. dgl.,

    die mit besonderen Vorrichtungen versehen sind, welche die Begehung des Finanzvergehens erleichtert haben,

    d) ein zur Begehung des Finanzvergehens benütztes Beförderungsmittel, wenn es mit besonderen Vorrichtungen versehen ist,

    welche die Begehung des Finanzvergehens erleichtert haben, oder wenn in ihm der Gegenstand des Finanzvergehens an Stellen verborgen war, die für die Verwahrung

    üblicher Weise nicht bestimmt sind oder wenn das betreffende Finanzvergehen wegen der Beschaffenheit der beförderten Sachen ohne Benützung eines Beförderungsmittels nicht hätte begangen werden können.

    (3) Die in Abs. 2 lit. a und b genannten Gegenstände sind für verfallen zu erklären,

    a) wenn sie dem Täter, Mitschuldigen oder Teilnehmer gehören,

    b) wenn sie einer anderen Person gehören, es sei denn, daß diese ein schon vor der Tat bestandenes oder nach der Tat gutgläubig erworbenes und nach § 367 ABGB. geschütztes Eigentum nachweist und sie an der Verwendung der Gegenstände zu dem Finanzvergehen kein Verschulden trifft.

    (4) Behältnisse der in Abs. 2 lit. c bezeichneten Art, weiters Branntwein, Salz, Tabak und Tabakwaren

    (Monopolgegenstände) und die im § 39

    Abs. 3 genannten Gegenstände unterliegen dem Verfall ohne Rücksicht darauf, wem sie gehören.

    (5) Ein Beförderungsmittel (Abs. 2 lit. d), das weder dem Täter noch einem Mitschuldigen oder Teilnehmer gehört, unterliegt dem Verfall nur dann, wenn es der Eigentümer dem Täter, Mitschuldigen oder Teilnehmer überlassen hat und den Eigentümer ein Verschulden an der Verwendung des Beförderungsmittels zur Begehung des Finanzvergehens trifft. Beförderungsmittel, die dem allgemeinen Verkehr dienen und unabhängig von den Weisungen des Fahrgastes oder Benützers verkehren, unterliegen nicht dem Verfall.

    (6) Wird auf Verfall erkannt, so sind Pfand-

    und Zurückbehaltungsrechte dritter Personen an den für verfallen erklärten Gegenständen anzuerkennen,

    sofern diese Personen nachgewiesen haben, daß sie ihr Recht schon vor der Tat erworben haben und sie kein Verschulden an der Verwendung der Gegenstände zu dem Finanzvergehen trifft.

    (7)...

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