Bundesgesetz vom 15. Dezember 1987 über die Gerichtspraxis der Rechtspraktikanten (Rechtspraktikantengesetz ? RPG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Gerichtspraxis

§ 1. (1) Die Gerichtspraxis soll Personen, die die wissenschaftliche Berufsvorbildung abgeschlossen haben und zur Führung des akademischen Grades eines Magisters der Rechtswissenschaften berechtigt sind, die Möglichkeit geben, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit bei Gericht fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen.

(2) Rechtspraktikanten sind Personen, die in Gerichtspraxis stehen.

Zulassung zur Gerichtspraxis

§ 2. (1) Auf die Zulassung zur Gerichtspraxis besteht in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs-

oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist.

Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.

(2) Von der Gerichtspraxis sind Personen ausgeschlossen,

  1. die nicht die volle Handlungsfähigkeit besitzen,

  2. die wegen einer mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung zu einer drei Monate

    übersteigenden Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, solange die Verurteilung nicht der Beschränkung der Auskunft aus dem Strafregister unterliegt oder getilgt ist,

  3. gegen die wegen eines Verbrechens ein Strafverfahren eingeleitet ist oder 4. die für einen noch nicht abgelaufenen Zeitraum von der Gerichtspraxis ausgeschlossen wurden (§ 12 Abs. 3).

    (3) Dem Antrag auf Zulassung zur Gerichtspraxis sind die Nachweise über die Zulassungsvoraussetzungen,

    ein Lebenslauf und zwei Lichtbilder des Zulassungswerbers anzuschließen. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob der Zulassungswerber die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebt. Der Rechtspraktikant kann die Erklärung, ob er die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebt, jederzeit schriftlich abändern.

    (4) Durch die Zulassung zur Gerichtspraxis und deren Ableistung wird kein Dienstverhältnis, sondern ein Ausbildungsverhältnis begründet.

    Beginn der Gerichtspraxis

    § 3. (1) Die Gerichtspraxis beginnt mit dem im Zulassungsbescheid festgesetzten Monatsersten.

    Wird die Gerichtspraxis nicht an diesem Tag angetreten oder wird die Leistung der Angelobung verweigert,

    so tritt der Zulassungsbescheid rückwirkend außer Kraft. Diese Rechtsfolge tritt nicht ein,

    wenn der Nichtantritt innerhalb einer Woche gerechtfertigt (§ 10) und die Gerichtspraxis am Tag nach Wegfall des Hinderungsgrundes, spätestens aber am zwölften Arbeitstag nach dem im Zulassungsbescheid festgesetzten Tag angetreten wird.

    (2) Die Gerichtspraxis gilt auch dann als an einem Monatsersten angetreten, wenn sie am ersten Arbeitstag des Monats angetreten wird.

    Angelobung

    § 4. (1) Der Rechtspraktikant hat bei Antritt der Gerichtspraxis gegenüber dem Vorsteher des Gerichtes, dem er zur Ausbildung zugewiesen wurde, folgende Angelobung zu leisten: „Ich gelobe, daß ich die Gesetze der Republik Österreich befolgen und alle mit der Gerichtspraxis verbundenen Pflichten treu und gewissenhaft erfüllen sowie insbesondere die Pflicht zur Verschwiegenheit wahren werde."

    (2) Die Angelobung ersetzt den Schriftführereid nach § 15 der Jurisdiktionsnorm, RGBl. Nr. 111/

    1895, und nach § 23 der Strafprozeßordnung 1975,

    BGBl. Nr. 631.

    Ablauf der Ausbildung

    § 5. (1) Der Präsident des Oberlandesgerichtes führt die Oberaufsicht über die Gerichtspraxis. Er hat zu bestimmen, bei welchen Gerichten, in welcher Dauer und in welchen Geschäftssparten ein Rechtspraktikant auszubilden ist (Ausbildungsplan).

    (2) Die Ausbildung beim Bezirksgericht und beim Gerichtshof erster Instanz hat zumindest je vier Monate zu umfassen, wovon der Ausbildung in Zivilprozeßsachen zumindest drei Monate und der Ausbildung in Strafsachen zumindest zwei Monate vorzubehalten sind. Die Ausbildung in Strafsachen darf im ersten Ausbildungsjahr nur mit Zustimmung des Rechtspraktikanten mehr als drei Monate umfassen. Bei der Auswahl der Bezirksgerichte ist tunlichst den Bezirksgerichten der Vorzug zu geben, bei denen nicht mehr als zwölf Richterplanstellen systemisiert sind.

    (3) Der Vorsteher des Gerichtes führt die Aufsicht

    über die Gerichtspraxis. Er hat den Rechtspraktikanten gegebenenfalls einzelnen Gerichtsabteilungen zuzuweisen. Der Vorsteher des Gerichtes und der Leiter der Gerichtsabteilung haben für eine dem Zweck der Gerichtspraxis entsprechende Ausbildung des Rechtspraktikanten Sorge zu tragen.

    (4) Wünschen des Rechtspraktikanten zu der vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes und vom Vorsteher des Gerichtes zu treffenden Auswahl soll nach Maßgabe der Erfordernisse der Ausbildung und der dienstlichen Interessen tunlichst entsprochen werden.

    Gestaltung...

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