Bundesgesetz vom 10. Juli 1974 über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I ABSCHNITT I Aufgaben und Einrichtung des

Österreichischen Rundfunks

§ 1. (1) Zur Besorgung der in diesem Bundesgesetz angeführten Aufgaben wird unter der Bezeichnung

„Österreichischer Rundfunk" ein eigener Wirtschaftskörper als Einrichtung des Bundes gebildet. Er hat seinen Sitz in Wien und besitzt Rechtsfähigkeit.

(2) Der Österreichische Rundfunk ist nicht auf Gewinn gerichtet; er ist in der Abteilung A des Handelsregisters beim Handelsgericht Wien zu protokollieren und gilt als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches.

(3) Der Österreichische Rundfunk ist von der Körperschaftsteuer sowie der Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital befreit.

(4) Der Österreichische Rundfunk ist als Arbeitgeber kollektivvertragsfähig.

§ 2. (1) Der Österreichische Rundfunk hat durch die Herstellung und Sendung von Hörfunk-

und Fernsehprogrammen sowie durch die Planung, die Errichtung und den Betrieb der hiefür notwendigen technischen Einrichtungen, insbesondere von Studios und Sendeanlagen, vor allem zu sorgen für 1. die umfassende Information der Allgemeinheit

über alle wichtigen politischen, wirtschaftlichen,

kulturellen und sportlichen Fragen durch a) objektive Auswahl und Vermittlung von Nachrichten und Reportagen, einschließlich der Berichterstattung über die Tätigkeit der gesetzgebenden Organe und der

Ãœbertragung ihrer Verhandlungen,

  1. Wiedergabe und Vermittlung von für die Allgemeinheit wesentlichen Kommentaren,

    Standpunkten und kritischen Stellungnahmen unter angemessener Berücksichtigung der Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen,

  2. eigene Kommentare und Sachanalysen unter Wahrung des Grundsatzes der Objektivität;

    1. die Verbreitung von Volks- und Jugendbildung unter besonderer Beachtung der Förderung der Schul- und Erwachsenenbildung so-

      wie des Verständnisses für alle Fragen des demokratischen Zusammenlebens;

    2. die Vermittlung und Förderung von Kunst und Wissenschaft;

    3. die Darbietung von einwandfreier Unterhaltung;

    4. die Förderung des Interesses der Bevölkerung an aktiver sportlicher Betätigung.

      (2) Der Österreichische Rundfunk hat bei Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung,

      insbesondere auf die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder, Bedacht zu nehmen.

      (3) Bei der Planung des Gesamtprogramms ist die Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften angemessen zu berücksichtigen.

      (4) Vor allem die künstlerischen, volksbildenden und staatspolitischen Sendungen des Hörfunks und des Fernsehens haben sich durch hohes Niveau auszuzeichnen.

      § 3. (1) Der Österreichische Rundfunk hat unter Mitwirkung aller Studios für mindestens drei Programme des Hörfunks und mindestens zwei Programme des Fernsehens zu sorgen,

      wobei anzustreben ist, daß alle zum Betrieb eines Rundfunkempfanggerätes (Hörfunk und Fernsehen) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes gleichmäßig und ständig in Bezug auf Programm- und Empfangsqualität nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit angemessen versorgt werden.

      (2) Eines der Programme des Hörfunks ist ein Regionalprogramm, das von den Länderstudios gestaltet wird. In den Programmen des Fernsehens sind die Interessen der Länder zu berücksichtigen. Die Beiträge werden von den Landesintendanten festgelegt.

      § 4. Der Österreichische Rundfunk hat im Auftrag der Bundesregierung und auf Rechnung des Bundes unter Bedachtnahme auf § 2 Abs. 1

      einen ausreichenden Auslandsdienst auf Kurzwelle zu gestalten und zu besorgen. Mit der Leitung des Auslandsdienstes ist vom Generalintendanten im Einvernehmen mit der Bundesregierung ein Intendant des Auslandsdienstes unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der

      §§ 13 und 14 zu betrauen.

      § 5. (1) Der Österreichische Rundfunk hat einen Teil seiner Sendezeit an die im Nationalrat vertretenen politischen Parteien und an Interessenvenbände zu vergeben. Dieser Teil darf je Programm 1 v. H. der Sendezeit nicht überschreiten und ist auf die Bewerber um die Zuteilung dieser Sendezeit entsprechend ihrer Bedeutung im öffentlichen Leben aufzuteilen. Die politische Partei oder der Interessenverband hat für jede Belangsendung eine Person zu nennen,

      die für deren Inhalt verantwortlich ist. Diese muß die im § 18 des Bundesgesetzes vom 7. April 1922, BGBl. Nr. 218, über die Presse bezeichneten Voraussetzungen erfüllen. Der Österreichische Rundfunk hat die Veröffentlichung einer Belangsendung im Hörfunk oder im Fernsehen zu verweigern, wenn für sie keine verantwortliche Person genannt worden ist oder die genannte Person die erwähnten Voraussetzungen nicht erfüllt.

      (2) Der Österreichische Rundfunk hat Bundes- und Landesbehörden für Aufrufe in Krisen-

      und Katastrophenfällen und andere wichtige Meldungen an die Allgemeinheit zu jeder Zeit die notwendige und zweckentsprechende Sendezeit kostenlos zur Verfügung zu stellen.

      (3) Der Österreichische Rundfunk kann im Rahmen seiner Hörfunk- und Fernsehprogramme Sendezeiten gegen Bezahlung für kommerzielle Werbung vergeben.

      (4) Eines der Programme des Hörfunks hat von Werbesendungen frei zu bleiben; den Umfang der Werbesendungen (Spots, Kurzsendungen und gestaltete Werbesendungen einschließlich gestalteter An- und Absagen von Patronanzsendungen)

      in den übrigen Programmen setzt auf Vorschlag des Generalintendanten das Kuratorium fest, jedoch dürfen die Werbesendungen im Wochendurchschnitt im Fernsehen in beiden Programmen die tägliche Dauer von insgesamt 20 Minuten und im Hörfunk insgesamt die tägliche Dauer von 120 Minuten nicht überschreiten,

      wobei Abweichungen von höchstens 20 v. H. pro Tag zulässig sind. Sendezeiten für kommerzielle Werbung an Sonntagen, gesetzlichen Feiertagen, am Aschermittwoch, Gründonnerstag,

      Karfreitag und 2. November dürfen

      überhaupt nicht, am 24. und 31. Dezember nur vor 13.00 Uhr vergeben werden. Werden dieselben Werbesendungen zur gleichen Zeit in mehreren Programmen gesendet, so sind sie nicht mehrfach zu zählen. Ferner sind Werbesendungen,

      die in Lokalprogrammen des Hörfunks gesendet werden, nur einmal zu zählen. Werbesendungen für Tabakwaren und Spirituosen sowie unter der Wahrnehmungsgrenze liegende Werbesendungen sind unzulässig. Das Kuratorium kann auf Vorschlag des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz weitere im Interesse der Völksgesundheit notwendige Beschränkungen hinsichtlich der kommerziellen Werbung festlegen.

      (5) Sendungen nach den Abs. 1 und 3 sind in der An- und Absage entsprechend zu kennzeichnen.

      (6) Der Abs. 4 ist auf Patronanzsendungen nicht anzuwenden, soweit es sich dabei nicht um gestaltete An- und Absagen handelt. Weiters ist Abs. 4 auch auf Sendungen nicht anzuwenden,

      die von einem Gericht oder von der Kommission

      (§ 29) angeordnet werden.

      ABSCHNITT II Organe des Österreichischen Rundfunks

      § 6. (1) Die Organe des Österreichischen Rundfunks sind:

    5. das Kuratorium (§§ 7 und 8),

    6. der Generalintendant (§§ 9 und 10),

    7. die Hörer- und Sehervertretung (§§ 15

      und 16),

    8. die Prüfungskommission (§ 31).

      (2) Die Mitglieder der Kollegialorgane gemäß

      Abs. 1 sind bei der Ausübung ihrer Funktion im

      Österreichischen Rundfunk an keine Weisungen und Aufträge gebunden; sie haben ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen.

      (3) Die Funktion als Mitglied des Kuratoriums und der Hörer- und Sehervertretung ist ein Ehrenamt. Die Mitglieder haben Anspruch auf Ersatz von angemessenen Reisekosten und Barauslagen.

      § 7. (1) Das Kuratorium besteht aus 30 Mitgliedern,

      die nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen bestellt werden:

    9. Sechs Mitglieder, die von der Bundesregierung unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge bestellt werden, wobei jede im Hauptausschuß des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Kuratorium vertreten sein muß;

    10. je ein Mitglied bestellen die Länder;

    11. je ein Mitglied bestellen der Bundeskanzler,

      der Bundesminister für Finanzen, der Bundesminister für Unterricht und Kunst und der Bundesminister für Verkehr;

    12. sechs Mitglieder bestellt die Hörer- und Sehervertretung;

    13. fünf Mitglieder werden unter Anwendung des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/

      1974, vom Zentralbetriebsrat bestellt.

      (2) Bei der Bestellung der Mitglieder gemäß

      Abs. 1 Z. 3 bis 5 ist darauf zu achten, daß diese keine im Art. 147 Abs. 4 B-VG genannte Funktion bekleiden.

      (3) Die Funktionsperiode des Kuratoriums dauert drei Jahre vom Tage seines ersten Zusammentretens an gerechnet, jedenfalls aber bis zu dem Tag, an dem das neu bestellte Kuratorium zusammentritt. Die Mitglieder können vom bestellenden Organ nur dann vorzeitig abberufen werden, wenn sich in der Zusammensetzung dieses Organs seit der Bestellung eine Änderung ergeben hat. Im Fall des vorzeitigen Ausscheidens ist unverzüglich ein neues Mitglied für den Rest der Funktionsperiode zu bestellen.

      (4) Wenn die zur Bestellung von Mitgliedern des Kuratoriums berechtigten Organe gemäß

      Abs. 1 von diesem Recht keinen Gebrauch machen und keine Mitglieder bestellen, so bleiben bei einer Feststellung der Beschlußfähigkeit des Kuratoriums gemäß Abs. 5 die nicht bestellten Mitglieder außer Betracht.

      (5) Das Kuratorium gibt sich seine Geschäftsordnung selbst. Es wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und einen Vorsitzenden-Stellvertreter.

      Die Sitzungen des Kuratoriums werden von dessen Vorsitzenden einberufen; der Vorsitzende ist zur unverzüglichen Einberufung des Kuratoriums verpflichtet, wenn dies von einem Drittel seiner Mitglieder oder vom Generalintendanten schriftlich unter Beifügung des Entwurfes einer Tagesordnung verlangt wird. Es ist bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder...

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