Bundesgesetz vom 13. Juli 1955 über die Bewertung von Vermögenschaften (Bewertungsgesetz 1955 ? BewG. 1955).

Der Nationalrat hat beschlossen:

§ 1. Anwendungsbereich des Gesetzes.

(1) Die. Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17) gelten, soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben sowie für die bundesrechtlich geregelten Beiträge an sonstige Körperschaften des. öffentlichen Rechtes und an Fonds.

(2) Die Bestimmungen des zweiten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 18 bis 79) gelten für die Vermögensteuer und für die Stempel- und Rechtsgebühren;

der erste Abschnitt des zweiten Teiles

(§§ 19 bis 68) gilt nach näherer Regelung durch die in Betracht kommenden Gesetze auch für die Grundsteuer, die Gewerbesteuer, die Erbschaftsteuer,

die Grunderwerbsteuer und für die Beiträge nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz.

(3) Soweit sich nicht aus den §§ 19 bis 79 etwas anderes ergibt, finden neben diesen auch die Vorschriften des ersten Teiles dieses Gesetzes

(§§ 2 bis 17) Anwendung.

ERSTER TEIL.

Allgemeine Bewertungsvorschriften.

§ 2. Wirtschaftliche Einheit.

(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen.

Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehres zu entscheiden.

Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche

Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.

(2) Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.

(3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 gelten nicht, soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben ist.

§ 3. Wertermittlung bei mehreren Beteiligten.

Steht ein Wirtschaftsgut mehreren Personen zu,

so ist sein Wert im ganzen zu ermitteln. Der Wert ist auf die Beteiligten nach dem Verhältnis ihrer Anteile zu verteilen, soweit nicht nach dem maßgebenden Steuergesetz die Gemeinschaft selbständig steuerpflichtig ist.

§ 4. Aufschiebend bedingter Erwerb.

Wirtschaftsgüter, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist.

§ 5. Auflösend bedingter Erwerb.

(1) Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, werden wie unbedingt erworbene behandelt. Die Vorschriften

über die Berechnung des Kapitalwertes der Nutzungen von unbestimmter Dauer (§ 15. Abs. 2

und 3, § 16, § 17 Abs. 3) bleiben unberührt.

(2) Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen. Der Antrag ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt. Die Antragsfrist ist eine Ausschlußfrist.

§ 6. Aufschiebend bedingte Lasten.

(1) Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden nicht berücksichtigt.

(2) Für den Fall des Eintrittes der Bedingung gilt § 5 Abs. 2 entsprechend.

§ 7. Auflösend bedingte Lasten.

(1) Lasten, deren Fortdauer auflösend bedingt ist, werden, soweit nicht ihr Kapitalwert nach

§ 15 Abs. 2 und 3, § 16, § 17 Abs. 3 zu berechnen ist, wie unbedingte abgezogen.

(2) Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern entsprechend zu berichtigen.

§ 8. Befristung auf einen unbestimmten Zeitpunkt.

Die §§ 4 bis 7 gelten auch, wenn der Erwerb des Wirtschaftsgutes oder die Entstehung oder der Wegfall der Last von einem Ereignis abhängt,

bei dem nur der Zeitpunkt ungewiß ist.

§ 9. Verfügungsbeschränkungen.

Bei der Bewertung werden Beschränkungen,

denen ein Steuerpflichtiger in seiner Eigenschaft als Vorerbe und nach Aushändigung des Vermächtnisses als Vorvermächtnisnehmer oder in seiner Eigenschaft als Inhaber eines gebundenen Vermögens unterliegt, nicht berücksichtigt.

§ 10. Bewertungsgrundsatz,

gemeiner Wert.

(1) Bei Bewertungen ist, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gemeine Wert zugrundezulegen.

(2) Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.

Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Als persönliche Verhältnisse sind auch Verfügungsbeschränkungen anzusehen, die in der Person des Steuerpflichtigen oder eines Rechtsvorgängers begründet sind. Das gilt insbesondere für Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilligen Anordnungen beruhen.

§ 11. Mit Grundbesitz verbundene Rechte, Bestandteile und Zubehör.

(1) Bei Grundbesitz erstreckt sich die Bewertung auf die Rechte und Nutzungen, die mit dem Grundbesitz als solchem verbunden sind.

Rechte, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über Grundstücke unterliegen (grundstücksgleiche Rechte), werden selbständig wie Grundbesitz behandelt.

(2) Abweichend von den Vorschriften des Abs. 1

sind Holzungs- und Bezugsrechte von Holz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 der Anlage 3 zur Kundmachung der Bundesregierung vom 13. Februar 1951, BGBl. Nr. 103, bei der Bewertung des Grundbesitzes nicht zu berücksichtigen.

(3) Wird bei Bewertung von inländischem Grundbesitz als solchem der gemeine Wert (§ 10)

zugrunde gelegt, so sind die Bestandteile einzubeziehen.

Das Zubehör ist außer Betracht zu lassen.

Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, sind nicht zu berücksichtigen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile des Grundbesitzes sind.

(4) Bei der Bewertung von ausländischem Grundbesitz als solchem ist neben den Bestandteilen auch das Zubehör zu berücksichtigen. Zahlungsmittel,

Geldforderungen, Wertpapiere und Geldschulden sind nicht einzubeziehen.

§ 12. Begriff des Teilwertes.

(1) Wirtschaftsgüter, die einem Betrieb dienen,

sind in der Regel mit dem Teilwert anzusetzen.

Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, daß der Erwerber den Betrieb fortführt.

(2) Der Teilwert eines vollgenutzten Wirtschaftsgutes deckt sich in der Regel mit dem Betrag,

der zur Beschaffung des Wirtschaftsgutes in seinem am Bewertungsstichtag bestehenden Zustand aufgewendet werden müßte. Der Teilwert eines nicht nur vorübergehend ungenutzten Wirtschaftsgutes ist in der Regel gleich dem Einzelveräußerungspreis.

Eine Bewertung mit einem niedrigeren Wert als dem Materialwert ist ausgeschlossen.

§ 13. Wertpapiere und Anteile.

(1) Wertpapiere, die im Inland einen Kurswert haben, sind mit dem Kurswert, Forderungen, die in das Schuldbuch einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eingetragen sind, mit dem Kurswert der entsprechenden Schuldverschreibungen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft anzusetzen.

(2) Für Aktien, für Kuxe und sonstige Anteile an Bergwerksgesellschaften, für Anteile an Gesellschaften mit beschränkter Haftung und für Genußscheine ist, soweit sie im Inland keinen Kurswert haben, der gemeine Wert (S 10) maßgebend.

Läßt sich der gemeine Wert aus Verkäufen nicht ableiten, so ist er unter Berücksichtigung des Gesamtvermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder Gewerkschaft zu schätzen.

(3) Ist der gemeine Wert einer Anzahl von Anteilen an einer Gesellschaft, die einer Person gehören,

infolge besonderer Umstände (zum Beispiel weil die Höhe der Beteiligung die Beherrschung der Gesellschaft ermöglicht) höher als der Wert, der sich auf Grund der Kurswerte (Abs. 1)

oder der gemeinen Werte (Abs. 2) für die einzelnen Anteile insgesamt ergibt, so ist der gemeine Wert der Beteiligung maßgebend.

§ 14. Kapitalforderungen und Schulden.

(1) Kapitalforderungen, die nicht im § 13 bezeichnet sind, und Schulden sind mit dem Nennwert anzusetzen, wenn nicht besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.

(2) Forderungen, die uneinbringlich sind, bleiben außer Ansatz.

(3) Der Wert unverzinslicher befristeter Forderungen oder Schulden ist der Betrag, der nach Abzug von Jahreszinsen in Höhe von 4 vom Hundert des Nennwertes bis zur Fälligkeit verbleibt.

(4) Noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-,

Kapital- oder Rentenversicherungen werden mit zwei Dritteln der eingezahlten Prämien oder Kapitalbeiträge bewertet. Weist der Steuerpflichtige den Rückkaufswert nach, so ist dieser maßgebend.

Rückkaufswert ist der Betrag, zu dem das Versicherungsunternehmen nach seiner Satzung oder nach den Versicherungsbedingungen den Versicherungsschein zurückkaufen würde.

§ 15. Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen.

(r) Der Gesamtwert von Nutzungen oder Leistungen, die auf bestimmte Zeit beschränkt sind, ist die Summe der einzelnen Jahreswerte abzüglich der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen. Dabei ist von einem Zinssatz in Höhe von 4 vom Hundert auszugehen.

Der Gesamtwert darf das Fünfundzwanzigfache des Jahreswertes nicht übersteigen. Ist die Dauer des Rechtes außerdem durch das Leben einer oder mehrerer Personen bedingt, so darf der nach § 16

zu berechnende Kapitalwert nicht überschritten werden.

(2) Immerwährende Nutzungen oder Leistungen sind mit dem Fünfundzwanzigfachen des Jahreswertes, Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 16 mit dem Zwölfeinhalbfachen des Jahreswertes zu bewerten.

(3) Ist der gemeine Wert der gesamten Nutzungen oder Leistungen nachweislich geringer oder höher, so ist der nachgewiesene gemeine Wert zugrundezulegen.

§ 16. Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen.

(1) Der Wert von Renten und anderen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen bestimmt sich nach dem Lebensalter dieser Person.

(2) Als Wert wird angenommen bei...

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