Bundesgesetz vom 24. Juli 1946, betreffend die Errichtung von Kammern der gewerblichen Wirtschaft (Handelskammergesetz ? HKG.).

Der Nationalrat hat beschlossen:

Abschnitt I.

Kammern der gewerblichen Wirtschaft.

§ 1. Zweck.

(1) Die Kammer der gewerblichen Wirtschaft

(Landeskammern, Bundeskammer) sind berufen,

die gemeinsamen Interessen aller physischen und juristischen Personen sowie offenen Handelsgesellschaften

(Kommanditgesellschaften) zu vertreten,

die sich aus dem selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes, der Industrie,

des Handels, des Geld- Kredit- und Versicherungswesens,

des Verkehrs sowie des Fremdenverkehrs innerhalb ihres räumlichen Wirkungsbereiches ergeben.

(2) Die nach diesem Bundesgesetz gebildeten Organisationen der gewerblichen Wirtschaft sind Körperschaften öffentlichen Rechtes.

§ 2. Bezeichnung.

Die Landeskammern halben sich als solche unter Beifügung eines ihren räumlichen Wirkungsbereich kennzeichnenden Zusatzes zu bezeichnen.

Sie sind berechtigt, das Bundeswappen zu führen.

§ 3. Zuständigkeit und Sitz, Mitglieder.

(1) Der räumliche Wirkungsbereich der Landeskammern erstreckt sich auf je ein Bundesland

(Stadt Wien). Der Sitz jeder Landeskammer hat mit Ausnahme der Landeskammer für Niederösterreich,

die auch Wien als ihren Sitz bestimmen kann, innerhalb des örtlichen Wirkungsbereiches zu liegen und wird durch die Landeskammer bestimmt.

(2) Mitglieder jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft sind alle physischen und juristischen Personen sowie offenen Handelsgesellschaften

(Kommanditgesellschaften), die zum selbständigen Betrieb von Unternehmungen des Gewerbes,

der Industrie, des Handels, des Geld-, Kredit-

und Versicherungswesens, des Verkehrs und des Fremdenverkehrs berechtigt sind

§ 4. Aufgaben im selbständigen Wirkungsbereich.

(1) Die Kammern der gewerblichen Wirtschaft haben einen selbständigen und einen übertragenen Wirkungsbereich. Jeder Kammer der gewerblichen Wirtschaft obliegt es, innerhalb ihrer Zuständigkeit (§ 3) im selbständigen Wirkungsbereich a) alle Aufgaben zu besorgen, die im gemeinsamen wirtschaftlichen Interesse der in ihr zusammengefaßten Unternehmungen begründet sind,

  1. die arbeitsrechtlichen Interessen ihrer Mitglieder wahrzunehmen und zu vertreten,

    auf die Aufrechterhaltung des Arbeitsfriedens hinzuwirken und darauf abzielende Maßnahmen zu fördern,

  2. die Geschäftsführung der Fachgruppen

    (Abschnitt III) ihres räumlichen Wirkungsbereiches allgemein zu regeln und zu beaufsichtigen,

  3. die Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der Fachgruppen und deren Gebarung zu prüfen.

    (2) Als beratende Körperschaft ist jede Landeskammer innerhalb ihrer Zuständigkeit (§ 3)

    insbesondere berechtigt:

  4. den Behörden und gesetzgebenden Körperschaften ihres Wirkungsbereiches Berichte,

    Gutachten und Vorschläge zu erstatten

    über die Bedürfnisse der Unternehmungen der Wirtschaft sowie über alle Angelegenheiten,

    die die Regelung der Arbeitsverhältnisse,

    den Arbeiterschutz, die Sozialversicherung,

    den Arbeitsmarkt, die Wohnungsfürsorge,

    die Volksernährung und die Volksbildung betreffen und die Interessen der Wirtschaft berühren;

  5. Gutachten zu erstatten über die Errichtung und Organisation von öffentlichen Anstalten oder Einrichtungen, die die Förderung der Wirtschaft oder des ihr dienenden Bildungswesens zum Gegenstand haben;

  6. an der Festsetzung von Preisen für Erzeugnisse oder Dienstleistungen jeder Art durch Erstattung von Gutachten und Vorschlägen mitzuwirken.

    § 5. Übertragener Wirkungsbereich.

    Als Organen der Wirtschaftsverwaltung obliegt den Landeskammern insbesondere:

  7. an der Verwaltung der Wirtschaft und an den das Arbeitsverhältnis oder die Hebung der wirtschaftlichen oder sozialen Lage der Arbeiter und Angestellten betreffenden Maßnahmen und Einrichtungen in den durch besondere Gesetze und Vorschriften vorgesehenen Fällen mitzuwirken;

  8. an den die Wirtschaft betreffenden statistischen Aufnahmen und Erhebungen mitzuwirken oder Statistiken dieser Art selbst zu führen;

  9. Einrichtungen und Anstalten zur Förderung der Wirtschaft oder des ihr dienenden Bildungswesens ins Leben zu rufen und zu verwalten oder an der Schaffung und Verwaltung solcher Einrichtungen mitzuwirken;

  10. Vertreter in andere Körperschaften und Stellen zu entsenden oder für solche Körperschaften und Stellen Besetzungsvorschläge zu erstatten, sofern dies besondere Gesetze oder Vorschriften vorsehen;

  11. Zeugnisse über den Bestand von Handelsgebräuchen auszustellen;

  12. ein ständiges Schiedsgericht einzurichten,

    das auf Grund eines schriftlichen Übereinkommens der Beteiligten und mit Beachtung der bezüglichen besonderen Vorschriften in Streitigkeiten über Angelegenheiten der Wirtschaft entscheidet; die Anwendung der §§ 586, 592 und 595 der Zivilprozeßordnung kann nicht wirksam ausgeschlossen werden.

    § 6. Begutachtung von Gesetzentwürfen.

    (1) Gesetzentwürfe, die Interessen berühren,

    deren Vertretung den Landeskammern oder deren Fachgruppen zukommt, sind vor ihrer Einbringung in die gesetzgebende Körperschaft,

    besonders wichtige Verordnungen (Kundmachungen),

    die die erwähnten Interessen und Fragen berühren, vor ihrer Erfassung den Landeskammern unter Einräumung einer angemessenen Frist zur Begutachtung zu übermitteln.

    (2) Die Landeskammern haben ihr Gutachten der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft

    (§ 18) bekanntzugeben, wenn gemäß § 19 deren Zuständigkeit zur Begutachtung gegeben ist.

    Andernfalls ist das Gutachten unmittelbar abzugeben.

    § 7. Organe der Landeskammern.

    Organe der Landeskammern sind:

  13. der Präsident,

  14. das Präsidium,

  15. der Vorstand,

  16. der arbeitsrechtliche Ausschuß.

  17. die Vollversammlung,

  18. die Sektionsobmänner und -leitungen,

  19. die Sektionstage.

    § 8. Wahl des Präsidenten.

    Der Präsident der Landeskammer, der nicht Mitglied der Vollversammlung sein muß,

    und die beiden Vizepräsidenten werden von dieser nach den Grundsätzen des Verhältnis-

    Wahlrechtes gewählt.

    § 9. Präsidium und Vorstand.

    (1) Das Präsidium jeder Landeskammer besteht aus dem Präsidenten und den beiden Vizepräsidenten. Dem Präsidium steht bei besonderer Dringlichkeit und in den Fällen, in denen der Vorstand innerhalb der von den Behörden gestellten Frist keinen Beschluß fassen kann, die Entscheidung gegen nachträgliche Kenntnisnahme durch das zuständige Organ zu.

    (2) Der Vorstand jeder Landeskammer besteht aus dem Präsidenten, den beiden Vizepräsidenten,

    den Obmännern der Sektionen sowie deren beiden Stellvertretern.

    (3) Dem Vorstand obliegt die Beschlußfassung in allen Angelegenheiten, die keinem anderen Organ der Landeskammer nach den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der Geschäftsordnung

    (§ 54) zugewiesen sind.

    (4) Der Vorstand hat überdies bei besonderer Dringlichkeit und in den Fällen zu entscheiden,

    in denen die Vollversammlung oder ein Ausschuß

    innerhalb der von den Behörden gestellten Frist keinen Beschluß fassen kann.

    (5) Der Kammeramtsdirektor ist den Sitzungen des Präsidiums und des Vorstandes mit beratender Stimme zuzuziehen.

    § 10. Arbeitsrechtliclher Ausschuß.

    Zur Erfüllung der im § 4, Abs. (1), lit. b, angeführten Aufgaben wird ein arbeitsrechtlicher Ausschuß gebildet. Er besteht aus solchen Vertretern der Fachgruppen, die regelmäßig Arbeitnehmer beschäftigen. Das Nähere bestimmt die Geschäftsordnung (§ 54).

    § 11. Vollversammlung.

    (1) Die Vollversammlung der Landeskammer besteht aus den Mitgliedern des Vorstandes sowie mindestens 27 und höchstens 120 weiteren Mitgliedern (Kammerräten), die gesondert nach den einzelnen Sektionen von allen Mitgliedern der zur Sektion gehörigen Fachgruppenausschüsse

    (§ 30) nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes zu wählen sind.

    (2) Die Zahl der Mitglieder der Vollversammlung jeder Landeskammer ist unter tunlichster Berücksichtigung der Zahl der Wähler zu jeder Kammer sowie im Verhältnis zur Gesamtzahl der Kammerwähler im Bundesgebiet, jedoch unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Bedeutung des betreffenden Bundeslandes zu bestimmen.

    Hiebei ist vorzusehen, daß die Sektionen des Gewerbes, des Handels und der Industrie die gleiche Anzahl von Mitgliedern,

    die Sektionen des Verkehrs, des Geld-, Kredit-

    und Versicherungswesens und des Fremdenverkehrs gleichfalls die gleiche Anzahl von Mitgliedern,

    jedoch die Hälfte der erstgenannten Sektionen aufweisen. In der auf die Sektion Handel entfallenden Anzahl von Mitgliedern müssen die Unternehmungen der Konsumentenorganisationen durch ein Mitglied vertreten sein.

    (3) Die Gesamtzahl der in jeder Kammer und die Zahl der von jeder Sektion zu wählenden Kammerräte sowie der Wahlvorgang werden in der Wahlordnung (§ 46) geregelt.

    (4) Der Vollversammlung sind vorbehalten:

  20. Grundsätzliche Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Landeskammer

    (§ 4),

  21. Beschlußfassung über den Entwurf des eigenen Voranschlages und Rechnungsabschlusses sowie Prüfung der Voranschläge und Rechnungsabschlüsse der zugehörigen Fachgruppen,

  22. die Angelegenheiten, die eine über den eigenen Voranschlag oder die geprüften Voranschläge hinausgehende Belastung des Maushalts nach sich ziehen,

  23. die Festsetzung und Abänderung der Geschäftsordnung nach Maßgabe der Rahmengeschäftsordnung

    (§ 54),

  24. die nach der Haushaltsordnung (§ 56),

    Dienstordnung (§ 59) und Umlagenordnung

    (§ 57) der Landeskammer zukommenden Angelegenheiten,

  25. sonstige von der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft (§ 18) der Vollversammlung zur Behandlang zugewiesene Angelegenheiten,

  26. Wahl der Delegierten in den Kammertag der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft

    (§ 24),

  27. Wahl der Mitglieder des Kuratoriums des Wirtschaftsförderungsinstitutes,

  28. Wahl korrespondierender Mitglieder (§ 48).

    § 12. Obmänner und Leitungen der Sektionen.

    (1) Die Wahl der Obmänner und der beiden Obmannstellvertreter jeder Sektion {§ 34) erfolgt in gesonderten Wahlgängen durch die jeder Sektion angehörigen Mitglieder der Vollversammlung nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes.

    Das Nähere regelt die Wahlordnung

    (§ 46).

    (2) Der Obmann und...

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