Bundesgesetz vom 21. Jänner 1970 über die Organisation von Kunsthochschulen (Kunsthochschul-Organisationsgesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen

    § 1. Charakter und Aufgaben der Kunsthochschulen

    (1) Die in § 6 genannten Kunsthochschulen

    (im folgenden kurz als „Hochschulen" bezeichnet)

    sind gleich den wissenschaftlichen Hochschulen Anstalten des Bundes. Die Hochschulen,

    ihre Abteilungen und ihre Institute haben Rechtspersönlichkeit, soweit sie Angelegenheiten besorgen, auf die die Bestimmungen des § 22

    Abs. 1 lit. k, m, n, o und p oder § 28 lit. o oder § 35 Abs. 8 lit. d dieses Bundesgesetzes anzuwenden sind.

    (2) Sie dienen der Pflege und der Erschließung der Künste, der Kunstlehre sowie in diesem Zusammenhange auch der Forschung und wissenschaftlichen Lehre.

    (3) Ziele der Kunstlehre sind insbesondere die Ausbildung der künstlerischen Fähigkeiten bis zur höchsten Stufe, die Heranbildung des hochqualifizierten künstlerischen, künstlerisch-pädagogischen und künstlerisch-wissenschaftlichen Nachwuchses,

    die künstlerische, die künstlerisch-pädagogische und die künstlerisch-wissenschaftliche Berufsvorbildung sowie in diesem Zusammenhange auch die Vermittlung einer umfassenden Bildung. Diese Ziele sind zu verfolgen durch Unterweisung und durch Auswertung der Ergebnisse der Erschließung der Künste und der Forschung.

    (4) Diese Ziele können im Zusammenwirken mit Forschungs- und Lehreinrichtungen anderer Hochschulen verfolgt werden.

    § 2. Verwaltung der Hochschulen

    (1) Die Hochschulen führen die ihnen übertragenen Angelegenheiten der Verwaltung zum Teil in einem staatlichen, zum Teil in einem autonomen Wirkungsbereich.

    (2) Im staatlichen Wirkungsbereich sind die Organe der Hochschulen an die Weisungen des Bundesministers für Unterricht gebunden.

    (3) Im autonomen Wirkungsbereich werden die Hochschulen, zwar gebunden an die Rechtsvorschriften,

    aber frei von Weisungen, auf Grund eigener Willensbildung ihrer Organe tätig.

    § 3. Abgrenzung der Wirkungsbereiche

    (1) Der autonome Wirkungsbereich umfaßt die in den §§, 22 Abs. 1, 28 und 29 Abs. 4 und 5

    dieses Bundesgesetzes bezeichneten Angelegenheiten der Verwaltung.

    (2) Alle übrigen Angelegenheiten der Verwaltung gehören zum staatlichen Wirkungsbereich der Hochschulen.

    § 4. Verfahrensrechtliche Bestimmungen

    (1) In den Angelegenheiten des staatlichen Wirkungsbereiches der Hochschulen (§ 3 Abs. 2)

    endet der administrative Instanzenzug, soweit nicht durch Bundesgesetz anders bestimmt wird,

    beim Bundesminister für Unterricht.

    (2) In den Angelegenheiten des autonomen Wirkungsbereiches der Hochschulen (§ 3 Abs. 1)

    endet der administrative Instanzenzug bei der gesetzlich berufenen obersten akademischen Behörde.

    (3) Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z. 5 des AVG. 1950, BGBl. Nr. 172, hat für die Mitglieder der Gesamtkollegien an den Hochschulen (§ 20

    Abs. 1 dieses Bundesgesetzes) keine Geltung.

    (4) Der § 29 des AVG. 1950 kann im Verfahren vor den akademischen Behörden auf die Studierenden auch darin angewendet werden,

    wenn deren Wohnung der akademischen Behörde bekannt oder ein Vertreter bestellt ist.

    (5) Für Amtshandlungen der akademischen Behörde sind keine Verwaltungsabgaben gemäß

    § 78 des AVG. 1950 zu entrichten.

    § 5. Aufsichtsrecht des Bundesministers für Unterricht

    (1) Der Rektor ist verpflichtet, dem Bundesminister für Unterricht ohne besondere Aufforderung je eine Ausfertigung aller Verhandlungsschriften der akademischen Behörden vorzulegen.

    (2) Der Rektor ist verpflichtet, die Akten der Hochschule über die vom Bundesminister für Unterricht bezeichneten Gegenstände diesem vorzulegen.

    (3) Der Rektor ist verpflichtet, dem Bundesminister für Unterricht die von diesem gewünschten Auskünfte zu erteilen und vom Bundesminister für Unterricht angeordnete Erhebungen anzustellen.

    (4) Der Bundesminister für Unterricht hat die Vollziehung von Beschlüssen der akademischen Behörden, die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes seiner Genehmigung nicht bedürfen,

    in Ausübung des Aufsichtsrechtes einzustellen,

    wenn sie mit bestehenden Rechtsvorschriften im Widerspruch stehen. Die zuständigen akademischen Behörden haben in einem solchen Falle den diesen Vorschriften entsprechenden Rechtszustand mit den ihnen rechtlich zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich herzustellen.

    § 6. Bestehende Hochschulen Es bestehen folgende Hochschulen:

    a) die Hochschule für angewandte Kunst in Wien (bisher „Akademie für angewandte Kunst in Wien");

    b) die Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien (bisher „Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien");

    c) die Hochschule für Musik und darstellende Kunst „Mozarteum" in Salzburg (bisher

    „Akademie für Musik und darstellende Kunst ,Mozarteum' in Salzburg");

    d) die Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Graz (bisher „Akademie für Musik und darstellende Kunst in Graz").

    § 7. Abteilungen

    (1) Die Einteilung der Hochschulen in Abteilungen ist in den für die einzelnen Hochschulen durch einfache Bundesgesetze zu erlassenden besonderen Organisationsvorschriften näher zu regeln.

    (2) Die Abteilungen bestehen aus der Zusammenfassung fachlich oder studienmäßig verwandter Studieneinrichtungen eines gegliederten künstlerischen Bereiches in seinem ganzen Umfange.

  2. ABSCHNITT Personal der Hochschulen

    § 8. Personal Das Personal der Hochschulen besteht aus a) den Lehrern,

    b) dem sonstigen künstlerischen und wissenschaftlichen Personal und c) dem nichtkünstlerischen und nichtwissenschaftlichen Personal.

    § 9. Lehrer

    (1) Lehrer an den Hochschulen sind:

    1. Hochschulprofessoren. Diese sind mit der Pflege und Erschließung der Künste, Kunstlehre,

      Forschung und wissenschaftlichen Lehre

      (§ 1 Abs. 2) in einem künstlerischen oder wissenschaftlichen Fach in seinem ganzen Umfange oder in einem selbständigen Teilgebiet eines solchen Faches betraut. Die im Dienst- und Besoldungsrecht vorgesehene Unterscheidung in ordentliche und außerordentliche Hochschulprofessoren bleibt unberührt.

    2. Bundeslehrer und Vertragslehrer. Diese sind mit Lehraufgaben in künstlerischen oder wissenschaftlichen Fächern betraut.

    3. Hochschulassistenten. Diese sind mit der Unterstützung der Leiter von Klassen (§ 33)

      und Instituten (§ 35) bei der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben betraut.

    4. Lehrbeauftragte. Diese sind mit der Abhaltung bestimmter Lehrveranstaltungen künstlerischen oder wissenschaftlichen Charakters auf bestimmte oder unbestimmte Zeit oder mit der Abhaltung einzelner Vorträge betraut; durch die Erteilung eines Lehrauftrages wird kein Dienstverhältnis begründet.

    5. Gastprofessoren. Diese können auf bestimmte Zeit zur Abhaltung bestimmter Lehrveranstaltungen eingeladen werden;

      durch diese Tätigkeit wird kein Dienstverhältnis begründet.

      (2) Emeritierte Hochschulprofessoren können sei Vorliegen besonderer Erfordernisse des Unterrichtes und nach Maßgabe der gegebenen Möglichkeiten zur Fortsetzung ihrer Lehrtätigkeit in ihrem bisherigen Fache herangezogen werden.

      § 10. Besetzung freier Dienstposten von Hochschulprofessoren

      (1) Freie Dienstposten von Hochschulprofessoren

      (§ 9 Abs. 1 Z. 1) sind vom zuständigen Abteilungskollegium auszuschreiben. Die Ausschreibung hat jedenfalls in der „Wiener Zeitung"

      und darüber hinaus in in- und ausländischen Zeitschriften zu erfolgen.

      (2) Abweichend von der Bestimmung des Abs. 1

      können durch gemeinsamen Beschluß des Gesamtkollegiums und des zuständigen Abteilungskollegiums

      (erweitertes Gesamtkollegium) Personen bestimmt werden, deren Eignung für den freien Dienstposten eines Hochschulprofessors im Zuge eines Berufungsverfahrens (§ 11) festzustellen ist. Für einen solchen Beschluß gilt § 21

      Abs. 5.

      § 11. Berufungsverfahren

      (1) Das erweiterte Gesamtkollegium hat im Falle des § 10 Abs. 1 die Eignung sämtlicher Bewerber, im Falle des § 10 Abs. 2 die Eignung der von ihm bestimmten Personen im Zuge eines Berufungsverfahrens festzustellen.

      (2) Das Berufungsverfahren gliedert sich in drei Abschnitte:

      1. Prüfung im allgemeinen. In dieser Hinsicht ist zu fordern:

    6. Besitz eines im Inland gültigen Reifezeugnisses einer höheren Schule,

    7. Nachweis über die Absolvierung eines in- oder ausländischen Hochschulstudiums,

    8. einwandfreies Vorleben,

    9. volle Geschäftsfähigkeit.

      Wenn das Berufungsverfahren der Besetzung eines freien Dienstpostens eines Hochschulprofessors für ein künstlerisches Fach oder für ein selbständiges Teilgebiet eines solchen Faches dient, so tritt an Stelle des in Z. 1 genannten Nachweises der Nachweis der Ablegung der Kunsthochschul-Reifeprüfung; ferner können die in Z. 1 und 2 genannten Nachweise durch gleichwertige Nachweise ersetzt werden. Über die Gleichwertigkeit hat das zuständige Abteilungskollegium zu entscheiden.

      b) Begutachtung der bisher erbrachten künstlerischen oder wissenschaftlichen Leistungen.

      c) Sofern der Bewerber bzw. der zu Berufende nicht über einschlägige pädagogische Erfahrung verfügt, die Prüfung seiner pädagogischen Eignung; diese Prüfung erfolgt je nach der Art des zu vertretenden Faches aa) auf Grund mehrerer Lehrveranstaltungen oder bb) auf Grund einer Lehrtätigkeit an der Hochschule durch mindestens ein oder höchstens zwei Semester. Für die Dauer dieser Lehrtätigkeit ist dem Bewerber bzw. dem zu Berufenden ein Lehrauftrag

      (§ 9 Abs. 1 Z. 4) zu erteilen.

      (3) Auf Grund der Ergebnisse des Berufungsverfahrens hat das erweiterte Gesamtkollegium an den Bundesminister für Unterricht einen Vorschlag für die Besetzung des freien Dienstpostens zu erstatten, der in der Regel drei Personen zu enthalten hat (Ternavorschlag); Ausnahmen sind zu begründen. Im Ternavorschlag ist jedenfalls eine Reihung der vorgeschlagenen Personen anzugeben.

      (4) Der Bundesminister für Unterricht hat unverzüglich Berufungsverhandlungen einzuleiten und dabei grundsätzlich die im Ternavorschlag angegebene Reihung zu beachten; Abweichungen von dieser Reihung sind nur zulässig, wenn die

      Überprüfung des Ternavorschlages ergibt, daß

      eine oder mehrere...

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