Bundesgesetz vom 26. November 1969 zur Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Postsparkasse (Postsparkassengesetz 1969)

Der Nationalrat hat beschlossen:

ABSCHNITT I Allgemeine Bestimmungen

§ 1. (1) Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes wird die Österreichische Postsparkasse mit eigener Rechtspersönlichkeit errichtet; sie ist die Hauptstelle für den Postscheckverkehr und den Postsparverkehr.

(2) Der Bund haftet für alle Verbindlichkeiten der Österreichischen Postparkasse als Bürge

(§§ 1346, 1355 allgemeines bürgerliches Gesetzbuch).

(3) Die Österreichische Postsparkasse hat ihren Sitz in Wien; sie kann auch außerhalb ihres Sitzes Zahlstellen für den Postscheckverkehr und den Postsparverkehr unterhalten.

§ 2. (1) Der Bund hat für Rechnung der

Österreichischen Postsparkasse durch seine Postämter im Postscheck- und Postsparverkehr Einzahlungen entgegenzunehmen und Auszahlungen zu leisten. Die Bestimmungen über die von den Postämtern für die Österreichische Postsparkasse zu besorgenden Geschäfte sind von der

Österreichischen Postsparkasse mit Zustimmung des Bundesministers für Verkehr und verstaatlichte Unternehmungen zu erlassen.

(2) Für die von den Postämtern im Sinne des Abs. 1 erbrachten Leistungen hat die Österreichische Postsparkasse eine angemessene jährliche Vergütung an den Bund zu entrichten. Die Höhe der Vergütung ist nach den für die Leistungen der Post- und Telegraphenverwaltung auflaufenden Kosten zu berechnen und in einem

Übereinkommen zwischen dem Bundesminister für Verkehr und verstaatlichte Unternehmungen und der Österreichischen Postsparkasse festzulegen.

§ 3. (1) Die Geschäfte der Österreichischen Postsparkasse sind nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen. Sie hat die ihr zur Verfügung stehenden Mittel unter Bedachtnahme auf Abs. 2

fruchtbringend zu verwenden.

(2) Die Österreichische Postsparkasse hat die ihr zur Verfügung stehenden Mittel so anzulegen,

daß jederzeit eine ausreichende Zahlungsbereitschaft im Postscheckverkehr und Postsparverkehr gewährleistet ist.

(3) Bei der Führung der Geschäfte der Österreichischen Postsparkasse ist auf die Geld- und Finanzpolitik der Bundesregierung Bedacht zu nehmen und die Oesterreichische Nationalbank bei der Erfüllung der ihr zufallenden Aufgaben auf dem Gebiete der Währungs- und Kreditpolitik zu unterstützen; hingegen steht weder dem Bundesminister für Finanzen noch dem von ihm entsendeten Staatskommissär (§ 4) eine Einflußnahme auf die einzelnen Geschäftsabschlüsse der

Österreichischen Postsparkasse zu, soweit diese den bestehenden Gesetzen, Verordnungen und der Geschäftsordnung entsprechen.

§ 4. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat darüber zu wachen, daß die Geschäfte der Österreichischen Postsparkasse gemäß den Vorschriften der Gesetze, insbesondere dieses Bundesgesetzes,

geführt werden. Er hat zur Ausübung dieses Aufsichtsrechtes einen Staatskommissär und zwei Stellvertreter zu bestellen.

(2) Der Staatskommissär und seine Stellvertreter sind berechtigt, an den Vorstandsitzungen

(§ 8) teilzunehmen; der Staatskommissär (sein Stellvertreter) kann von der Österreichischen Postsparkasse alle Aufklärungen verlangen, die zur Erfüllung seiner Aufgaben notwendig sind.

Er ist berechtigt, gegen Maßnahmen des Vorstandes,

durch die er Gesetze, Verordnungen oder die Geschäftsordnung für verletzt erachtet, Einspruch zu erheben. Durch diesen Einspruch wird die Durchführung der Maßnahmen bis zur aufsichtsbehördlichen Entscheidung aufgeschoben.

Der Gouverneur (sein Vertreter) kann binnen einer Woche nach Einspruch die Entscheidung der Aufsichtsbehörde schriftlich beantragen.

Kommt dem Gouverneur (Vertreter) nicht binnen einer Woche nach Einlangen des Antrages bei der Aufsichtsbehörde deren Entscheidung zu,

so tritt der Einspruch außer Kraft.

(3) Dem Staatskommissär und seinen Stellvertretern steht das Recht zu, in Ausübung ihrer Aufsichtsfunktion in alle Bücher, Rechnungen,

Urkunden und sonstige Schriften der Österreichischen Postsparkasse Einsicht zu nehmen.

(4) Dem Staatskommissär und den Stellvertretern ist vom Bund für ihre Aufsichtsfunktion eine angemessene Vergütung (Funktionsgebühr)

zu leisten; der Bundesminister für Finanzen kann der Österreichischen Postsparkasse die Zahlung eines jährlichen Pauschalbetrages vorschreiben.

§ 5. Der Geschäftsbereich der Österreichischen Postsparkasse umfaßt:

  1. den Postscheckverkehr sowie den Scheck-

    und Ãœberweisungsverkehr mit dem Ausland;

  2. die Entgegennahme von Spar-, Termin- und Sichteinlagen;

  3. die Mitwirkung an der Verwaltung der Staatsschuld durch a) Empfehlungen an den Bundesminister für Finanzen zur Aufnahme oder Umwandlung von Finanzschulden des Bundes hinsichtlich der im Einzelfall zu wählenden Schuldform,

    der Laufzeit und der sonstigen Bedingungen der vom Bund vorzunehmenden Kreditoperationen sowie hinsichtlich der Vorkehrungen für die Markt- und Kurspflege für Schuldverschreibungen des Bundes, wobei sich diese Empfehlungen auf die Ergebnisse von Untersuchungen und Analysen des Geldmarktes und des Kapitalmarktes zu stützen haben;

    1. Vorbereitung von Kreditoperationen des Bundes, insbesondere von Konversionen und Prolongationen und durch Teilnahme an solchen Kreditoperationen, wenn der Bundesminister für Finanzen die Österreichische Postsparkasse hiezu in Anspruch nimmt;

    2. Ãœbernahme, Ankauf und Vertrieb von Schatzscheinen des Bundes sowie Beteiligung an der Ãœbernahme und den Vertrieb von Bundesanleihen und anderen festverzinslichen Schuldverschreibungen des Bundes;

  4. die Übernahme und die Begebung festverzinslicher Wertpapiere inländischer Schuldner sowie die Mitwirkung an Kurs- und Marktregulierungssyndikaten für die genannten Wertpapiere;

  5. das Effekten- und Depotgeschäft;

  6. das Devisengeschäft sowie das Inkasso von Schecks und Wechseln;

  7. die Vermietung von Schrankfächern (Safes);

  8. den Betrieb einer Geschäftsstelle der Klassenlotterie und einer Sporttoto-Annahmestelle.

    § 6. (1) Die Österreichische Postsparkasse darf die Einlagen nur zu folgenden Geschäften verwenden:

  9. Erwerb von Geldmarkt-(Offenmarkt-)Papieren,

    Schatzscheinen und Schatzwechseln des Bundes sowie inländischen Kassenscheinen und Kassenobligationen;.

  10. Einlagen bei inländischen Kreditunternehmungen;

  11. Erwerb von Bundesanleihen und anderen inländischen langfristigen festverzinslichen Wertpapieren;

  12. Gewährung von Darlehen und Krediten an Gebietskörperschaften oder von Darlehen und Krediten, für die der Bund oder ein Bundesland haften, jedoch nur in Gemeinschaft mit anderen Kreditunternehmungen (Darlehen- und Kreditkonsortium);

  13. Erwerb von Wertpapieren, die von internationalen Finanzinstitutionen, denen die Republik

    Österreich oder die Oesterreichische Nationalbank als Mitglied im Zeitpunkt des Erwerbes angehören, ausgegeben werden, sofern der Gesamtstand dieser Wertpapiere nicht mehr als 1 v. H. der Einlagen beträgt und die Bundesregierung hiezu ihre Zustimmung gibt;

  14. Belehnung von bei der Österreichischen Postsparkasse hinterlegten, von der Oesterreichischen Nationalbank belehnbar erklärten Wertpapieren;

  15. Eskontierung von Zinsscheinen und verlosten festverzinslichen inländischen Wertpapieren,

    soweit sie in längstens drei Monaten fällig sind;

  16. Eskontierung von in längstens drei Monaten fälligen Wechseln, die bereits von einer Kreditunternehmung eskontiert sind, insoweit ihr Reeskont bei der Oesterreichischen Nationalbank möglich ist.

    (2) Die Veranlagungen gemäß Abs. 1 Z. 3 und Z. 4 dürfen ingesamt 40 v. H. der Einlagen nicht übersteigen.

    ABSCHNITT II Organisation Das...

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