Rechtssätze nº V44/2018. VfGH. 26-02-2019

ECLIECLI:AT:VFGH:2019:V44.2018
Date26 Febrero 2019
26.02.2019
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 1
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
26.02.2019
Geschäftszahl
V44/2018
Leitsatz
Feststellung der Gesetzwidrigkeit einer Wortfolge einer Verord nung des Bürgermeisters der Gemeinde
Gries am Brenner betreffend ein Betretungsverbot zur Abwehr von Steinschlaggefahr; vorgesehene
(Freiheits-)Strafdrohung entbehrt der gesetzlichen Grundlage
Rechtssatz
Zulässigkeit des Antrags des Landesverwaltungsgerichts Tirol.
Die vor dem LVwG bekämpfte Ermahnung nach §45 Abs1 letzter Satz VStG setzt die Strafbarkeit des
gesetzten Verhaltens voraus, sodass das LVwG im Anlassfall jedenfalls auch die Wendung "oder mit
einer Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen" des ArtIII der Verordnung anwenden muss. Da im Falle der
Aufhebung im begehrten Umfang der verbleibende Teil der Verordnung weder unverständlich noch
inhaltsleer wäre - das Betretungsverbot in ArtII der Verordnung blieb e bestehen -, erweist sich der
Anfechtungsumfang als nicht zu eng. Der Antrag ist zulässig.
Das LVwG geht vorerst zutreffend davon aus, dass Rechtsgrundlage der Verordnung §54 Abs1 TGO ist,
der den Bürgermeister ermächtigt, ua allgemein verbindliche Anordnungen im Rahmen der Gesetze und
Verordnungen des Bundes und des Landes auf dem Geb iet der örtlichen Sicherheitspolizei zur Abwehr
unmittelbarer Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder die Sicherheit von Sachen
zu erlassen. Ihm kommt damit im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde im Rahmen der örtlichen
Sicherheitspolizei die Kompetenz zu, in Notstandsfällen Verordnungen zur unmittelbaren
Gefahrenabwehr auf dem Gemeindegebiet zu erlassen.
Zur Abwehr eines örtlichen Missstandes kann sich die vorliegende Verordnung jedoch auch auf §18 TGO
stützen, der Übertretungen ortspolizeilicher Verordnungen zu Verwaltungsübertretu ngen erklärt, die vom
Bürgermeister mit einer Geldstrafe bis zu € 2.000,- zu ahnden sind.
Da ArtIII der Notverordnung ebenso eine Geldstrafe bis zu € 2.000,- vorsieht, bildet er insoweit eine
bloße Wiederholung des §18 Abs2 TGO, der kein (selbstständiger) normativer Charakte r zukommt. Die
angefochtene Strafbestimmung ist daher in Ansehung der Geldstrafe durch §18 Abs2 TGO gedeckt. Die
Bedenken des LVwG erweisen sich insoweit als unbegründet.
Die in ArtIII der Verordnung alternativ zur Geldstrafe vorgesehene Freiheitsstrafe findet hingegen weder
in §18 Abs2 TGO noch in einer anderen Rechtsvorsc hrift, auf die sich der Bürgermeister im hier
vorliegenden Zusammenhang berufen könnte, Dec kung. Sie entbehrt daher insoweit einer gesetzlichen
Grundlage. Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den die im Antrag dargelegten Bedenken nicht
bestehen, genügt es somit, die Wendung "oder mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen" in ArtIII der
Verordnung für gesetzwidrig zu erklären.
Im Übrigen: Abweisung des Antrags auf die Aufhebung des darüber hinausgehenden Teiles des ArtIII der
Verordnung.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:VFGH:2019:V44.2018

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