Bundesgesetz vom 27. November 1974 über Stiftungen und Fonds (Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen Anwendungsbereich

    § 1. (1) Dieses Bundesgesetz findet auf Stiftungen und Fonds Anwendung, deren Vermögen durch privatrechtlichen Widmungsakt zur Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Aufgaben bestimmt ist, sofern sie nach ihren Zwecken über den Interessenbereich eines Landes hinausgehen und nicht schon vor dem 1. Oktober 1925 von den Ländern autonom verwaltet wurden.

    (2) Auf Stiftungen und Fonds für Zwecke einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft finden die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nur dann Anwendung, wenn diese Stiftungen oder Fonds zu ihrer Errichtung, Abänderung,

    Auflösung oder Verwaltung nach den für diese gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgeseilschaft geltenden Bestimmungen der staatlichen Genehmigung bedürfen oder der staatlichen Aufsicht unterliegen.

  2. ABSCHNITT Stiftungen Begriff der Stiftung

    § 2. (1) Stiftungen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind durch eine Anordnung des Stifters dauernd gewidmete Vermögen mit Rechtspersönlichkeit,

    deren Erträgnisse der Erfüllung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke dienen.

    (2) Gemeinnützig im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird. Eine Förderung der Allgemeinheit liegt insbesondere vor, wenn die Tätigkeit der Stiftung dem Gemeinwohl auf geistigem, kulturellem, sittlichem, sportlichem oder materiellem Gebiet nützt. Der Stiftungszweck gilt auch dann im Sinne dieses Bundesgesetzes als gemeinnützig, wenn durch die Tätigkeit der Stiftung nur ein bestimmter Personenkreis gefördert wird.

    (3) Mildtätig im Sinne dieses Bundesgesetzes sind solche Zwecke, die darauf gerichtet sind,

    hilfsbedürftige Personen zu unterstützen.

    Voraussetzungen für die Errichtung einer Stiftung

    § 3. Zur Errichtung einer Stiftung sind die Erklärung des Stifters, durch Zweckwidmung eines bestimmten Vermögens eine Stiftung errichten zu wollen (Stiftungserklärung), sowie die behördliche Entscheidung, daß die in der Stiftungserklärung vorgesehene Errichtung der Stiftung zulässig ist, erforderlich.

    Stiftungserklärung

    § 4. (1) Die Stiftungserklärung hat zu enthalten:

    1. die Willenserklärung des Stifters, ein bestimmtes Vermögen für die Errichtung einer Stiftung dauernd zu widmen,

    2. die Angabe des für den Stiftungszweck gewidmeten Vermögens (Stammvermögens),

    3. die Angabe des gemeinnützigen oder mildtätigen Zweckes der Stiftung.

      (2) Die Stiftungserklärung muß schriftlich abgefaßt sein und kann überdies einen Vorschlag für die Bestellung eines Stiftungskurators (§ 7

      Abs. 2) sowie weitere Angaben im Sinne des

      § 10 Abs. 2 enthalten, die in die Satzung der Stiftung aufzunehmen sind.

      (3) Soll die Stiftung zu Lebzeiten des Stifters errichtet werden, so muß die Stiftungserklärung unwiderruflich gegenüber der Stiftungsbehörde

      (§ 39) abgegeben werden und mit der gerichtlich oder notariell beglaubigten Unterschrift des Stifters versehen sein.

      (4) Bei Stiftungen von Todes wegen bedarf die Stiftungserklärung der Form einer letztwilligen Anordnung.

      Zulässigkeit der Errichtung einer Stiftung

      § 5. (1) Die Errichtung einer Stiftung ist zulässig,

      wenn 1. die Stiftungserklärung dem § 4 entspricht,

    4. der Stiftungszweck gemeinnützig oder mildtätig und 3. das Stiftungsvermögen zur dauernden Erfüllung des Stiftungszweckes hinreichend ist.

      (2) Das Stiftungsvermögen ist nicht hinreichend,

      wenn die Erträgnisse voraussichtlich auf längere Sicht oder dauernd nur die Erhaltung von Liegenschaften ermöglichen, ohne daß diese der unmittelbaren Erfüllung des Stiftungszweckes dienen.

      Entscheidung über die Zulässigkeit

      § 6. (1) Bei Stiftungen unter Lebenden hat der Stifter die Stiftungserklärung der Stiftungsbehörde vorzulegen. Bei Stiftungen von Todes wegen hat das Verlassenschaftsgericht von der letztwilligen Anordnung die Finanzprokuratur zu verständigen. Dieser obliegen die Abgabe der Erbserklärung oder die Erklärung über die An-

      nahme des Vermächtnisses zugunsten der letztwillig bedachten Stiftung sowie die Vertretung der Stiftung bis zur Bestellung des Stiftungskurators

      (§ 7).

      (2) Über die Zulässigkeit der Errichtung einer Stiftung entscheidet die Stiftungsbehörde.

      (3) Im Verfahren über die Zulässigkeit der Errichtung einer Stiftung kommen bei Stiftungen unter Lebenden dem Stifter und der Finanzprokuratur,

      bei Stiftungen von Todes wegen der Finanzprokuratur und den Erben des Stifters sowie dem Testamentsvollstrecker Parteistellung zu.

      (4) Mit der Entscheidung, daß die Errichtung der Stiftung zulässig ist, erlangt die Stiftung Rechtspersönlichkeit. Die Stiftungsbehörde hat die Errichtung einer Stiftung im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung" zu verlautbaren. Die Verlautbarung hat den Namen. Sitz und den Zweck der Stiftung zu enthalten. Die Kosten der Verlautbarung hat die Stiftung zu tragen.

      Stiftungskurator

      § 7. (1) Für Stiftungen, die als zulässig erklärt wurden, hat die Stiftungsbehörde einen Stiftungskurator zu bestellen. Die Bestellung bedarf seines Einverständnisses.

      (2) Zum Stiftungskurator ist die in der Stiftungserklärung vorgeschlagene Person zu bestellen.

      Wird in der Stiftungserklärung kein Stiftungskurator vorgeschlagen, so ist der Stiftungskurator aus dem Kreis der allenfalls namhaft gemachten Verwaltungsorgane unter Bedachtnahme auf deren Reihenfolge zu bestellen.

      (3) Lehnen die im Abs. 2 genannten Personen die Bestellung zum Stiftungskurator ab oder sind in der Stiftungserklärung keine Personen namhaft gemacht, die für die Bestellung zum Stiftungskurator in Betracht kommen, so kann auch eine andere Person zum Stiftungskurator bestellt werden, die zur Vertretung der Stiftung geeignet ist.

      (4) Dem Stiftungskurator obliegen nachstehende Aufgaben:

    5. die Verwaltung des Stiftungsvermögens und die Vertretung der Stiftung, sofern diese nicht der Finanzprokuratur obliegt,

    6. die Vorlage der Stiftungssatzung (§ 10

      Abs. 1),

    7. die Erstellung der für die erstmalige Bestellung der Verwaltungs- und Vertretungsorgane der Stiftung erforderlichen Vorschläge

      (§ 11 Abs. 1).

      (5) Kommt ein Stiftungskurator seinen Aufgaben nicht gehörig oder nicht fristgerecht nach,

      so ist er von der Stiftungsbehörde abzuberufen und durch einen anderen Stiftungskurator zu ersetzen.

      (6) Der Stiftungskurator hat gegenüber der Stiftung Anspruch auf eine angemessene Entschädigung.

      Name der Stiftung

      § 8. (1) Der Name der Stiftung hat die ausdrückliche Bezeichnung als Stiftung sowie zur Unterscheidung von anderen Stiftungen den Namen einer physischen oder juristischen Person oder einen Hinweis auf den Stiftungszweck oder sowohl den Namen einer Person als auch einen Hinweis auf den Stiftungszweck zu enthalten.

      Ist zur Führung des Namens der Stiftung die Zustimmung eines Dritten erforderlich, so kann die Stiftung diesen Namen nur dann führen,

      wenn diese Zustimmung vorliegt.

      (2) Der Bescheid über die Zulässigkeit der Errichtung einer Stiftung hat den Namen der Stiftung unter Bedachtnahme auf den in der Stiftungserkärung angegebenen Namen der Stiftung anzuführen, sofern dieser den Voraussetzungen des Abs. 1 entspricht.

      (3) Ist in der Stiftungserklärung der Name der Stiftung nicht angeführt oder die angegebene Namensführung unzulässig, so hat die Stiftungsbehörde unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des Abs. 1 den Namen der Stiftung festzusetzen.

      (4) Die Stiftung hat in ihrem Schriftverkehr ihren Namen zu führen.

      Sitz der Stiftung

      § 9. (1) Im Bescheid über die Zulässigkeit der Errichtung einer Stiftung ist auch der Sitz der Stiftung anzuführen.

      (2) Der Sitz der Stiftung hat im Inland zu liegen.

      Er richtet sich nach der Stiftungserklärung.

      Enthält diese keine Bestimmung, so hat die Stiftungsbehörde den Ort als Sitz der Stiftung zu bestimmen, an dem die Verwaltung zu führen ist.

      Stiftungssatzung

      § 10. (1) Der Stiftungskurator hat binnen sechs Monaten ab seiner Bestellung die Stiftungssatzung der Stiftungsbehörde in dreifacher Ausfertigung vorzulegen.

      (2) Die Stiftungssatzung hat zu enthalten:

    8. den Namen und den Sitz der Stiftung;

    9. Angaben über die Errichtung der Stiftung sowie über das Stammvermögen der Stiftung;

    10. Angaben über den Zweck der Stiftung, die Verwendung der Erträgnisse, den durch die Stiftung begünstigten Personenkreis sowie die Vorgangsweise bei der Zuerkennung des Stiftungsgenusses;

    11. die Bezeichnung der Verwaltungs- und Vertretungsorgane der Stiftung (Stiftungsorgane)

      sowie Bestimmungen über ihre Bestellung und Abberufung;

    12. die Erfordernisse gültiger Beschlußfassungen,

      wenn das Verwaltungs- oder Vertretungsorgan der Stiftung aus mehr als einer Person besteht, und der Bekanntmachungen;

    13. Bestimmungen über die Befugnisse sowie

      über die allfällige Zuerkennung von Entschädigungen an die Verwaltungs- und Vertretungsorgane der Stiftung;

    14. Bestimmungen über die jährliche Rechnungslegung an die Stiftungsbehörde hinsichtlich des Vermögens der Stiftung sowie über Rechtsgeschäfte, die nach diesem Bundesgesetz zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung der Stiftungsbehörde bedürfen;

    15. Bestimmungen über die Zuwendung des bei einer Auflösung der Stiftung noch vorhandenen Vermögens (§ 21 Abs. 1 und 2).

      (3) Die Stiftungssatzung darf die Verwaltung der Stiftung durch Organe einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nur dann vorsehen, wenn hiezu die Zustimmung der obersten Organe dieser

      öffentlich-rechtlichen Körperschaft vorliegt oder die Stiftung von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft selbst errichtet wird.

      (4) Die Stiftungssatzung bedarf der Genehmigung der Stiftungsbehörde. Im Genehmigungsverfahren kommen dem Stifter, dem Stiftungskurator und der Finanzprokuratur Parteistellung zu. Die Genehmigung darf nur dann versagt werden, wenn die Stiftungssatzung den gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht oder mit der als zulässig festgestellten Stiftungserklärung in Widerspruch steht. Ein solcher...

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