VERTRAG ZWISCHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND DER SOZIALISTISCHEN FÖDERATIVEN REPUBLIK JUGOSLAWIEN ÜBER DIE WECHSELSEITIGE VOLLZIEHUNG GERICHTLICHER ENTSCHEIDUNGEN IN STRAFSACHEN

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages wird genehmigt.

Der Bundespräsident der Republik Österreich und das Präsidium der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien,

von dem Wunsche geleitet, die rechtlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten zu vertiefen und den rechtlichen Verkehr zwischen ihnen zu erleichtern, sind übereingekommen, einen Vertrag

über die wechselseitige Vollziehung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen abzuschließen, und haben zu diesem Zweck folgendes vereinbart:

TEIL I Allgemeine Bestimmungen Pflicht zur Ãœberwachung und Vollstreckung Artikel 1

(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, auf Ersuchen nach den nachstehenden Vorschriften und Bedingungen wechselseitig:

  1. Personen, über die von dem Gericht eines Vertragsstaates eine bedingte strafrechtliche Sanktion rechtskräftig verhängt worden ist,

    innerhalb einer Probezeit zu überwachen;

  2. eine Freiheitsstrafe oder vorbeugende Maßnahme,

    die von dem Gericht eines Vertragsstaates rechtskräftig verhängt worden ist, zu vollstrecken.

    (2) Die Überwachung oder die Vollstreckung in einem Vertragsstaat erfolgt nur, wenn die verurteilte Person Staatsangehöriger dieses Vertragsstaates ist und in diesem ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat.

    Gerichtliche Entscheidungen, die einer Ãœberwachung oder Vollstreckung unterliegen Artikel 2

    Die Ãœberwachung oder die Vollstreckung erfolgt nur, wenn die der Entscheidung zugrundeliegende Handlung nach dem Recht beider Vertragsstaaten mit gerichtlicher Strafe bedroht ist.

    Politische strafbare Handlungen Artikel 3

    (1) Die Ãœberwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegende Handlung nach Ansicht des ersuchten Staates eine strafbare Handlung politischen Charakters darstellt.

    (2) Eine strafbare Handlung, bei welcher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles,

    insbesondere der Art der Begehung, der angewendeten oder angedrohten Mittel oder der Schwere der eingetretenen oder beabsichtigten Folgen, der kriminelle Charakter der Tat den politischen überwiegt,

    wird nicht als strafbare Handlung politischen Charakters betrachtet.

    Militärische strafbare Handlungen Artikel 4

    Die Überwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegende Handlung nach Ansicht des ersuchten Staates ausschließlich in der Verletzung militärischer Pflichten besteht.

    Fiskalische strafbare Handlungen Artikel 5

    Die Überwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegende Handlung nach Ansicht des ersuchten Staates ausschließlich eine Verletzung von Abgaben-, Monopol-, Zoll- oder Devisenvorschriften oder von Vorschriften über die Warenbewirtschaftung oder über den Außenhandel darstellt.

    Verjährung Artikel 6

    Die Überwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die Vollstreckung der Strafe oder vorbeugenden Maßnahme nach dem Recht eines der beiden Vertragsstaaten verjährt ist.

    Ausnahmegerichte Artikel 7

    Die Ãœberwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die Entscheidung von einem Ausnahmegericht getroffen worden ist.

    Abwesenheitsurteile Artikel 8

    Die Ãœberwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die Entscheidung in Abwesenheit der verurteilten Person ergangen ist.

    Grundsatz ne bis in idem Artikel 9

    (1) Die Überwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die verurteilte Person im ersuchten Staat wegen derselben Handlung bereits rechtskräftig verurteilt oder aus einem anderen Grund als wegen Fehlens der Gerichtsbarkeit freigesprochen worden ist.

    (2) Die Verurteilung in einem dritten Staat steht einer Überwachung oder einer Vollstreckung nur entgegen, wenn die über die verurteilte Person dort verhängte Strafe ganz vollstreckt oder zur Gänze oder für den noch nicht vollstreckten Teil nachgesehen worden ist.

    (3) Ist in einem Vertragsstaat, der die Überwachung oder die Vollstreckung übernehmen soll,

    gegen die verurteilte Person wegen der dem Ersuchen zugrundeliegenden Handlung ein Strafverfahren anhängig und ist die Überwachung oder die Vollstreckung übernommen worden, so stellt dieser Vertragsstaat das Strafverfahren vorläufig ein. Er erlangt das Recht zur Verfolgung wieder, wenn sich die verurteilte Person der Überwachung oder der Vollstreckung entzieht. Der Staat, der die

    Überwachung oder die Vollstreckung übernommen hat, stellt das Strafverfahren endgültig ein, wenn die Strafe oder vorbeugende Maßnahme endgültig vollstreckt oder nachgesehen worden ist.

    Ordre public Artikel 10

    Die Überwachung oder die Vollstreckung erfolgt nicht, wenn die Erledigung des Ersuchens die Sicherheit des ersuchten Staates beeinträchtigen oder gegen Grundsätze seiner Rechtsordnung verstoßen könnte.

    TEIL II

    Überwachung Grundsätze der Überwachung Artikel 11

    Wird über eine Person, die in einem Vertragsstaat ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat, im anderen Vertragsstaat wegen einer strafbaren Handlung unter Setzung einer Probezeit eine bedingte strafrechtliche Sanktion verhängt (Urteilsstaat), so kann jeder der beiden Vertragsstaaten durch ein Ersuchen darauf hinwirken, daß die Überwachung in...

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