VERTRAG ZWISCHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND DER REPUBLIK POLEN ÜBER DIE WECHSELSEITIGE VOLLZIEHUNG GERICHTLICHER ENTSCHEIDUNGEN IN STRAFSACHEN

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages wird genehmigt.

Der Bundespräsident der Republik Österreich und der Präsident der Republik Polen,

Vom Wunsche geleitet, die rechtlichen Beziehungen zwischen den beiden Staaten weiterzuentwickeln und den rechtlichen Verkehr zwischen ihnen zu erleichtern, sowie im Bestreben, die Resozialisierung von Verurteilten zu fördern,

Sind übereingekommen, einen Vertrag über die wechselseitige Vollziehung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen zu schließen, und haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Der Bundespräsident der Republik Österreich:

Herrn Dr. Egmont Foregger,

Bundesminister für Justiz,

Der Präsident der Republik Polen:

Herrn Aleksander Bentkowski,

Minister für Justiz,

die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben:

TEIL I DEFINITIONEN Artikel 1

(1) Im Sinne dieses Vertrages bedeutet der Ausdruck

„vorbeugende Maßnahme":

  1. in der Republik Österreich: die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher, für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher oder für gefährliche Rückfallstäter;

  2. in der Republik Polen: die Einlieferung in ein psychiatrisches Krankenhaus oder in eine andere entsprechende Anstalt oder in eine Anstalt für Entwöhnungsbedürftige.

    (2) Im Sinne dieses Vertrages bedeutet der Ausdruck

    „die bedingte Nachsicht einer strafrechtlichen Sanktion":

  3. in der Republik Österreich: die gänzliche oder teilweise bedingte Nachsicht einer Freiheitsstrafe,

    die bedingte Nachsicht einer vorbeugenden Maßnahme, die bedingte Entlassung aus einer Freiheitsstrafe oder aus einer vorbeugenden Maßnahme sowie den Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe sowie die bedingte Einstellung des Verfahrens.

  4. in der Republik Polen: die bedingte Nachsicht der Freiheitsstrafe, die bedingte vorzeitige Entlassung und die bedingte Einstellung des Verfahrens.

    (3) Im Sinne dieses Vertrages bedeuten die Ausdrücke:

    „Urteilsstaat" den Staat, in dem die gerichtliche Entscheidung ergangen ist, welche die Sanktion enthält, die im anderen Staat vollzogen oder überwacht werden soll;

    „Vollstreckungsstaat" den Staat, der die Vollziehung der Freiheitsstrafe oder der vorbeugenden Maßnahme übernommen hat oder übernehmen soll;

    „Überwachungsstaat" den Staat, der die Überwachung der bedingt nachgesehenen strafrechtlichen Sanktion übernommen hat oder übernehmen soll.

    TEIL II ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN Allgemeiner Grundsatz Artikel 2

    (1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich wechselseitig nach den Bestimmungen dieses Vertrages auf Ersuchen zur:

  5. Übernahme der Vollziehung rechtskräftiger Entscheidungen in Strafsachen, mit denen Gerichte eines Vertragsstaates über Angehörige des anderen Vertragsstaates eine Freiheitsstrafe oder vorbeugende Maßnahme verhängt haben;

  6. Übernahme der Überwachung der Angehörigen eines Vertragsstaates, über die von Gerichten des anderen Vertragsstaates die bedingte Nachsicht einer strafrechtlichen Sanktion innerhalb einer Probezeit rechtskräftig ausgesprochen wurde.

    (2) Ersuchen nach Abs. 1 werden von dem Vertragsstaat gestellt, in dem die gerichtliche Entscheidung ergangen ist. Hiedurch wird jedoch das Recht des anderen Vertragsstaates, beim Urteilsstaat ein Ersuchen nach Abs. 1 anzuregen, nicht eingeschränkt.

    Recht des Verurteilten Artikel 3

    Der Verurteilte selbst, sein gesetzlicher oder bevollmächtigter Vertreter, sein Ehegatte, seine Verwandten in gerader Linie oder seine Geschwister können bei jedem der beiden Vertragsstaaten ein Vorgehen nach Art. 2 anregen. Jeder Verurteilte,

    auf den dieser Vertrag Anwendung finden kann, wird durch den Urteilsstaat vom wesentlichen Inhalt dieses Vertrages unterrichtet.

    Voraussetzung der gerichtlichen Strafbarkeit Artikel 4

    Die Vollziehung oder die Überwachung wird nur übernommen, wenn die der Entscheidung zugrunde liegende Handlung auch nach dem Recht des ersuchten Staates mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder bedroht wäre, wenn sie auf dem Gebiet des ersuchten Staates begangen worden wäre.

    Politische strafbare Handlungen Artikel 5

    (1) Die Vollziehung oder die Überwachung wird nicht übernommen, wenn die der Entscheidung zugrunde liegende Handlung nach Ansicht des ersuchten Staates eine strafbare Handlung politischen Charakters darstellt.

    (2) Eine strafbare Handlung, bei welcher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls,

    insbesondere der Beweggründe, der Art der Begehung,

    der angewendeten oder angedrohten Mittel oder der Schwere der eingetretenen oder beabsichtigten Folgen, der kriminelle Charakter der Tat den politischen überwiegt, wird nicht als strafbare Handlung politischen Charakters betrachtet.

    Militärische...

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