Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof

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Der Nationalrat hat beschlossen:Â Â

Inhaltsverzeichnis Â

Artikel Gegenstand Â

Erster Teil (§§ 1 bis 12)  Allgemeine Bestimmungen Â

Zweiter Teil (§§ 13 bis 44)  Besondere Bestimmungen Â

Erster Abschnitt (§ 13)  Ermittlungen  und  Verhandlungen  des  Internationalen Strafgerichtshofs in Österreich Â

Zweiter Abschnitt (§§ 14 bis 21)  Rechtshilfe Â

Dritter Abschnitt (§ 22)  Fahndung Â

Vierter Abschnitt (§§ 23 bis 31)  Überstellungshaft,  Überstellung  und  Durchlieferung/

Durchbeförderung Â

Fünfter Abschnitt (§§ 32 bis 40)  Übernahme der Vollstreckung von Freiheitsstrafen Â

Sechster Abschnitt (§§ 41 und 42)  Übernahme der Vollstreckung von Geldstrafen, vermögensrechtlichen Anordnungen und Wiedergutmachungsanordnungen

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Siebenter Abschnitt (§ 43)  Wirkung der Entscheidungen des Internationalen Â

Strafgerichtshofs Â

Achter Abschnitt (§ 44)  Übernahme der Strafverfolgung von Straftaten gegen die Rechtspflege Â

Dritter Teil (§ 45)  In-Kraft-Treten und Schlussbestimmungen Â

Erster Teil Â

Allgemeine Bestimmungen Â

Internationaler Strafgerichtshof Â

§ 1. Der Begriff „Internationaler Strafgerichtshof“ im Sinne dieses Bundesgesetzes bezeichnet den Â

mit dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998, BGBl. III Nr. 180, (in Â

der Folge: Statut) errichteten Internationalen Strafgerichtshof einschließlich seiner Kammern und der Â

Anklagebehörde, der Mitglieder dieser Kammern und der Anklagebehörde sowie des Präsidiums und der Â

Kanzlei. Â

Grundsatz der Zusammenarbeit Â

§ 2.  (1) Alle Organe des Bundes, insbesondere die Gerichte, Staatsanwaltschaften, Strafvollstreckungsbehörden und Sicherheitsbehörden, sind verpflichtet, mit dem Internationalen Strafgerichtshof Â

umfassend zusammenzuarbeiten. Â

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(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 besteht insbesondere darin, dem Internationalen Strafgerichtshof Â

nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und nach Maßgabe des Statuts sowie der Verfahrens- und Â

Beweisordnung des Internationalen Strafgerichtshofs Informationen und Unterlagen über den Verdacht Â

von Verbrechen, die in seine Zuständigkeit fallen, zugänglich zu machen, ihm Rechtshilfe zu leisten und Â

Beschuldigte zu überstellen sowie Verurteilte zum Strafvollzug zu übernehmen und Geldstrafen und Â

vermögensrechtliche Anordnungen zu vollstrecken. Â

(3) Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt, sind auf das Verfahren die Bestimmungen des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG) und der Strafprozessordnung 1975 (StPO)Â Â

anzuwenden. Â

Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs Â

§ 3. Der Internationale Strafgerichtshof ist nach Maßgabe der Bestimmungen des Statuts über die Â

Ausübung seiner Gerichtsbarkeit für die Verfolgung und Bestrafung von Personen zuständig, denen ein Â

Verbrechen im Sinne der Art. 5 Abs. 1 lit. a bis c, 6 bis 8 und 25 des Statuts (Völkermord, Verbrechen Â

gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen) zur Last liegt, das nach dessen In-Kraft-Treten (Art. 10Â Â

bis 13 des Statuts) begangen wurde. Â

Österreichische Gerichtsbarkeit Â

§ 4. (1) Die Zuständigkeit der österreichischen Gerichte wird durch die Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs nicht ausgeschlossen. Â

(2) Die österreichische Gerichtsbarkeit entfällt jedoch für Taten, derentwegen die Person vom Internationalen Strafgerichtshof rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde. Â

Anfechtung der Zulässigkeit des Verfahrens und Verfahrensabtretung an den Internationalen Â

Strafgerichtshof Â

§ 5. (1) Beansprucht der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit für eine Strafsache, so Â

kann der Bundesminister für Justiz die österreichische Zuständigkeit im Sinne von Art. 18 des Statuts Â

geltend machen oder die Zulässigkeit des Verfahrens oder die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs nach Â

  1. 19 des Statuts anfechten. Â

    (2) Die Zulässigkeit des Verfahrens ist anzufechten, wenn Â

      1. die Person wegen der Tat von einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wurde; Â

      2. vor einer inländischen Staatsanwaltschaft oder vor einem solchen Gericht wegen der im Inland Â

    begangenen Tat oder wegen der Tat eines im Inland betretenen österreichischen Staatsbürgers eine Strafsache anhängig ist oder auf Grund eines Ersuchens des Internationalen Strafgerichtshofs Â

    um Verhaftung und Ãœberstellung oder um Leistung von Rechtshilfe anhängig gemacht wird, es Â

    sei denn, dass der Durchführung des Strafverfahrens durch den Internationalen Strafgerichtshof Â

    mit Rücksicht auf besondere Umstände, insbesondere aus Gründen der Wahrheitsfindung oder Â

    der Konnexität mit anderen, dem Verfahren vor dem Gerichtshof zu Grunde liegenden Straftaten, Â

    der Vorzug zu geben ist; oder Â

      3. wegen der Tat ein Verfahren vor einer Staatsanwaltschaft oder einem Gericht im Inland anhängig Â

    war, welches aus anderen als ausschließlich verfahrensrechtlichen Gründen eingestellt wurde. Â

    (3) Um die Anfechtung der Zulässigkeit zu ermöglichen, hat die zuständige Staatsanwaltschaft dem Â

    Bundesministerium für Justiz über anhängige Strafsachen wegen in die Zuständigkeit des Internationalen Â

    Strafgerichtshofs fallender strafbarer Handlungen zu berichten. Â

    (4) Gegen die Entscheidung des Internationalen Strafgerichtshofs über die Zulässigkeit des Verfahrens steht dem Bundesminister für Justiz die binnen fünf Tagen beim Gerichtshof einzubringende Beschwerde offen. Â

    (5) Wird die Zulässigkeit des Verfahrens vor dem Internationalen Strafgerichtshof oder dessen Gerichtsbarkeit nicht angefochten oder bejaht der Internationale Strafgerichtshof seine Zuständigkeit endgültig,

    so hat das zuständige österreichische Gericht alle zur Sicherung der Person und der Beweise erforderlichen Veranlassungen zu treffen und sodann das Verfahren vorläufig einzustellen und dem Bundesministerium für Justiz eine vollständige Aktenablichtung zum Zweck der Weiterleitung an den Internationalen Â

    Strafgerichtshof vorzulegen. Werden Beweisgegenstände angeschlossen, so ist anzuführen, ob auf deren Â

    Rückgabe verzichtet wird. Â

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    (6) Das österreichische Strafverfahren ist nach endgültiger Entscheidung durch den Internationalen Â

    Strafgerichtshof einzustellen. Das Verfahren ist jedoch auf Antrag der Staatsanwaltschaft mit Beschluss Â

    fortzusetzen, wenn Â

      1. der Ankläger beim Internationalen Strafgerichtshof beschließt, keine Anklage zu erheben, oder Â

    von der Anklage zurücktritt; Â

      2. der Internationale Strafgerichtshof die Anklage nach Prüfung zurückweist; oder Â

      3. der Internationale Strafgerichtshof seine Unzuständigkeit oder die Unzulässigkeit des Verfahrens Â

    feststellt. Â

    Unterbreitung eines Sachverhalts an den Internationalen Strafgerichtshof Â

    § 6. (1) Ãœber die Unterbreitung eines Sachverhalts im Sinne von Art. 14 des Statuts an den Internationalen Strafgerichtshof entscheidet die Bundesregierung. Â

    (2) In den in § 5 Abs. 2 angeführten Fällen kommt die Unterbreitung eines Sachverhalts an den Internationalen Strafgerichtshof nicht in Betracht. Â

    Ãœberstellung österreichischer Staatsbürger Â

    § 7. (Verfassungsbestimmung) Die österreichische Staatsbürgerschaft steht einer Ãœberstellung an Â

    den Internationalen Strafgerichtshof (§§ 24 bis 28), einer Durchlieferung oder Durchbeförderung (§ 31) Â

    sowie einer Ãœberstellung an einen anderen Staat zur Vollstreckung einer vom Internationalen Strafgerichtshof verhängten Strafe nicht entgegen. Â

    Verkehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof Â

    § 8. (1) Der Verkehr mit dem Internationalen Strafgerichtshof findet grundsätzlich unter Vermittlung Â

    des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten statt. Erledigungsakten sind auch dann unter Â

    Vermittlung des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten dem Internationalen Strafgerichtshof zu übermitteln, wenn dessen Ersuchen den österreichischen Gerichts- oder Verwaltungsbehörden auf Â

    anderem Weg zugekommen sind. Â

    (2) Die Gerichte und Staatsanwaltschaften haben an den Internationalen Strafgerichtshof gerichtete Â

    Mitteilungen sowie die Erledigungsakten dem Bundesministerium für Justiz zur Weiterleitung vorzulegen.

    (3) In dringenden Fällen und im Rahmen kriminalpolizeilicher Amtshilfe ist der unmittelbare Verkehr der österreichischen Behörden mit dem Internationalen Strafgerichtshof oder der Verkehr im Wege Â

    der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) zulässig. In dringenden Fällen ist Â

    ferner die Verwendung jedes Nachrichtenmittels zulässig, das die Erstellung einer schriftlichen Fassung Â

    unter Bedingungen ermöglicht, die die Feststellung der Echtheit des Ersuchens gestatten. Die derart übermittelten Ersuchen bedürfen der Bestätigung auf dem in Abs. 1 vorgesehenen Geschäftsweg. Â

    (4) Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs bedürfen der Schriftform. Den Ersuchschreiben Â

    und den zu ihrer Begründung beigefügten Unterlagen sind beglaubigte Ãœbersetzungen in die deutsche Â

    Sprache anzuschließen. Erledigungen von Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs und Aktenablichtungen zum Zweck der Verfahrensabtretung an diesen bedürfen keiner Ãœbersetzung. Â

    Konsultationspflicht; Ablehnung von Ersuchen des Gerichtshofs Â

    § 9. (1) Mit dem Internationalen Strafgerichtshof sind Konsultationen zum Zweck der Regelung der Â

    Angelegenheit insbesondere dann durchzuführen, wenn die Erledigung eines Ersuchens des Gerichtshofs Â

      1. einem anerkannten Rechtsgrundsatz entgegenstünde (Art. 93 Abs. 3 des Statuts); Â

      2. die nationale Sicherheit beeinträchtigen würde (Art. 72 und 93 Abs. 4 des Statuts); Â

      3. die Staatenimmunität oder die diplomatische...

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