Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 ? KaWeRÄG 2017)

56. Bundesgesetz, mit dem das Kartellgesetz 2005, das Wettbewerbsgesetz und das Bundesgesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen geändert werden (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 ? KaWeRÄG 2017) Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Artikel 1 Änderung des Kartellgesetzes 2005
Artikel 2 Änderung des Wettbewerbsgesetzes
Artikel 3 Änderung des Bundesgesetzes zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen

Artikel 1

Änderung des Kartellgesetzes 2005

Das Kartellgesetz 2005, BGBl. I Nr. 61/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 13/2013, wird wie folgt geändert:

1. Im Inhaltsverzeichnis wird der 5. Abschnitt des II. Hauptstücks wie folgt gefasst:

?5. Abschnitt
Ersatz des Schadens aus Wettbewerbsrechtsverletzungen
§ 37a. Geltungsbereich und Zweck des Abschnitts
§ 37b. Begriffsbestimmungen
§ 37c. Haftung
§ 37d. Gegenstand des Ersatzes
§ 37e. Mehrheit von Ersatzpflichtigen
§ 37f. Beweislast bei Schadensüberwälzung
§ 37g. Wirkung einer einvernehmlichen Streitbeilegung
§ 37h. Verjährung
§ 37i. Wirkung eines Verfahrens vor einer Wettbewerbsbehörde
§ 37j. Offenlegung von Beweismitteln
§ 37k. Offenlegung und Verwendung von aktenkundigen Beweismitteln
§ 37l. Unterstützung durch Kartellgericht, Bundeskartellanwalt und Bundeswettbewerbsbehörde
§ 37m. Ordnungsstrafen?

2. In § 2 Abs. 2 werden am Ende der Z 2 der Strichpunkt durch einen Beistrich ersetzt und Folgendes angefügt:

?sowie Vereinbarungen zwischen Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen einerseits und Unternehmen, die Zeitschriften oder Zeitungen mit Remissionsrecht beziehen und mit einem solchen an Letztverkäufer verkaufen (Pressegrossisten), andererseits, soweit diese Vereinbarungen für den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungs- und Zeitschriftensortimenten im stationären Einzelhandel erforderlich sind;?

3. Dem § 9 wird folgender Abs. 4 angefügt:

?(4) Zusammenschlüsse, auf die Abs. 1 nicht anwendbar ist, bedürfen auch der Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde, wenn

1. die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss Umsatzerlöse von weltweit insgesamt mehr als 300 Millionen Euro erzielten,
2. die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss im Inland Umsatzerlöse von insgesamt mehr als 15 Millionen Euro erzielten,
3. der Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss mehr als 200 Millionen Euro beträgt und
4. das zu erwerbende Unternehmen in erheblichem Umfang im Inland tätig ist.?

4. In § 30 Abs. 3 werden am Ende der Z 2 das Wort ?oder? durch einen Beistrich und am Ende der Z 3 der Punkt durch das Wort ?oder? ersetzt sowie folgende Z 4 angefügt:

?4. den aus der Rechtsverletzung entstandenen Schaden ganz oder teilweise gutgemacht hat.?

4a. In § 32 erhält der bisherige Text die Absatzbezeichnung ?(1)? und wird folgender Abs. 2 angefügt:

?(2) Von den Geldbußen sollen jeweils jährlich 1,5 Millionen Euro für Zwecke der Bundeswettbewerbsbehörde und des Vereins für Konsumenteninformation verwendet werden.?

5. Dem § 33 werden folgende Sätze angefügt:

?Diese Frist wird unterbrochen, sobald mindestens einem an der Rechtsverletzung beteiligten Unternehmer oder einer beteiligten Unternehmervereinigung eine auf Ermittlung oder Verfolgung der Rechtsverletzung gerichtete Handlung der Bundeswettbewerbsbehörde bekannt gegeben wird. Mit jeder Unterbrechung beginnt die Frist neu zu laufen; sie endet jedoch jedenfalls zehn Jahre ab Beendigung der Rechtsverletzung. Die Dauer eines Verfahrens vor einem Gericht wird in die Frist nicht eingerechnet.?

6. In § 35 Abs. 1 werden der Punkt nach der lit. b durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende lit. c angefügt:

?c) im Rahmen einer Hausdurchsuchung (§ 12 WettbG) den Zugang zu Beweismitteln, die in elektronischer Form in den zu durchsuchenden Räumlichkeiten abgerufen werden können, zu ermöglichen.?

7. In § 37 Abs. 1 erster Satz werden vor der Wortfolge ?rechtskräftige Entscheidungen? die Wortfolge ?sowohl stattgebende als auch ab- oder zurückweisende? sowie nach dem Wort ?Geldbuße? ein Beistrich und die Wortfolge ?Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen? eingefügt.

8. Der 5. Abschnitt des II. Hauptstücks lautet samt Überschrift:

?5. Abschnitt

Ersatz des Schadens aus Wettbewerbsrechtsverletzungen

Geltungsbereich und Zweck des Abschnitts

§ 37a. (1) Die Bestimmungen dieses Abschnitts regeln die zivilrechtliche Haftung für und die Geltendmachung von Schäden, die durch Wettbewerbsrechtsverletzungen verursacht werden.

(2) Sie dienen der Umsetzung der Richtlinie 2014/104/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Vorschriften für Schadenersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, ABl. Nr. L 349 vom 5.12.2014, S. 1.

Begriffsbestimmungen

§ 37b. Im Sinn der Bestimmungen dieses Abschnitts bedeuten:

1. Wettbewerbsrechtsverletzung: eine Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot (§ 1), das Missbrauchsverbot (§ 5) und das Verbot gegen Vergeltungsmaßnahmen (§ 6) sowie gegen Artikel 101 oder 102 AEUV, oder gegen solche Bestimmungen des nationalen Rechts eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, mit denen überwiegend das gleiche Ziel verfolgt wird wie mit den Artikeln 101 und 102 AEUV und die nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. Nr. L 1 vom 4.1.2003, S. 1, auf denselben Fall und parallel zum Wettbewerbsrecht der Union angewandt werden, mit Ausnahme nationaler Rechtsvorschriften, mit denen natürlichen Personen strafrechtliche Sanktionen auferlegt werden, sofern diese nicht als Mittel dienen, um die für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln durchzusetzen;
2. Rechtsverletzer: der Unternehmer oder die Unternehmensvereinigung, der beziehungsweise die eine Wettbewerbsrechtsverletzung (Z 1) begangen hat;
3. Wettbewerbsbehörde: das Kartellgericht, die Bundeswettbewerbsbehörde, der Bundeskartellanwalt, die Kommission der Europäischen Union oder eine andere Wettbewerbsbehörde im Sinn der Verordnung (EG) Nr. 1/2003;
4. Kronzeugenerklärung: die freiwillige Erklärung einer an einem Kartell zwischen Wettbewerbern beteiligten Person über deren Kenntnis des Kartells und über ihre Beteiligung daran, die gegenüber einer Wettbewerbsbehörde abgegeben wird, um den Erlass oder die Ermäßigung der wegen dieser Beteiligung zu verhängenden Geldbuße durch Beschluss oder Einstellung des Verfahrens zu erwirken; davon erfasst ist auch die Aufzeichnung einer Erklärung;
5. Vergleichsausführung: die freiwillige Darlegung eines Unternehmers gegenüber einer Wettbewerbsbehörde, die ein Anerkenntnis oder den Verzicht auf das Bestreiten seiner Beteiligung an einer Wettbewerbsrechtsverletzung und seiner Verantwortung dafür enthält und eigens dazu abgegeben wird, um der Wettbewerbsbehörde ein vereinfachtes oder beschleunigtes Verfahren zu ermöglichen;
6. unmittelbarer Abnehmer: eine Person, die Waren oder Dienstleistungen, die Gegenstand einer Wettbewerbsrechtsverletzung waren, unmittelbar von einer Person erworben hat, die die Wettbewerbsrechtsverletzung begangen hat;
7. mittelbarer Abnehmer: eine Person, die Waren oder Dienstleistungen nicht unmittelbar von einer Person erworben hat, die die Wettbewerbsrechtsverletzung begangen hat, sondern von einem unmittelbaren Abnehmer oder einem nachfolgenden Abnehmer, wobei die Waren oder Dienstleistungen entweder Gegenstand einer Wettbewerbsrechtsverletzung waren oder solche Waren oder Dienstleistungen enthalten oder aus solchen hervorgegangen sind.

Haftung

§ 37c. (1) Wer schuldhaft eine Wettbewerbsrechtsverletzung begeht, ist zum Ersatz des dadurch verursachten Schadens verpflichtet.

(2) Es wird vermutet, dass ein Kartell zwischen Wettbewerbern einen Schaden verursacht. Diese Vermutung kann widerlegt werden.

Gegenstand des Ersatzes

§ 37d. (1) Der Ersatz des Schadens umfasst auch den entgangenen Gewinn.

(2) Der Ersatzpflichtige hat die Schadenersatzforderung ab Eintritt des Schadens in sinngemäßer Anwendung des § 1333 ABGB zu verzinsen.

Mehrheit von Ersatzpflichtigen

§ 37e. (1) Unternehmer, die durch gemeinschaftliches Handeln eine Wettbewerbsrechtsverletzung begangen haben, haften solidarisch für den durch diese Wettbewerbsrechtsverletzung verursachten Schaden.

(2) Ein Rechtsverletzer haftet aber nur seinen unmittelbaren und mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten, wenn

1. er ein kleines oder mittleres Unternehmen im Sinn der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen, ABl. Nr. L 124 vom 20.5.2003, S. 36, ist, das weniger als 250 Personen beschäftigt und entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro erzielt oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro aufweist,
2. sein Anteil am relevanten Markt in der Zeit der Wettbewerbsrechtsverletzung stets weniger als 5 % betrug und
3. eine uneingeschränkte Haftung seine wirtschaftliche Lebensfähigkeit unwiederbringlich gefährdet und seine Aktiva völlig entwertet,
es sei denn, der Rechtsverletzer hat die Wettbewerbsrechtsverletzung organisiert, andere Unternehmer gezwungen, sich an der Wettbewerbsrechtsverletzung zu beteiligen, oder nach Feststellung einer Wettbewerbsbehörde (§ 37i Abs. 2) bereits früher eine Wettbewerbsrechtsverletzung begangen.

(3) Eine Person, die ihre Kenntnis eines geheimen Kartells zwischen Wettbewerbern und ihre Beteiligung daran freiwillig gegenüber einer Wettbewerbsbehörde offengelegt hat und der dafür durch Beschluss oder Einstellung des Verfahrens die wegen ihrer Beteiligung am Kartell zu verhängende Geldbuße erlassen wurde (Kronzeuge), haftet nur gegenüber ihren unmittelbaren und mittelbaren Abnehmern oder Lieferanten, es sei denn, die anderen Geschädigten können...

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