Bundesgesetz vom 12. Dezember 1968 betreffend die Arbeitsmarktförderung (Arbeitsmarktförderungsgesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

ABSCHNITT I Aufgaben der mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betrauten Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung

§ 1. (1) Die Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung haben im Sinne einer aktiven Arbeitsmarktpolitik zur Erreichung und Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung sowie zur Verhütung von Arbeitslosigkeit dadurch beizutragen,

daß sie insbesondere

  1. Personen bei der Berufswahl und bei einem angestrebten Berufswechsel beraten,

    b) Personen bei der Erlangung eines Ausbildungs-

    oder Arbeitsplatzes und bei der Aufrechterhaltung ihrer Beschäftigung oder Ausbildung behilflich sind,

    c) Dienstgebern bei der Beschaffung geeigneter Arbeitskräfte behilflich sind,

    d) eine allenfalls notwendige Anpassung an die Erfordernisse des Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes fördern.

    (2) Die Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung haben, soweit dies zur Durchführung der in Abs. 1 genannten Aufgaben notwendig ist, die Lage und die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Wirtschaft sowie die berufliche Gliederung der Bevölkerung nach Alter und Geschlecht zu beobachten, hiefür notwendige Unterlagen zu beschaffen, erforderliche Aufzeichnungen vorzunehmen und alle Maßnahmen, die eine ständige allgemeine Übersicht gewährleisten, zu treffen sowie die gewonnenen Erkenntnisse bei der Durchführung ihrer Aufgaben zu verwerten.

    Sofern auf Grund der Bestimmungen des Bundesstatistikgesetzes 1965, BGBl. Nr. 91, von den sachlich zuständigen Bundesministerien ausgewertete Erhebungen über die Entwicklung des Â

    Arbeitsmarktes und der Wirtschaft sowie die berufliche Gliederung der Bevölkerung nach Alter und Geschlecht vorliegen, sind diese heranzuziehen.

    (3) Die Landesarbeitsämter haben unter Zugrundelegung der Ergebnisse der gemäß Abs. 2

    ergriffenen Maßnahmen und nach Anhörung der Verwaltungsausschüsse (§ 44) jeweils für das kommende Jahr das voraussichtliche Angebot und den voraussichtlichen Bedarf an Arbeitskräften in ihrem Landesarbeitsamtsbezirk zu ermitteln und unter Berücksichtigung der vorhandenen Arbeitsplätze und Arbeitskräfte die für den Bereich des Landesarbeitsamtsbezirkes zur Erreichung der im Abs. 1 genannten Aufgaben erforderlichen Maßnahmen nach Maßgabe der bestehenden bundesgesetzlichen Vorschriften zu treffen.

    (4) Die Landesarbeitsämter haben in vom Bundesministerium für soziale Verwaltung festzusetzenden Zeitabständen, die nicht kürzer sein dürfen als ein Jahr, nach Anhörung der Verwaltungsausschüsse eine Vorschau vorzunehmen a) über die zu erwartenden Berufswünsche der Arbeitsuchenden und b) über die zu erwartenden offenen Stellen einschließlich der Ausbildungsmöglichkeiten,

    wobei insbesondere auch die beruflichen und wirtschaftlichen Aussichten in den einzelnen Berufen zu berücksichtigen sind.

    (5) Das Bundesministerium für soziale Verwaltung hat auf Grund der nach Abs. 3 und 4

    erarbeiteten Unterlagen und nach Anhörung des Beirates für Arbeitsmarktpolitik (§ 41) eine Gesamtanalyse zu erstellen, die auch über langfristige Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt in wirtschaftlicher,

    beruflicher und sozialer Hinsicht Auskunft gibt. Das Bundesministerium für soziale Verwaltung hat Maßnahmen für eine den wirtschaftlichen Verhältnissen angepaßte und auf die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung Rücksicht nehmende Arbeitsmarktpolitik zu treffen.

    Dabei ist auf übergeordnete volkswirtschaftliche und soziale Gesichtspunkte gebührend Rücksicht zu nehmen.

    § 2. Die Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung haben die für Fragen der Sozial- und Wirtschaftspolitik maßgebenden Stellen über die Lage und die Entwicklung des Arbeitsmarktes in ihrem Bereich in geeigneter Weise laufend zu informieren.

    ABSCHNITT II Berufsberatung, Vermittlung von Lehrstellen und sonstigen Ausbildungsplätzen Begriff

    § 3. (1) Unter Berufsberatung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Hilfe zu verstehen, die Personen durch Berufsaufklärung und individuelle Beratung im Hinblick auf ihre Berufswahl und ihr berufliches Fortkommen unter angemessener Berücksichtigung ihrer Fähigkeiten und ihrer Verwendungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt geleistet wird.

    (2) Für die Berufsberatung sowie die Vermittlung von Lehrstellen und sonstigen Ausbildungsplätzen gelten nachstehende Richtlinien:

    a) die Inanspruchnahme der Berufsberatung und ihrer Vermittlungsdienste ist freiwillig,

    b) niemand kann gezwungen werden, eine angebotene Lehrstelle oder einen angebotenen Ausbildungsplatz anzutreten,

    c) niemand kann gezwungen werden, eine ihm von der Berufsberatung empfohlene Person einzustellen;

    d) die Berufsberatung und die Vermittlung von Lehrstellen und Ausbildungsplätzen sind unentgeltlich und unparteiisch durchzuführen,

    e) bei der Berufsberatung sind die Berufswünsche und die berufliche Eignung des Ratsuchenden zu berücksichtigen, wobei auch auf die wirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit Bedacht zu nehmen ist,

    f) soweit zur Feststellung der Eignung des Ratsuchenden eine psychologische oder

    ärztliche Untersuchung erforderlich ist,

    bedarf es hiezu der Zustimmung des Ratsuchenden,

    bei einem minderjährigen auch des Erziehungsberechtigten (§ 39 Jugendwohlfahrtsgesetz,

    BGBl. Nr. 99/1954),

    g) auf die Vermittlung einer bestimmten Lehrstelle, eines bestimmten Ausbildungsplatzes oder einer bestimmten Person besteht kein Rechtsanspruch,

    h) auf die Vermittlung von Lehrstellen und sonstigen Ausbildungsplätzen findet die Vorschrift des § 10 lit. g sinngemäß Anwendung.

    (3) Bei der Berufsberatung, insbesondere der zur Schulentlassung kommenden Schüler, ist Bedacht zu nehmen auf die im Sinne des § 2 des Schulorganisationsgesetzes 1962, BGBl. Nr. 242,

    getroffenen Maßnahmen der Schule.

    Durchführung der Berufsberatung

    § 4. (1) Die Berufsberatung ist von dem Arbeitsamt durchzuführen, in dessen Bezirk der Ratsuchende seinen ordentlichen Wohnsitz, in Ermangelung eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, bei den zur Schulentlassung kommenden Schülern allgemeinbildender Schulen von dem Arbeitsamt, in dessen Bezirk die Schule gelegen ist, und bei einem eigens eingerichteten Arbeitsamt, wenn die Größe der Zahl der Ratsuchenden die Einrichtung rechtfertigt.

    (2) Sonderdienste der Berufsberatung können vom Bundesministerium für soziale Verwaltung,

    den Landesarbeitsämtern oder einem anderen als dem sonst zuständigen Arbeitsamt für einen

    über seinen Arbeitsamtsbezirk hinausgehenden Bereich durchgeführt werden, wenn die Beratung eines bestimmten Personenkreises besondere Qualifikationen des beratenden Personals, erfordert und die geringe Zahl der zu Beratenden dieses Personenkreises die Einrichtung von entsprechenden Sonderdiensten bei dem sonst zuständigen Arbeitsamt nicht rechtfertigt.

    (3) Zur Durchführung der Berufsberatung sind in dem hiefür erforderlichen Ausmaß insbesondere zu erstellen und zu führen:

  2. Vormerkungen über die Ratsuchenden hinsichtlich ihrer beruflichen Befähigung und den angestrebten Beruf,

    b) Vormerkungen über Aufträge zur Besetzung offener Lehrstellen und sonstiger Ausbildungsplätze sowie über die Arbeitsbedingungen und Voraussetzungen, unter denen sie besetzt werden sollen,

    c) berufskundliche Unterlagen, die vor allem Berufsbilder, Berufsausbildungsrichtlinien und vergleichbare Aussagen über die Berufsanforderungen,

    Berufsaussichten in ihrer langfristigen volkswirtschaftlichen Entwicklung sowie Verdienstmöglichkeiten der einzelnen Berufe zu enthalten haben.

    § 5. (1) Den Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung obliegt es unter anderem, im Einvernehmen mit den Schulleitungen für die Abhaltung einer berufsaufklärenden Unterrichtung durch Berufsberater in der Schule zu sorgen,

    und zwar für Schüler a) der 8. Schulstufe der Volks-, Haupt- und Sonderschulen,

    b) niedrigerer Schulstufen der Volks-, Haupt-

    und Sonderschulen, sofern sie durch den Besuch dieser Schulstufe das neunte Jahr der allgemeinen Schulpflicht erfüllen,

    c) des Polytechnischen Lehrganges

    (2) Darüber hinaus haben die Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung auf Ersuchen der Schulbehörde Fachleute zur Ergänzung des berufsorientierenden Unterrichtes im Polytechnischen Lehrgang zur Verfügung zu stellen und die Schule über deren Wunsch bei generellen Maßnahmen der Berufswahlvorbereitung, wie Führungen in berufskundliche Ausstellungen, in Betriebe und zu Filmveranstaltungen, zu unterstützen.

    (3) Die Vorschriften der Abs. 1 und 2 mit Ausnahme der den Polytechnischen Lehrgang betreffenden Bestimmungen gelten sinngemäß

    hinsichtlich der allgemeinbildenden höheren Schulen bezüglich entsprechender Maßnahmen für die Schüler der beiden letzten Schulstufen.

    § 6. (1) Zu Beginn des Schuljahres haben die Volks-, Haupt- und Sonderschulen sowie die Polytechnischen Lehrgänge alle im § 5 Abs. 1

    unter lit. a bis c genannten Schüler dem nach dem Standort der Schule zuständigen Arbeitsamt nach Maßgabe des Abs. 4 zu melden.

    (2) Die allgemeinbildenden höheren Schulen haben jene Schüler, die nach Erfüllung ihrer Schulpflicht die Schule verlassen, sobald dies bekannt wird, und überdies die Schüler der beiden letzten Schulstufen zu Beginn des Schuljahres dem nach dem Standort der Schule zuständigen Landesarbeitsamt nach Maßgabe des Abs. 4 zu melden.

    (3) Die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen haben alle vorzeitig ausscheidenden Schüler dem nach ihrem Standort zuständigen Arbeitsamt nach Maßgabe des Abs. 4 zu melden.

    (4) Das Bundesministerium für soziale Verwaltung hat die Form der Meldungen und die inhaltliche Gestaltung der Formulare der Berufsberatungskarten im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Unterricht, soweit davon land- und forstwirtschaftliche Schulen betroffen sind, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, festzusetzen.

    (5) Die in den Abs. 1 und 2 genannten Schulen haben bei Vorliegen einer schriftlichen Einverständniserklärung des Erziehungsberechtigten

    (§ 39 Jugendwohlfahrtsgesetz, BGBl...

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