Entscheidungs 16Ok4/15x. OGH, 01-12-2015

ECLIECLI:AT:OGH0002:2015:0160OK00004.15X.1201.000
Date01 Diciembre 2015
Record NumberJJT_20151201_OGH0002_0160OK00004_15X0000_000
Judgement Number16Ok4/15x
CourtOberster Gerichtshof (Österreich)
Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm und Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Haas und Dr. Dernoscheg als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeswettbewerbsbehörde, 1020 Wien, Praterstraße 31, gegen die Antragsgegner 1. F***** GmbH, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. P***** GmbH, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Wien, 3. P***** AG-*****, vertreten durch Dr. Roland Weinrauch, Rechtsanwalt in Wien, 4. T***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Karin Wessely, Rechtsanwältin in Wien, 5. B*****, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 1. Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, 2. Geldbußen gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG 2005 sowie § 142 Z 1 lit b und d KartG 1988, 3. Geldbuße gemäß § 29 Z 2 lit c KartG 2005, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 28. Oktober 2014, GZ 27 Kt 23, 24/09, 27 Kt 22/10-216, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

B e g r ü n d u n g :

I. Festgestellter wesentlicher Sachverhalt

Zum Flüssiggasmarkt:

Flüssiggas wird in Haushalten und von gewerblichen und industriellen Verbrauchern hauptsächlich zu Heizzwecken, bei der Warmwasserbereitung und zum Kochen verwendet. Tankflüssiggas ist physikalisch und chemisch ein homogenes Produkt.

Die in Österreich abgesetzte Menge an Flüssiggas wird einerseits in der Raffinerie der OMV produziert und andererseits sowohl aus den umliegenden Ländern als auch aus weiter entfernten Staaten wie zB Kasachstan importiert. Im Jahr 2009 beliefen sich die Importe an Flüssiggas auf 112.171 t und die Exporte auf 7.736 t. In der Raffinerie wurden 39.792 t ausgestoßen. Der Gesamtverbrauch im Jahr 2009 betrug 142.877 t.

Flüssiggas muss der ÖNORM C 1301 entsprechen. Diese regelt, welche Komponenten Flüssiggas enthalten darf und welchen Reinheitsgrad es haben muss. Die Vorschriften sind in Österreich und Deutschland gleich, eine europaweite Harmonisierung gibt es nicht.

Flüssiggas wird für Gasflaschen (mit Füllmengen zwischen 5,5 kg und 35 kg), für Flüssiggastanks für den mehrheitlich häuslichen Gebrauch und für Flüssiggastanks für den Gebrauch von Gewerbe und Industrie verwendet.

Gegenstand des Verfahrens ist Tankflüssiggas für Tanks mit maximal 2,2 t Fassungsvermögen („Kleintanks“), somit vorwiegend für den häuslichen Gebrauch und für Kleingewerbe. In Österreich gibt es etwa 40.000 Flüssiggastanks

Eine mit Flüssiggas betriebene Heizungsanlage besteht aus dem Flüssiggastank, der außerhalb des Gebäudes entweder als Oberflurtank relativ leicht aufzustellen und wieder zu entfernen ist oder als Unterflurtank in das Gelände eingegraben wird. Am Tank sind verschiedene Armaturen wie Regler und Sicherheitsventile angebracht. Vom Tank führen Rohrleitungen zum Gebäude und im Gebäude zum Verbrauchsgerät (Gasbrenner). Die Rohrleitungsanlage ist fix mit der Liegenschaft verbunden und steht im Eigentum des jeweiligen Liegenschaftseigentümers.

Eigentankkunden kaufen den Tank und tragen die übrigen Kosten der Installation der Anlage. Sie können den Lieferanten des Flüssiggases frei wählen. Da diese Kosten in der Größenordnung von mehreren Tausend Euro für die Kunden im Hinblick auf die oft enge finanzielle Situation bei Fertigstellung eines Eigenheims eine erhebliche Belastung bedeuten, bieten fast alle Flüssiggaslieferanten ein Miettankmodell an. Bei diesem verbleibt der Flüssiggastank im Eigentum der Flüssiggasfirma, die sich in der Regel vertraglich das alleinige Recht der Befüllung des Flüssiggastanks für die Dauer des Mietvertrags vorbehält. Bei dieser Variante entfällt jedenfalls der Kauf des Tanks. Die Lieferung des Tanks sowie die Errichtung und Montage einschließlich des behördlichen Genehmigungsverfahrens sind in der Regel durch die vom Vermieter verrechneten Anschlusskosten abgedeckt. Die Erd-, Grabungs-, Stemm-, Elektro- und Kernbohrarbeiten sowie Endgeräte sind in jedem Fall vom Kunden zu zahlen.

Die jährlichen Kosten für den Betrieb der Heizungsanlage umfassen die Positionen Kauf des Flüssiggases, Transportkosten (Zustellgebühr), Wartungs- und Servicekosten inklusive der vorgeschriebenen Überprüfungen und Miete. Dabei fallen die ersten drei Positionen auf jeden Fall an.

Sicherheitsaspekte:

Die Richtlinie 97/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 5. 1997 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Druckgeräte wurde in Österreich durch die Druckgeräteverordnung BGBl II 1999/426 umgesetzt und betrifft ua die Herstellung von Flüssiggastanks.

Die Druckbehälter-Aufstellungsverordnung BGBl II 1998/361 regelt die Aufstellung von Druckbehältern zur Lagerung von Gasen. Sie befasst sich mit Gefahren, die von außen auf den Druckbehälter einwirken können, etwa externe Brandlasten und unbefugter Zutritt.

Die Druckgeräteüberwachungsverordnung BGBl II 2004/420 enthält Vorschriften für wiederkehrende Prüfungen von Druckbehältern, zu denen auch Flüssiggastanks gehören. In den Sonderbestimmungen Anlage 3 sind unter Punkt 3 Regelungen für Flüssiggasbehälter enthalten, so auch die Überwachungsmaßnahmen im Rahmen wiederkehrender Prüfungen und Untersuchungen. Danach sind äußere Untersuchungen alle drei Jahre, innere Untersuchungen und Druckprüfungen für Flüssiggasbehälter mit hoher Güte alle 15 Jahre, für solche ohne hohe Güte alle 12 Jahre jeweils von einer Kesselprüfstelle oder einer akkreditierten Prüf- bzw Überwachungsstelle iSd § 21 des Kesselgesetzes BGBl 1992/211 durchzuführen.

Eine erste Betriebsprüfung findet unmittelbar nach dem Aufstellen des Flüssiggastanks statt. Die Hauptuntersuchung wird meistens als Schallemissionsprüfung und nur in seltenen Fällen als Wasserdruckprüfung durchgeführt.

Gemäß § 16 Abs 1 Kesselgesetz hat der Betreiber eines Druckgeräts eine Kesselprüfstelle zeitgerecht, jedoch mindestens vier Wochen vor Ablauf der Revisionsfrist mit der Durchführung der wiederkehrenden Untersuchungen nachweislich schriftlich zu beauftragen.

Auf einem Aufkleber am Flüssiggastank ist ersichtlich, ob und wann die letzte Überprüfung durchgeführt wurde und wann die nächste Prüfung stattzufinden hat. Von Flüssiggasunternehmen dürfen nur Tanks befüllt werden, die nachweislich regelmäßig überprüft wurden. Sollte eine Überprüfung bereits fällig sein, ist eine Befüllung des Tanks nicht erlaubt. Diese Vorschriften werden von den Antragsgegnern strikt eingehalten, von ihren Mitbewerbern jedoch nicht immer.

Etwa 90 % der Flüssiggastanks in Österreich werden von der TÜV Austria Services GmbH und der KKS Kesselprüf- und Korrosions-Schutz GmbH, die restlichen 10 % der Flüssiggastanks von den übrigen Kesselprüfstellen überprüft.

Serviceleistungen wie der Austausch von Druckreglern, die Behebung von leichten Undichtheiten und die Erneuerung des Anstrichs bei Oberflurtanks sind sicherheitsrelevant. Ein zu dunkler Anstrich würde zu viel Wärme aufnehmen und einen unzulässigen Druckanstieg zur Folge haben, der über das Sicherheitsventil ausgeblasen und zu Gasfreisetzung führen würde. Aus der Sicht der Kesselprüfstellen sind Alleinbezugsverpflichtungen der Flüssiggaskunden mit einem bestimmten Flüssiggasunternehmen zu befürworten, da das Flüssiggasunternehmen bei seinen Kunden für die regelmäßige Durchführung der wiederkehrenden Überprüfungen sorgt.

Österreichische Flüssiggasunternehmen garantieren, dass Flüssiggas der ÖNORM C 1301 entspricht und damit einen bestimmten Feuchtigkeitsgrad nicht überschreitet. Dies minimiert die Gefahr der Korrosion des Tanks von innen. Bei sehr alten Gastanks kann es vorkommen, dass über die Jahre Gas mit einem zu hohen Wasseranteil eingefüllt wurde, was Korrosion zur Folge hat. Wenn dies nicht rechtzeitig erkannt wird, kommt es zu Gasaustritten an den Schweißnähten. Dies kann zu einer Explosion führen, wenn das Gas mit einer Zündquelle in Berührung kommt, bevor es sich verflüchtigt. Derartige Tanks sind somit eine potenzielle Gefahrenquelle. Von einem Mitbewerber der Antragsgegner wurde auch Gas geliefert, das nicht den Anforderungen der ÖNORM C 1301 entsprach.

Die Entsorgung von Gastanks durch die Kunden selbst ist risikobehaftet, da diese die in ihrem Eigentum stehenden Gastanks allenfalls nicht völlig entleert zum Altmetallhändler bringen. Daraus resultierende Unfälle kommen etwa alle zwei bis drei Jahre vor.

Moderne Tanks verfügen über einen kathodischen Korrosionsschutz. Ältere Tanks müssen innerhalb der nächsten Jahre nachgerüstet oder ausgetauscht werden.

Bei Flüssiggastanks, die nicht im Eigentum von Flüssiggasunternehmen stehen und von diesen befüllt werden, gibt es ein erhöhtes Sicherheitsrisiko, da die regelmäßige Überprüfung durch die Kunden selbst organisiert wird und daher nicht zu 100 % gewährleistet ist. So kommt es vor, dass Tankeigentümer den Tank bei einer Kesselprüfstelle abmelden und ihn dennoch weiter betreiben, um sich die Kosten für die Überprüfung zu ersparen.

Die von Flüssiggasunternehmen gewarteten Tanks sind in einem besseren technischen Zustand als Eigentanks.

Enthält das Gas einen zu hohen Butananteil, kann es geschehen, dass bei mehreren Befüllungen der Butananteil im Tank so hoch wird, sodass die Anlage nicht mehr betrieben werden kann. Da bei großer Kälte zuerst Propan als druckhöherer Anteil verdampft, verbleibt das im Flüssiggas enthaltene Butan im Tank. Wird diese Menge zu groß, ist es möglich, dass die Anlage nicht mehr funktioniert. Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ist damit nicht verbunden, allerdings der Ausfall der Heizungsanlage, der bei Kälte für den Kunden einen erheblichen Nachteil darstellt.

Zur individuellen Marktmacht der Antragsgegner:

Aus ökonomischer Sicht ist Flüssiggas ein „Sekundärprodukt“, dh es kann nur zusammen mit einem komplementären...

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