Entscheidungstexte nº G28/2018. VfGH. 27-06-2018

ECLIECLI:AT:VFGH:2018:G28.2018
Date27 Junio 2018
VERFASSUNGSGERICHTSHOF
Verfassungsgerichtshof
Freyung 8, A-1010 Wien
www.verfassungsgerichtshof.at
G 28/2018-13
27. Juni 2018
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz der Präsidentin
Dr. Brigitte BIERLEIN,
in Anwesenheit des Vizepräsidenten
DDr. Christoph GRABENWARTER
und der Mitglieder
Dr. Markus ACHATZ,
Dr. Sieglinde GAHLEITNER,
Dr. Andreas HAUER,
Dr. Christoph HERBST,
Dr. Michael HOLOUBEK,
Dr. Helmut HÖRTENHUBER,
Dr. Claudia KAHR,
Dr. Georg LIENBACHER,
Dr. Michael RAMI und
Dr. Ingrid SIESS-SCHERZ
sowie der Ersatzmitglieder
Dr. Nikolaus BACHLER und
Dr. Lilian HOFMEISTER
als Stimmführer, im Beisein der verfassungsrechtlichen Mitarbeiterin
Mag. Antonia GIRARDI
als Schriftführerin,
G 28/2018-13
27.06.2018
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über den Antrag des ********************, dzt. **********************,
*******************************, **** ****, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Bernhard Krump, Bundesstraße 95, 8077 Gössendorf, auf Aufhebung des
§ 334 StPO sowie einer näher bezeichneten Wortfolge in § 341 Abs. 1 StPO in
seiner heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 140 B-VG zu Recht erkannt:
Der Antrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. d B-VG gestützten Antrag
begehrt der Antragsteller, "§ 334 StPO zur Gänze" und "in § 341 Abs. 1 StPO die
Wortfolge 'oder den Beschluss auf Aussetzung der Entscheidung (§ 334), diesen
ohne Begründung' als verfassungswidrig aufzuheben".
II. Rechtslage
Die §§ 334 und 341 der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl. 631/1975,
idF BGBl. 526/1993, lauten (die angefochtenen Bestimmungen bzw. die ange-
fochtene Wortfolge sind hervorgehoben):
"9. Weiteres Verfahren bis zur gemeinsamen Beratung über die Strafe
§ 334. (1) Ist der Schwurgerichtshof einstimmig der Ansicht, daß sich die Ge-
schworenen bei ihrem Ausspruch in der Hauptsache geirrt haben, so beschließt
er ohne einen darauf abzielenden Antrag zuzulassen , daß die Entscheidung
ausgesetzt und die Sache dem Obersten Gerichtshofe vorgelegt werde. Betrifft
der Irrtum der Geschworenen nur den Ausspruch über einen von mehreren
Angeklagten oder den Ausspruch über einzelne von mehreren Anklagepunkten
und bestehen gegen die gesonderte Verhandlung und Entscheidung keine Be-
denken, so hat sich die Aussetzung der Entscheidung auf diesen Angeklagten
oder diesen Anklagepunkt zu beschränken und bleibt ohne Einfluß auf die übri-
gen. Ist die Entscheidung über einen oder mehrere denselben Angeklagten
betreffende Anklagepunkte ausgesetzt worden, so sind die Bestimmungen des
§ 264 dem Sinne nach anzuwenden.
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(2) Der Oberste Gerichtshof verweist die Sache vor ein anderes Geschworenen-
gericht desselben oder eines anderen Sprengels, wenn aber nur noch über eine
strafbare Handlung zu entscheiden ist, die für sich allein nicht vor das Geschwo-
renengericht gehört, an das von ihm zu bezeichnende sachlich zuständige Ge-
richt.
(3) Bei der wiederholten Verhandlung darf keiner der Richter den Vorsitz führen
und keiner der Geschworenen zugelassen werden, die an der ersten Verhand-
lung teilgenommen haben.
(4) Stimmt der Wahrspruch des zweiten Geschworenengerichtes mit dem des
ersten überein, so ist er dem Urteile zugrunde zu legen.
[…]
§ 341. (1) Der Vorsitzende verkündet sodann in der öffentlichen Gerichtssitzung
in Gegenwart des Anklägers, des Angeklagten (§§ 234, 269) und des Verteidigers
das Urteil samt den wesentlichen Gründen oder den Beschluß auf Aussetzung
der Entscheidung (§ 334), diesen ohne Begründung.
(2) Anschließend belehrt der Vorsitzende den Angeklagten über die ihm zu-
stehenden Rechtsmittel."
III. Sachverhalt, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1.1. Mit Anklageschrift vom 18. Mai 2017 legte die Staatsanwaltschaft Graz dem
Antragsteller die Verbrechen des versuchten Mordes gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 75
StGB und der (teilweise versuchten) Brandstiftung gemäß § 169 Abs. 1 StGB
sowie nach Einbeziehung eines von der Staatsanwaltschaft Leoben erhobenen
Strafantrages das Vergehen der Sachbeschädigung gemäß § 125 StGB zur Last.
1.2. Mit Urteil vom 22. September 2017, 11 Hv 52/17h, befand das Landesgericht
für Strafsachen Graz den Antragsteller des Vergehens der Sachbeschädigung
gemäß § 125 StGB für schuldig und verhängte über ihn eine Freiheitsstrafe im
Ausmaß von vier Monaten, sprach ihn aber hinsichtlich des Vorwurfs der (teil-
weise versuchten) Brandstiftung gemäß (§ 15 Abs. 1 StGB iVm) § 169 Abs. 1 StGB
frei. Gleichzeitig beschloss der Schwurgerichtshof, die Entscheidung der Ge-
schworenen zum Vorwurf des versuchten Mordes auszusetzen und die Sache
dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.
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