Bundesgesetz über die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Niederlassung von Rechtsanwälten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992 ? EWR-RAG 1992) sowie Änderungen der Rechtsanwaltsordnung, des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes und des Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetzes

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I Bundesgesetz über die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs und die Niederlassung von Rechtsanwälten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Rechtsanwaltsgesetz 1992 — EWR-RAG 1992).

  1. Abschnitt Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs

    § 1. Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, die berechtigt sind, unter einer der in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführten Bezeichnungen beruflich tätig zu werden (ausländische Rechtsanwälte), dürfen, soweit sie Dienstleistungen im Sinn des Art. 37 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erbringen, in der Republik Österreich vorübergehend rechtsanwaltliche Tätigkeiten wie ein in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragener Rechtsanwalt erbringen, wobei sie jedoch den sich aus den Bestimmungen dieses Abschnitts ergebenden Beschränkungen unterliegen.

    § 2. (1) Der ausländische Rechtsanwalt hat bei Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs die Berufsbezeichnung, die er im Staat seiner Niederlassung (Herkunftsstaat) nach dem dort geltenden Recht zu führen berechtigt ist, zu verwenden und entweder das Gericht, bei dem er nach dem Recht des Herkunftsstaats zugelassen ist, oder die Berufsorganisation, der er angehört, anzugeben.

    (2) Will er in Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs Dienstleistungen in der Republik Österreich erbringen, so hat er dem Gericht oder der Behörde, vor der er auftritt, auf Verlangen seine Berechtigung nach § 1 nachzuweisen. Wird dieses Verlangen gestellt, so darf er die Tätigkeit erst ausüben, wenn der Nachweis erbracht ist.

    (3) Im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht nach § 6 Abs. 1 kann auch die zuständige Rechtsanwaltskammer von dem in der Republik Österreich tätigen ausländischen Rechtsanwalt den Nachweis seiner Berechtigung nach § 1 verlangen.

    § 3. (1) Bei Ausübung einer Tätigkeit, die mit der Vertretung oder Verteidigung eines Mandanten im Bereich der Rechtspflege oder vor Behörden zusammenhängt, hat der ausländische Rechtsanwalt die Stellung eines in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalts, insbesondere dessen Rechte und Pflichten, soweit diese nicht die Zugehörigkeit zu einer Rechtsanwaltskammer oder den Kanzleisitz betreffen. Vor der erstmaligen Ausübung einer derartigen Tätigkeit in der Republik Österreich hat er die zuständige Rechtsanwaltskammer (§ 6 Abs. 1) schriftlich zu verständigen.

    (2) Bei der Ausübung sonstiger rechtsanwaltlicher Tätigkeiten hat der ausländische Rechtsanwalt die in der Republik Österreich geltenden Regeln für die Ausübung der Rechtsanwaltschaft soweit einzuhalten, als sie von ihm als ausländischem Rechtsanwalt beachtet werden können, und nur insoweit, als ihre Einhaltung objektiv gerechtfertigt ist, um eine ordnungsgemäße Ausübung der Tätigkeit des Rechtsanwalts sowie die Beachtung der Würde des Berufes und der Unvereinbarkeiten zu gewährleisten.

    § 4. (1) In Verfahren, in denen sich die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen oder ein Verteidiger beigezogen werden muß, darf der ausländische Rechtsanwalt als Vertreter oder Verteidiger einer Partei nur im Einvernehmen mit einem in die Liste einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalt (Einvernehmensrechtsanwalt) handeln. Diesem obliegt es, beim ausländischen Rechtsanwalt darauf hinzuwirken, daß er bei der Vertretung oder Verteidigung die Erfordernisse einer geordneten Rechtspflege beachtet. Zwischen dem inländischen Rechtsanwalt und der Partei kommt kein Vertragsverhältnis zustande, sofern die Beteiligten nichts anderes bestimmt haben.

    (2) Das Einvernehmen ist bei der ersten Verfahrenshandlung gegenüber dem Gericht schriftlich nachzuweisen. Ein Widerruf des Einvernehmens ist dem Gericht schriftlich mitzuteilen. Er hat Wirkung nur für die Zukunft. Verfahrenshandlungen, für die der Nachweis des Einvernehmens im Zeitpunkt ihrer Vornahme nicht vorliegt, gelten als nicht von einem Rechtsanwalt vorgenommen. Sowohl die Herstellung als auch ein allfälliger Widerruf des Einvernehmens sind vom Einvernehmensrechtsanwalt schriftlich seiner Rechtsanwaltskammer bekanntzugeben.

    § 5. Für Zustellungen in gerichtlichen und behördlichen Verfahren hat der ausländische Rechtsanwalt bei seiner ersten Verfahrenshandlung einen im Inland wohnhaften Zustellungsbevollmächtigten namhaft zu machen. Wurde kein Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht, so gilt in den im § 4 Abs. 1 angeführten Verfahren der Einvernehmensrechtsanwalt als Zustellungsbevollmächtigter. In allen anderen Fällen ist in sinngemäßer Anwendung des § 10 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzugehen und die Zustellung nach erfolgloser Aufforderung an den ausländischen Rechtsanwalt durch Hinterlegung beim Gericht oder bei der Behörde vorzunehmen.

    § 6. (1) Der ausländische Rechtsanwalt unterliegt bei Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Aufsicht der Rechtsanwaltskammer (§ 23 der Rechtsanwaltsordnung) und der Disziplinarbehandlung durch den Disziplinarrat und die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission in sinngemäßer Anwendung des Disziplinarstatuts 1990 (DSt 1990), BGBl. Nr. 474. Die Zuständigkeit der Rechtsanwaltskammer richtet sich nach dem Ort der inländischen Dienstleistungserbringung, die Zuständigkeit im Disziplinarverfahren nach dem Ort der Begehung des...

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT