Bundesgesetz vom 12. Juli 1962 zur Bereinigung des Forstrechtes (Forstrechts-Bereinigungsgesetz).

Der Nationalrat hat beschlossen:

ABSCHNITT I.

Bringung zu Lande.

A. Bringung.

§ 1. Bringung.

(1) Eine Bringung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Beförderung von Holz oder sonstigen Forstprodukten aus dem Wald vom Gewinnungsort bis zum Lagerplatz, zum Anschluß

an das öffentliche Verkehrsnetz, zum Markte oder zu den Stätten weiterer Verarbeitung.

(2) Die Bringung umfaßt auch die in ihrem Zuge auftretende Zwischenlagerung und den Transport der zur Bringung notwendigen Geräte zum Gewinnungsort.

(3) Die Bringung hat so zu erfolgen, daß

Boden und Bestände möglichst geschont werden,

neue Runsen oder Wasserläufe nicht entstehen oder die Wasserführung in bestehenden Runsen oder Wasserläufen nicht beeinträchtigt wird.

§ 2. Forstliche Bringungsanlagen.

(1) Forstliche Bringungsanlagen zu Lande im Sinne dieses Bundesgesetzes (kurz Bringungsanlagen genannt) sind Forstwege (Abs. 2), Waldbahnen

(Abs. 3), Materialseilbahnen (Abs. 4)

und Riesen (Abs. 5).

(2) Ein Forstweg ist eine für den nicht-öffentlichen Verkehr von Fuhrwerken oder Kraftfahrzeugen bestimmte Anlage samt den in ihrem Zuge befindlichen dazugehörigen Bauwerken und Nebenanlagen, die vorzugsweise der Bringung und dem wirtschaftlichen Verkehr innerhalb der Waldungen sowie deren Anschluß an das öffentliche Verkehrsnetz dienen soll.

(3) Eine Waldbahn ist eine Schienenbahn ohne

öffentlichen oder beschränkt-öffentlichen Verkehr

(§§ 9 und 51 Abs. 4 des Eisenbahngesetzes,

BGBl. Nr. 60/1957), die Bestandteil eines forstlichen Betriebes ist und vorwiegend der Bringung dient.

(4) Eine Materialseilbahn ist eine der Bringung dienende Seilförderanlage mit Tragseil ohne beschränkt-öffentlichen Verkehr.

(5) Eine Riese ist eine im geneigten Gelände verlaufende künstlich angelegte oder natürliche Gleitbahn, auf der das Holz ohne besondere Antriebsvorrichtungen vermöge seines eigenen Gewichtes oder unter einfachster Nachhilfe durch Handarbeit zu Tal gleitet.

§ 3. Allgemeine Vorschriften für Bringungsanlagen.

(1) Bringungsanlagen sind so zu planen, zu errichten und zu erhalten, daß unter Berücksichtigung technischer und wirtschaftlicher Gesichtspunkte Waldboden und Bestand möglichst geschont werden, insbesondere a) ertragsfähiger Waldboden nicht unnötig in Anspruch genommen wird oder b) in den Waldbestand nur so weit eingegriffen wird, als es die Erschließung des Waldes notwendig macht.

(2) Durch die Errichtung, Erhaltung und Benützung von Bringungsanlagen darf nicht a) eine gefährliche Erosion herbeigeführt,

  1. die Entstehung von Lawinen begünstigt,

  2. die Gleichgewichtslage von Rutschgelände gestört oder d) der Abfluß von Niederschlagswässern so ungünstig beeinflußt werden, daß Gefahren oder Schäden landeskultureller Art heraufbeschworen werden oder daß die fernere Holzzucht gefährdet oder unmöglich gemacht wird.

    (3) Eingriffe der im Abs. 2 umschriebenen Art sind jedoch zulässig, wenn sie im Zuge der Errichtungs-

    oder Erhaltungsarbeiten unvermeidlich und vorübergehender Art sind. Sie müssen jedoch spätestens mit Beendigung der Bauarbeiten wieder beseitigt oder abgesichert werden.

    § 4. Planung und Bauaufsicht.

    (1) Bringungsanlagen dürfen nur auf Grund einer Planung und unter Bauaufsicht hiezu befugter Fachkräfte errichtet werden.

    (2) Befugte Fachkräfte im Sinne des Abs. 1

    sind a) die Fachorgane der forsttechnischen Richtung der Behörden,

  3. die Fachorgane der forsttechnischen Richtung der Landwirtschaftskammern,

  4. Ziviltechniker für das Forstwesen und d) Forstwirtschaftsführer für Bringungsanlagen ihres eigenen Dienstbereiches und für Bringungsanlagen über fremde Grundstücke dann, wenn sie mit solchen ihres eigenen Dienstbereiches örtlich zusammenhängen.

    § 5. Bewilligungspflichtige Bringungsanlagen.

    (1) Die Errichtung folgender Bringungsanlagen bedarf der Bewilligung der Behörde (§ 79)

  5. Waldbahnen,

  6. ortsfeste Materialseilbahnen,

  7. nicht ortsfeste Materialseilbahnen, wenn sie

    über oder unter ortsfesten Materialseilbahnen oder entlang fremder Gebäude führen,

  8. Forstwege, wenn sie durch ein Arbeitsfeld der Wildbach- und Lawinenverbauung

    (§ 1 des Gesetzes vom 30. Juni 1834, RGBl,

    Nr. 117, betreffend Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern)

    führen, und e) alle sonstigen Bringungsanlagen, wenn durch das Bauvorhaben öffentliche Interessen der Militärverwaltung, der Eisenbahnunternehmungen,

    des Luftverkehrs, des Bergbaues, der Post- und Telegraphenverwaltung,

    der öffentlichen Straßen und Wege und der Elektrizitätsanlagen berührt werden.

    (2) Die Bewilligung hat in den Fällen des Abs. 1

  9. c bis e zu entfallen, wenn die zur Wahrnehmung der öffentlichen Interessen gemäß Abs. 1

  10. d und e zuständigen Behörden oder, wenn es sich um Interessen Privater im Sinne des Abs. 1

  11. c handelt, diese dem Bauvorhaben zustimmen und der Waldeigentümer die Zustimmungserklärung spätestens bis zum Tage des Baubeginnes

    (Trassenaushieb) der Behörde vorlegt.

    (3) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die Bringungsanlage so geplant ist, daß sie a) den Bestimmungen des § 3 entspricht,

  12. unter Bedachtnahme auf die besonderen Verhältnisse im Wald oder Gebirge nach den in der technischen Praxis gewonnenen Erfahrungen widmungsgemäß benützt werden kann, ferner c) soweit es sich um Anlagen gemäß Abs. 1

  13. a bis c handelt, vom Standpunkt der Sicherheit des Betriebes aus unbedenklich ist,

  14. soweit es sich um Forstwege gemäß Abs. 1

  15. d handelt, Interessen der Wildbach-

    und Lawinenverbauung nicht beeinträchtigt oder e) soweit es sich um Anlagen gemäß Abs. 1

  16. e handelt, die angeführten öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt.

    (4) Im Bescheid, mit dem die Bewilligung erteilt wird, sind bei Bringungsanlagen gemäß

    Abs. 1 lit. a bis c die vom Standpunkte der Sicherheit und Ordnung des Betriebes aus, bei Bringungsanlagen gemäß Abs. 1 lit. d und e die zur Wahrung der angeführten öffentlichen Interessen erforderlichen Vorkehrungen vorzuschreiben.

    (5) Die Bringungsanlagen gemäß Abs. 1 lit. a bis c bedürfen auch zu ihrer Inbetriebnahme einer Bewilligung. Diese ist zu erteilen, wenn die Anlage gemäß der erteilten Bewilligung ausgeführt wurde.

    § 6. Bewilligungsverfahren.

    (1) Die Bewilligung im Sinne des § 5 hat der Bauwerber zu beantragen. Der Antrag hat alle für die Einleitung des Verfahrens notwendigen Angaben zu enthalten, insbesondere ist dem Antrag ein technischer Bericht samt Lageskizze in zweifacher Ausfertigung anzuschließen.

    (2) Im Verfahren sind Parteien im Sinne des

    § 8 AVG. 1950 auch die Eigentümer solcher Liegenschaften, die durch die Bringungsanlage in ihrer Nutzung oder Produktionskraft beeinflußt werden können.

    (3) Werden öffentliche Interessen berührt,

    deren Wahrnehmung anderen Behörden zusteht,

    so sind diese unbeschadet der etwa nach anderen Vorschriften erforderlichen Genehmigung oder Bewilligung zur Wahrung ihrer Interessen am Verfahren zu beteiligen.

    (4) Wurde gegen ein Bauvorhaben, gegen das sonst kein Anstand obwaltet, ein auf einem Privatrechtstitel gegründeter Einspruch erhoben,

    so ist vorerst auf eine gütliche Einigung hinzuwirken.

    Kommt eine Einigung nicht zustande,

    so ist die Bewilligung unter ausdrücklicher Anführung der durch den Bescheid nicht erledigten privatrechtlichen Einwendung zu erteilen, mit diesen sind die Parteien auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.

    (5) Die Bewilligung wird unwirksam, wenn binnen drei Jahren, vom Tage der Rechtskraft an, mit dem Bau nicht begonnen wurde.

    § 7. Waldflächen, die für eine Bringungsanlage beansprucht wurden.

    (1) Zur Schlägerung eines etwa bestehenden Bestandes auf der Fläche, die zur Errichtung einer Bringungsanlage erforderlich ist, bedarf es keiner besonderen Bewilligung oder Anzeige weder nach diesem Bundesgesetz noch nach den im § 86 Abs. 1 angeführten Vorschriften. Diese Fläche bleibt auch weiterhin Waldboden, die Verpflichtung zur Aufforstung ruht jedoch bis zum Zeitpunkt der Auflassung der Bringungsanlage.

    (2) Die Bestimmung des Abs. 1 gilt auch für im Wald gelegene, von einem Forstweg abzweigende Hofzufahrtswege.

    (3) Nach Auflassung einer Bringungsanlage ist die für die Bringungsanlage beanspruchte Waldfläche in einem nach den forstwirtschaftlichen Grundsätzen ehestmöglichen Zeitpunkte wieder in einen ertragsfähigen Waldboden überzuführen und in Bestand zu nehmen.

    (4) Ist die Überführung, gemessen an dem Ausmaß des ertragsfähigen Bodens, der gewonnen werden kann, unwirtschaftlich, so kann hievon zur Gänze oder zum Teil abgesehen werden. Der Waldeigentümer hat jedoch alle Vorkehrungen zu treffen, die geeignet sind, eine Gefährdung der Holzzucht hintanzuhalten. Soll der Boden der aufgelassenen Bringungsanlage anderen als forstwirtschaftlichen Zwecken zugeführt werden, so ist hiefür eine Rodungsbewilligung einzuholen. In diesem Verfahren kommt öffentlichen Eisenbahnunternehmungen,

    die durch die Rodungsbewilligung in der Erfüllung ihrer Verkehrsaufgaben beeinträchtigt werden könnten, Parteistellung zu.

    § 8. Anzeigepflichtige Forstwege.

    (1) Die Errichtung von Forstwegen, die im Sinne des § 5 nicht bewilligungspflichtig sind, hat der Waldeigentümer der Behörde anzuzeigen. Die Anzeige hat den Namen des mit der Planung und Bauaufsicht (§ 4) betrauten Forstwirtes und die wesentlichen Angaben über das Bauvorhaben

    (wie Lageskizze, technische Angaben) zu enthalten.

    (2) Die Behörde hat binnen vier Wochen, vom Tage des Einlangens der Anzeige an, das Bauvorhaben,

    auch ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren,

    zu untersagen, wenn das Bauvorhaben a) nicht den Bestimmungen der §§ 3, 4,

    5 Abs. 3 lit. b entspricht oder b) Rechte Dritter (§ 6 Abs. 2) berührt werden und eine Erklärung dieser, dem Bauvorhaben zuzustimmen, nicht vorliegt.

    (3) Auf das weitere Verfahren sind die Vorschriften des § 57 Abs. 2 und 3 AVG. 1950 anzuwenden.

    (4) Mit dem Bau darf begonnen werden, wenn die Behörde a) die Ausführung des Bauvorhabens innerhalb der Frist von vier Wochen...

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