Rechtssätze nº G62/2018. VfGH. 04-10-2018

ECLIECLI:AT:VFGH:2018:G62.2018
Date04 Octubre 2018
04.10.2018
www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 2
Gericht
Verfassungsgerichtshof
Entscheidungsdatum
04.10.2018
Geschäftszahl
G62/2018
Leitsatz
Keine Verfassungswidrigkeit einer Strafbestimmung des Arbeitsvertragsrechts-AnpassungsG betreffend
die Nicht-Bereitstellung von Lohnunterlagen; Höhe der Geldstrafe kein taugliches Zuordnungskriterium
zur Abgrenzung von gerichtlichem Strafrecht und Verwaltungsstrafrecht; keine Bedenken gegen
unterschiedliche verfahrensrechtliche Regelungen für Beschuldigte in den eigenständigen
Ordnungssystemen Verwaltungsstrafverfahre n und gerichtliches Strafverfahren, sofern die
Verfahrensgesetze in sich gleichheitskonform sind; keine Unverhältnismäßigkeit der sich am Strafzweck
orientierenden Strafhöhe
Rechtssatz
Abweisung des - zulässige n - Antrags des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) auf
Feststellung, dass §7i Abs4 AVRAG idF BGBl I 113/2015 verfassungswidrig war.
Offenkundiger konkreter Regelungszusammenhang der unterschiedlichen T atbestände in §7i Abs4 Z1, Z2
und Z3 AVRAG sodass der Anfechtungsumfang, festzustellen, dass §7i Abs4 AVRAG zur Gänze
verfassungswidrig war, nicht zu weit gefasst ist. Keine untrennbare Einheit des §7i Abs4 AVRAG mit
§22 VStG und keine Präjudizialität des in §22 Abs2 VStG gere gelten Kumulationsprinzips. Kein
Eingehen auf die Bedenken z ur Verhängung einer (erheblichen) (Ersatz-)Freiheitsstrafe, weil §16 VStG
nicht mit angefochten ist. Angesichts der verschiedenartigen Bedenken des antragstellenden Gerichtes ist
der Antrag aber nicht schon deshalb zur Gänze unzulässig, weil das antragstellende Gericht hinsichtlich
eines Aspekts seines Vorbringens nicht die Aufhebung aller anzufechtenden Bestim mungen beantragt hat.
Kein Eingehen darauf, aus welchen Grü nden §7i Abs4 AVR AG im Lichte anderer
Verfassungsbestimmungen eine Verfassungswidrigkeit anzulasten sei, mangels Ausführu ngen im Antrag.
Keine Verletzung von Art91 B-VG durch Verwaltungsstrafbestimmungen, die unter gewissen Umständen
zur Verhängung besonders hoher Geldstrafen ermächtigten:
Zwar ging der VfGH in stRsp davon aus, dass der Gesetzgeber von Verfas sungs wegen die Organe der
Strafgerichtsbarkeit mit der Ahndung von Ver halten zu betrauen habe, das als besonders sozialschädlich
bewertet und demgemäß mit schwerwiegender Str afe bedroht ist; an diesen Kriterien gemessen, könnte n
nach der Rsp auch Verfahren über die Verhängung von Geldstrafen in den Kernbereich der
Strafgerichtsbarkeit. Wie in VfSlg 1 3790/1994 festgestellt, betraf diese Rsp allerd ings durchwegs Fälle,
in denen jede einzelne in der Hinterziehung von Abgaben bestehende Straftat mit einer Strafe in d er Höhe
eines Vielfachen des Verkürzungsbetrages bedroht war, was zu außerordentlich hohen Strafen für die
einzelne Tat führen ko nnte. Damit sind aber jene Verwaltungsstraftatbestände nicht vergleichbar, die wie
auch die angefochtene Bestimmung auf die - gegebenenfalls lange fortgesetzte - Beschäftigung mehrerer
Ausländer und d ie darin liegende Vervielfachung des Unrechtsgehaltes auf eine Weise Bedacht nehmen,
die der Häufung von Straftaten und damit de m für das Verwaltungsstrafverfahren charakteristischen
Kumulationsprinzip entspricht. Derart konstruierte Straftatbestände führen nämlich zu einem ähnlichen
Ergebnis wie das in §22 Abs2 VStG geregelte - verfassungsrechtlich unbedenkliche -
Kumulationsprinzip.
Mit E v 13.12.2017, G408/2016 ua, hat der Gerichtshof - in Abkehr von seiner stRsp zur Abgrenzung des
gerichtlichen Strafrec hts und des Ver waltungsstrafrechts - jüngst festgehalten, dass die Hö he der
Geldstrafe für sich genommen kein taugliches Zuordnungskriterium darstellt.

Um weiterzulesen

FORDERN SIE IHR PROBEABO AN

VLEX uses login cookies to provide you with a better browsing experience. If you click on 'Accept' or continue browsing this site we consider that you accept our cookie policy. ACCEPT