VERTRAG ZWISCHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND DER TSCHECHOSLOWAKISCHEN SOZIALISTISCHEN REPUBLIK ÜBER DIE AUSLIEFERUNG

Der Nationalrat hat beschlossen:

Der Abschluß des nachstehenden Staatsvertrages wird genehmigt.

Der Bundespräsident der Republik Österreich und der Präsident der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik,

in dem Bestreben, die rechtlichen Beziehungen und den rechtlichen Verkehr zwischen den beiden Staaten zu vertiefen und zu erleichtern,

sowie von dem Wunsche geleitet, die Bestimmungen der Schlußakte der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa voll und ganz durchzuführen,

sind übereingekommen, den folgenden Vertrag zu schließen.

Zu diesem Zweck haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

Der Bundespräsident der Republik Österreich Dr. Willibald Pahr Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Österreich,

Der Präsident der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik Ing. Bohuslav Chňoupek Außenminister der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik,

die nach Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart haben:

Artikel 1

Die Vertragsstaaten verpflichten sich, einander auf Ersuchen nach den Bestimmungen dieses Vertrages Personen auszuliefern, die im ersuchenden Staat wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verfolgt oder zur Vollstreckung einer gerichtlichen Strafe oder vorbeugenden Maßnahme gesucht werden.

Artikel 2

Ersuchen um Auslieferung und Durchlieferung werden schriftlich gestellt. Der Schriftverkehr erfolgt zwischen dem Bundesminister für Justiz der Republik Österreich einerseits und dem Generalstaatsanwalt der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, dem Minister für Justiz der Tschechischen Sozialistischen Republik und dem Minister für Justiz der Slowakischen Sozialistischen Republik andererseits. Der diplomatische Weg wird dadurch nicht ausgeschlossen.

Artikel 3

(1) Die Auslieferung wird zur Verfolgung von Handlungen bewilligt, die nach dem Recht beider Vertragsstaaten mit einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe oder vorbeugenden Maßnahme dieser Dauer oder mit einer strengeren Strafe bedroht sind.

(2) Die Auslieferung zur Vollstreckung von Strafen oder vorbeugenden Maßnahmen, die wegen einer oder mehrerer der in Abs. 1 angeführten Handlungen rechtskräftig ausgesprochen worden sind, wird bewilligt, wenn die Dauer der zu vollstreckenden Strafen oder vorbeugenden Maßnahmen oder ihr zu vollstreckender Rest mindestens ein Jahr beträgt. Die Auslieferung zur Vollstreckung wird auch dann bewilligt, wenn nur eine der der Verurteilung zugrunde liegenden Handlungen mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist und auch die übrigen Handlungen nach dem Recht beider Vertragsstaaten gerichtlich strafbar sind.

Artikel 4

Die Auslieferung wird jedenfalls bewilligt, wenn ein mehrseitiges Ãœbereinkommen den ersuchten Staat zur Auslieferung verpflichtet.

Artikel 5

Staatsangehörige des ersuchten Staates werden nicht ausgeliefert.

Artikel 6

Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn 1. sie mit Verpflichtungen des ersuchten Staates aus mehrseitigen Übereinkommen nicht vereinbar wäre,

  1. durch sie die Grundsätze der Rechtsordnung oder andere wesentliche Interessen des ersuchten Staates verletzt würden oder 3. um Auslieferung wegen einer Handlung ersucht wird, die nach Ansicht des ersuchten Staates eine strafbare Handlung politischen Charakters ist, bei der unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Art der Begehung, der angewendeten oder vorgesehenen Mittel oder der Schwere der eingetretenen oder möglichen Folgen,

nicht der kriminelle Charakter überwiegt.

Artikel 7

Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn sie wegen einer Handlung begehrt wird, die nach Ansicht des ersuchten Staates nach seinem Recht 1. militärischer Art ist oder 2. in der Verletzung von Abgaben-, Monopol-,

Zoll- oder Devisenvorschriften oder von Vorschriften

über die Warenbewirtschaftung oder

über den Außenhandel besteht.

Artikel 8

(1) Die Auslieferung wird wegen Handlungen,

die der Gerichtsbarkeit des ersuchten Staates unterliegen,

nicht bewilligt.

(2) Die Auslieferung kann ungeachtet des Absatzes 1 bewilligt werden, wenn sie wegen einer anderen Handlung bewilligt wird und der Durchführung des Strafverfahrens im ersuchenden Staat mit Rücksicht auf besondere Umstände, insbesondere aus Gründen der Wahrheitsfindung, der Strafbemessung oder der Vollstreckung, der Vorzug zu geben ist.

Artikel 9

Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die auszuliefernde Person wegen der dem Ersuchen zugrunde liegenden Handlung 1. von einem Gericht eines dritten Staates rechtskräftig verurteilt worden ist und die Strafe ganz vollstreckt oder zur Gänze oder für den noch nicht vollstreckten Teil nachgesehen worden ist oder ihre Vollstreckbarkeit nach dem Recht des dritten Staates verjährt ist, oder 2. von einem Gericht eines dritten Staates, in dem die Handlung begangen worden ist,

rechtskräftig freigesprochen oder außer Verfolgung gesetzt worden ist.

Artikel 10

Die Auslieferung wird nicht bewilligt, wenn die Strafverfolgung oder die Vollstreckung der Strafe oder vorbeugenden Maßnahme nach dem Recht des ersuchenden oder des ersuchten Staates verjährt ist.

Artikel 11

Zur Vollstreckung einer Strafe oder vorbeugenden Maßnahme, die auf Grund eines in Abwesenheit der auszuliefernden Person durchgeführten gerichtlichen Verfahrens rechtskräftig verhängt worden ist, wird die Auslieferung nur bewilligt,

wenn die Person von dem gegen sie geführten Verfahren Kenntnis erlangt hatte und in diesem Verfahren ihre Verteidigungsrechte wahren konnte,

oder wenn der ersuchende Staat zusichert, daß das Verfahren nach der Auslieferung nach seinen Rechtsvorschriften in Anwesenheit der ausgelieferten Person neu durchgeführt werden wird.

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