Bundesgesetz über die zivilrechtliche Haftung für Schäden durch Radioaktivität (Atomhaftungsgesetz 1999 ? AtomHG 1999)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. Abschnitt Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen Geltungsbereich

    § 1. Dieses Bundesgesetz regelt die zivilrechtliche Haftung für Schäden, die durch ionisierende Strahlung von Kernanlagen, Kernmaterial oder Radionukliden an Menschen oder Sachen verursacht werden.

    Begriffsbestimmungen

    § 2. Im Sinn dieses Bundesgesetzes bedeuten:

  2. Kernmaterial: besonderes spaltbares Material und Ausgangsmaterial (Art. II § 1 Z 1 bis 3

    Sicherheitskontrollgesetz 1991, BGBl. Nr. 415/1992) mit Ausnahme kleinster, radiologisch unbedeutender Mengen (Art. II § 6 Abs. 2 Z 1 Sicherheitskontrollgesetz 1991);

  3. Radionuklide: sonstige radioaktive Stoffe, die zufolge spontaner Kernprozesse ionisierende Strahlung aussenden, einschließlich von Stoffen oder Gegenständen, die radioaktive Stoffe enthalten oder an deren Oberfläche sich solche Stoffe befinden;

  4. Kernanlagen: Anlagen, in denen mit Kernmaterial in einer Menge und Art umgegangen wird, daß

    eine Kettenreaktion stattfinden oder nicht ausgeschlossen werden kann, insbesondere Kernreaktoren,

    Anlagen zur Herstellung, Bearbeitung, Verwendung, Aufbewahrung, Lagerung, Aufbereitung und Unschädlichmachung von Kernmaterial sowie Anlagen zur Trennung von Isotopen spaltbaren Materials;

  5. Betriebsunternehmer: ein Unternehmer, der über den Betrieb einer Kernanlage verfügungsberechtigt ist und sich deren wirtschaftlichen Erfolg laufend zuordnet oder jederzeit zuordnen kann; der Inhaber der erforderlichen Betriebsbewilligung ist jedenfalls Betriebsunternehmer;

  6. Halter: diejenige Person, die über ein Radionuklid verfügungsberechtigt ist und dieses für eigene Rechnung in Gebrauch hat;

  7. Beförderer: diejenige Person, die Kernmaterial mit oder ohne Beförderungsvertrag über Straßen,

    Schienen, Luft oder Wasser befördert.

  8. Abschnitt Haftung für Kernanlagen und -material Haftung des Betriebsunternehmers

    § 3. (1) Der Betriebsunternehmer einer Kernanlage haftet für Schäden, die durch den Betrieb der Kernanlage an Menschen oder Sachen verursacht werden. Der Betrieb der Kernanlage umfaßt auch den Abbau der Anlage bis zur Entsorgung des radioaktiven Inventars.

    (2) Der Betriebsunternehmer einer Kernanlage haftet weiters für Schäden, die außerhalb der Kernanlage verursacht werden, wenn diese Schäden 1. auf Kernmaterial aus seiner Kernanlage zurückgehen und eingetreten sind, bevor der Betriebsunternehmer einer anderen Kernanlage die Verfügungsgewalt über dieses Kernmaterial übernommen hat, oder 2. auf an seine Kernanlage mit seinem Einverständnis versendetes Kernmaterial zurückgehen und eingetreten sind, nachdem er die Verfügungsgewalt über dieses Kernmaterial übernommen hatte.

    Haftung des Beförderers

    § 4. Der Beförderer von Kernmaterial haftet für Schäden, die im Verlauf der Beförderung an Menschen oder Sachen verursacht werden, sofern er nicht beweist, daß er nicht gewußt hat und nicht hätte wissen müssen, daß es sich um Kernmaterial handelt.

    Haftungsumfang und -ausschluß

    § 5. (1) Die Haftpflicht des Betriebsunternehmers und des Beförderers nach den §§ 3 und 4 erstreckt sich auch auf Schäden, die auf die radioaktiven Eigenschaften von Kernmaterial in Verbindung mit dessen giftigen, explosiven oder sonstigen gefährlichen Eigenschaften zurückzuführen sind.

    (2) Die Haftpflicht nach den §§ 3 und 4 erstreckt sich nicht auf Schäden 1. an der Kernanlage selbst und an anderen auf deren Gelände befindlichen Kernanlagen,

    einschließlich der im Bau befindlichen Anlagen,

  9. an Sachen, die sich auf diesem Gelände befinden und die im Zusammenhang mit der Kernanlage verwendet werden oder worden sind, und 3. an Transportmitteln, mit denen Kernmaterial befördert wird.

    Sicherstellung

    § 6. (1) Der Betriebsunternehmer einer in Österreich gelegenen Kernanlage hat zur Deckung seiner Haftpflicht eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Diese Haftpflichtversicherung ist zumindest bis zum Ablauf von zehn Jahren nach Beendigung des Betriebs der Kernanlage aufrechtzuerhalten. Sie hat sich auf alle Schäden zu erstrecken, die während der Versicherungszeit verursacht und längstens innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt geltend gemacht werden. Diese Sicherstellungspflicht erstreckt sich nicht auf Schäden, die auf einen Krieg, ein kriegerisches Unternehmen, einen Bürgerkrieg, einen Aufruhr oder einen Aufstand zurückzuführen sind.

    (2) Die Haftpflichtversicherung muß mindestens den Betrag von 5600000000 S je Versicherungsfall zuzüglich 560000000 S für Zinsen und Kosten, für Versuchs- oder Forschungsreaktoren aber den Betrag von 560000000 S je Versicherungsfall zuzüglich 56000000 S für Zinsen und Kosten, abdecken.

    (3) Eine Versicherungspflicht besteht nicht, wenn der Bund oder ein Land selbst haftpflichtig ist oder dem Betriebsunternehmer einer Kernanlage gegenüber eine Haftungserklärung zumindest über den in den Abs. 1 und 2 angeführten Umfang abgegeben hat. Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, eine solche Haftung zu...

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