Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Frauen über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor Schäden durch Anwendung ionisierender Strahlung im Bereich der Medizin (Medizinische Strahlenschutzverordnung - MedStrSchV)

409. Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und Frauen über Maßnahmen zum Schutz von Personen vor Schäden durch Anwendung ionisierender Strahlung im Bereich der Medizin (Medizinische Strahlenschutzverordnung - MedStrSchV) Auf Grund des § 36 Abs. 1 des Strahlenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 227/1969, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 146/2002 (Strahlenschutz-EU-Anpassungsgesetz), wird verordnet:

1. Abschnitt

Anwendungsbereich, Zweck und Begriffsbestimmungen

Anwendungsbereich und Zweck

§ 1.

(1) Diese Verordnung regelt

1. die Anwendung ionisierender Strahlung am Menschen in der Medizin, insbesondere in Bezug auf medizinische Expositionen
a. von Patienten im Rahmen ihrer eigenen medizinischen Untersuchung oder Behandlung,
b. von Personen im Rahmen arbeitsmedizinischer Überwachung,
c. von Personen im Rahmen von Reihenuntersuchungen,
d. von gesunden Personen oder von Patienten, die freiwillig an medizinischen oder biomedizinischen diagnostischen oder therapeutischen Forschungsprogrammen teilnehmen und
e. von Personen im Rahmen medizinisch-rechtlicher Verfahren;
2. Expositionen von Personen, die außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit wissentlich und willentlich bei der Unterstützung und Betreuung von Personen helfen, die sich medizinischen Expositionen unterziehen;
3. den Schutz von Personal und sonstigen Personen bei medizinischen Expositionen;
4. die Aus- und Fortbildungserfordernisse sowie die behördliche Anerkennung von Medizinphysikern und deren Einbeziehung bei medizinischen Expositionen;
5. die Anwendung ionisierender Strahlung in der Veterinärmedizin.

(2) Durch diese Verordnung wird die Richtlinie 97/43/Euratom über den Gesundheitsschutz von Personen gegen die Gefahren ionisierender Strahlung bei medizinischer Exposition und zur Aufhebung der Richtlinie 84/466/Euratom, ABl. Nr. L 180 vom 09.07.1997 S. 22, in österreichisches Recht umgesetzt.

(3) Die personenbezogenen Ausdrücke verstehen sich gleichermaßen für Frauen und Männer. In Anbetracht der leichteren Lesbarkeit wird auf geschlechtsspezifische Formulierungen verzichtet.

Begriffsbestimmungen

§ 2.

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

1. "Abnahmeprüfung" eine Qualitätsprüfung der spezifizierten Eigenschaften von radiologischen Geräten hinsichtlich Übereinstimmung mit gesetzlichen Bestimmungen, technischen Normen oder vertraglichen Vereinbarungen;
2. "anwendende Fachkraft" eine Person, die befugt ist, die klinische Verantwortung für eine einzelne medizinische Exposition zu übernehmen;
3. "Aufzeichnungen über Qualitätsprüfungen" Aufzeichnungen über alle Ergebnisse der Qualitätsprüfungen, einschließlich der Rohdaten (Aufzeichnungen über ursprüngliche Beobachtungen), sowie Prüfberichte und Prüfkörperaufnahmen;
4. "Bestrahlungsvorrichtung" ein Gerät mit Abschirmung, das umschlossene radioaktive Stoffe enthält und das durch Öffnen der Abschirmung oder Ausfahren der radioaktiven Stoffe die Anwendung der ionisierenden Strahlung dieser Stoffe ermöglicht;
5. "Bewilligungsinhaber" den Inhaber einer gemäß §§ 6 oder 7 des Strahlenschutzgesetzes erteilten Betriebsbewilligung, den Inhaber einer gemäß § 10 des Strahlenschutzgesetzes erteilten Umgangsbewilligung sowie den Verwender einer gemäß §§ 19 oder 20 des Strahlenschutzgesetzes zugelassenen Bauart;
6. "Brachytherapie" die Anwendung umschlossener radioaktiver Stoffe im Körper, an der Körperoberfläche oder bis zu einem Abstand von wenigen Zentimetern von dieser, zu therapeutischen Zwecken;
7. "diagnostische Referenzwerte" Dosiswerte bei strahlendiagnostischen medizinischen Anwendungen oder, im Falle von Radiopharmaka, Aktivitätswerte für typische Untersuchungen an einer Gruppe von Patienten mit Standardmaßen oder an Standardphantomen für allgemein definierte Gerätearten;
8. "Elektronenbeschleuniger" einen Teilchenbeschleuniger gemäß Z 28, bei dem Elektronen beschleunigt werden;
9. "helfende Personen" Personen, die außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeiten bei der Unterstützung und Betreuung von Personen helfen, die sich medizinischen Expositionen unterziehen;
10. "klinische Kontrolle" eine systematische Untersuchung oder Überprüfung der medizinisch-radiologischen Verfahren, mit der die Qualität und das Ergebnis der Patientenversorgung durch strukturierte Überprüfung verbessert werden soll und bei der radiologische Anwendungen, Verfahren und Ergebnisse anhand anerkannter Regeln für gute medizinisch-radiologische Verfahren untersucht werden;
11. "klinische Verantwortung" die Verantwortung einer anwendenden Fachkraft für eine einzelne medizinische Exposition. Dazu zählen insbesondere Rechtfertigung, Optimierung, klinische Auswertung, Zusammenarbeit mit anderen Spezialisten und gegebenenfalls dem Personal bei der konkreten Durchführung, gegebenenfalls Heranziehung von Erkenntnissen aus früheren Untersuchungen, nach Bedarf Bereitstellung vorhandener radiologischer Informationen und Unterlagen für andere anwendende Fachkräfte und überweisende Personen, gegebenenfalls Aufklärung von Patienten und von anderen betroffenen Personen über das Risiko ionisierender Strahlung;
12. "Konstanzprüfung" eine Qualitätsprüfung in festgelegten Zeitabständen, um allfällige Änderungen bei radiologischen Geräten oder deren Komponenten gegenüber dem ursprünglichen, durch die Bezugswerte beschriebenen Zustand festzustellen;
13. "medizinische Expositionen" die in § 1 Abs. 1 Z 1 angeführten Expositionen;
14. "medizinisch-radiologisches Verfahren" ein Verfahren mit medizinischer Exposition;
15. "medizinisch-rechtliches Verfahren" ein Verfahren zu versicherungstechnischen oder rechtlichen Zwecken ohne medizinische Indikation;
16. "Medizinphysiker" einen Experten für die auf medizinische Expositionen angewandte Strahlenphysik oder Strahlentechnologie, dessen Ausbildung und Fachkenntnis von der zuständigen Behörde anerkannt ist und der gegebenenfalls bei der Patientendosimetrie, der Entwicklung und Anwendung komplexer Verfahren und Ausrüstungen, der Optimierung, der Qualitätssicherung, einschließlich Qualitätskontrolle, sowie in sonstigen Fragen des Strahlenschutzes bei medizinischen Expositionen tätig wird oder berät;
17. "Patientendosimetrie" die Dosimetrie bei Patienten und sonstigen Personen, die sich medizinischen Expositionen aussetzen;
18. "Patientendosis" die Dosis, die Patienten und sonstige Personen erhalten, die sich medizinischen Expositionen aussetzen;
19. "Qualitätskontrolle" als Bestandteil der Qualitätssicherung die Gesamtheit der Maßnahmen (Planung, Koordination, Ausführung), die der Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Qualität dienen sollen. Die Maßnahmen umfassen insbesondere die Überwachung, Bewertung und anforderungsgerechte Aufrechterhaltung aller Leistungsdaten von radiologischen Geräten, die definiert, gemessen und kontrolliert werden können;
20. "Qualitätssicherung" alle planmäßigen und systematischen Maßnahmen, die sicherstellen sollen, dass radiologische Geräte ordnungsgemäß betrieben und medizinisch-radiologische Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt werden;
21. "radiologisch" einen Bezug auf strahlendiagnostische und strahlentherapeutische Verfahren sowie interventionelle Radiologie oder sonstige Radiologie zur Behandlungsplanung und -steuerung;
22. "radiologische Geräte" Strahleneinrichtungen, Bestrahlungsvorrichtungen sowie bildgebende und sonstige strahlendiagnostische Messsysteme der Nuklearmedizin samt den für den ordnungsgemäßen Betrieb der Geräte und die ordnungsgemäße Durchführung der medizinisch-radiologischen Verfahren benötigten Zusatzkomponenten;
23. "Reihenuntersuchung" ein Verfahren, bei dem radiologische Geräte zur Frühdiagnose bei Risikogruppen in der Bevölkerung eingesetzt werden;
24. "strahlendiagnostisch" einen Bezug auf nuklearmedizinische in-vivo-Diagnostik, medizinische diagnostische Radiologie und zahnmedizinische Radiologie;
25. "Strahleneinrichtung" eine Strahlenquelle, die keine radioaktiven Stoffe enthält;
26. "strahlentherapeutisch" einen Bezug auf Strahlentherapie, einschließlich Nuklearmedizin zu therapeutischen Zwecken;
27. "Teilabnahmeprüfung" eine auf die Komponenten eines radiologischen Gerätes eingeschränkte Abnahmeprüfung, die durch Reparatur, Austausch oder Neueinstellungen verändert wurden;
28. "Teilchenbeschleuniger" eine Einrichtung zur Erzeugung mittel- und hochenergetischer Strahlung für medizinische Expositionen durch Beschleunigen von Teilchen auf Energien von mehr als einem Megaelektronenvolt;
29. "Teletherapie" die Anwendung ionisierender Strahlung von Strahleneinrichtungen oder von Gammastrahlung umschlossener radioaktiver Stoffe, bei der der Abstand des Patienten von der Strahlenquelle groß gegenüber der Tiefenwirkung der Strahlung ist, zu therapeutischen Zwecken;
30. "überweisende Person" eine Person, die befugt ist, Personen zur medizinischen Exposition an eine anwendende Fachkraft zu überweisen.

2. Abschnitt

Strahlenschutzgrundsätze

Rechtfertigung

§ 3.

(1) Medizinische Expositionen müssen insgesamt einen hinreichenden Nutzen erbringen. Das Gesamtpotenzial an diagnostischem oder therapeutischem Nutzen, einschließlich des unmittelbaren gesundheitlichen Nutzens für den Einzelnen und des Nutzens für die Gesellschaft, ist gegenüber der von der Exposition möglicherweise verursachten Schädigung des Einzelnen abzuwägen. Zu berücksichtigen sind dabei die Wirksamkeit, der Nutzen und die Risiken verfügbarer alternativer Verfahren, die demselben Zweck dienen, jedoch mit keiner oder einer geringeren Strahlenexposition verbunden sind.

(2) Alle neuen Arten von Anwendungen mit medizinischer Exposition müssen gerechtfertigt werden, bevor sie allgemein angewandt werden. Die Rechtfertigung bestehender Arten von Anwendungen mit medizinischer Exposition kann überprüft werden, sobald wesentliche neue Erkenntnisse über die Wirksamkeit oder Folgen solcher Anwendungsarten vorliegen.

(3) Jede einzelne medizinische Exposition muss im Voraus unter Berücksichtigung der spezifischen Ziele der Exposition und der Besonderheiten der betroffenen Person...

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