Bundesgesetz vom 15. Juli 1966 über die Studien an den wissenschaftlichen Hochschulen (Allgemeines Hochschul-Studiengesetz)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen

    § 1. Grundsätze und Ziele

    (1) Die leitenden Grundsätze für die Gestaltung der Studien an den wissenschaftlichen Hochschulen

    (§ 6 des Hochschul-Organisationsgesetzes,

    BGBl. Nr. 154/1955 in der jeweils geltenden Fassung), im folgenden kurz als „Hochschulen"

    bezeichnet, sind:

    a) die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre (Artikel 17 Staatsgrundgesetz,

    RGBl. Nr. 142/1867, über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger);

    b) die Verbindung von Forschung und Lehre;

    c) die Offenheit für die Vielfalt wissenschaftlicher Lehrmeinungen und wissenschaftlicher Methoden (§ 2 Abs. 3 und § 16

    Abs. 3);

    d) die Lernfreiheit (§ 5);

    e) das Zusammenwirken der Lehrenden und Lernenden;

    f) die Autonomie der Hochschulen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften.

    (2) Die Studien an den Hochschulen haben folgenden Zielen zu dienen:

    a) der Entwicklung der Wissenschaften und der Heranbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses:

    die Studien dienen über eine wissenschaftliche Berufsvorbildung hinaus dem Erwerb der Fähigkeit, durch selbständige Forschung zur Bereicherung der Wissenschaft beizutragen;

    b) der wissenschaftlichen Berufsvorbildung;

    die Studien haben die Grundlagen des Berufes in der Weise zu vermitteln, daß die Studierenden zu den Ergebnissen der Wissenschaft und den Aufgaben ihrer Forschung,

    ihren Quellen und Zusammenhängen geführt, in den Methoden der Gewinnung wissenschaftlicher Erkenntnis und deren Anwendung geschult und auf die Notwendigkeit wissenschaftlicher Weiterbildung hingewiesen werden. Die Studierenden sollen befähigt werden, in kritischem Denken und selbständigem Handeln ihre künftigen beruflichen Aufgaben in stetem Zusammenhang mit den Fortschritten der Wissenschaft zu erfüllen;

    c) der Bildung durch Wissenschaft:

    die Studierenden sollen jene Haltung erwerben, die in sachlicher Einstellung,

    klarer Urteilsfähigkeit, intellektueller Redlichkeit und Toleranz sowie erhöhter Verantwortlichkeit gegenüber der demokratischen Republik Österreich und der menschlichen Gesellschaft zum Ausdruck kommt. Sie sollen ferner die Bedeutung ihres Faches im Ganzen der Wissenschaft und die Bedeutung der Wissenschaft im Ganzen der Kultur begreifen lernen;

    d) der Weiterbildung der Absolventen der Hochschulen entsprechend den Fortschritten der Wissenschaft (§ 18 Abs. 4 und 5).

    § 2. Rechte und Pflichten der Angehörigen des Lehrkörpers

    (1) Die Angehörigen des Lehrkörpers sind im Rahmen ihrer Lehrbefugnis oder ihres Lehrauftrages bei der inhaltlichen und methodischen Gestaltung ihrer Lehrveranstaltungen frei (§§ 9

    und 60 des Hochschul-Organisationsgesetzes). Im Rahmen der festgesetzten Lehrverpflichtungen oder Lehraufträge haben sie auf Grund der Studienpläne (§ 17) ihre Lehrveranstaltungen

    (§ 16) so einzurichten und den Lehrstoff so zu bemessen, daß die Studierenden innerhalb der vorgesehenen Studiendauer (§ 3 Abs. 1 lit. c und § 14 Abs. 5 und 7) ihre ordentlichen Studien abzuschließen vermögen.

    (2) Die Inhaber der Lehrkanzeln (§ 58 Hochschul-

    Organisationsgesetz) sowie die Vorstände der Institute und Kliniken (§ 59 Hochschul-

    Organisationsgesetz) haben dafür zu sorgen, daß

    die von ihnen geleiteten Lehr- und Forschungseinrichtungen in zweckmäßiger Weise den im

    § 1 genannten Grundsätzen und Zielen entsprechen.

    (3) Die Professorenkollegien haben im Rahmen ihres autonomen Wirkungsbereiches (§ 26 Abs. 2,

    § 38 Abs. 1, § 44 Abs. 2, § 52 Abs. 2 Hochschul-

    Organisationsgesetz) vorzusorgen, daß die Vielfalt der wissenschaftlichen Lehrmeinungen und der wissenschaftlichen Methoden berücksichtigt wird.

    (4) Bei Festsetzung der Studienordnungen (§ 3

    Abs. 2 und § 15), der Studienpläne (§ 3 Abs. 2

    und § 17) und des Ausmaßes der Lehrverpflichtungen ist auf die Sicherung der Forschungstätigkeit der Angehörigen des Lehrkörpers Bedacht zu nehmen. Verursacht die Durchführung der Studienordnungen und Studienpläne eine unzumutbare Belastung der Angehörigen des Lehrkörpers bei der Erfüllung ihrer Dienstpflichten,

    wird insbesondere ihre Forschungstätigkeit und ihre Lehrtätigkeit behindert, so hat die zuständige akademische Behörde in ihrem Wirkungsbereich

    (§ 2 Hochschul-Organisationsgesetz)

    die für die Sicherung des ordnungsgemäßen Forschungs-

    und Studienbetriebes erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die darüber hinaus notwendigen Anträge zu stellen. Das Bundesministerium für Unterricht hat die zur Gewährleistung dieser Sicherung erforderlichen personellen,

    finanziellen und allenfalls organisatorischen Maßnahmen vorzusehen und die entsprechenden legislativen Maßnahmen vorzubereiten.

    § 3. Gestaltung der Studienvorschriften

    (1) In Verbindung mit den in diesem Bundesgesetz enthaltenen allgemeinen, für alle Studien in gleicher Weise geltenden Vorschriften bleibt die grundsätzliche Regelung der folgenden Angelegenheiten den besonderen Studiengesetzen für die einzelnen Gebiete der Wissenschaften

    (Studienrichtungen) vorbehalten:

    a) die Bezeichnung der jeweiligen Studienrichtung;

    b) die Zahl der Studienabschnitte (§ 14);

    c) die Dauer der Diplomstudien (§ 14 Abs. 5);

    d) die Umschreibung der Studienziele der einzelnen Studienabschnitte und die Aufzählung der Pflichtfächer (Prüfungsfächer)

    der Diplomprüfungen und der Rigorosen

    (§§ 15 Abs. 4, 23 und 24);

    e) die Art der Diplomarbeiten (§ 25 Abs. 1);

    f) die Anzahl und die Bezeichnung der Diplomprüfungen und Rigorosen (§ 23);

    g) die Durchführung der Prüfungen (§ 24

    Abs. 3, 4 und 6);

    h) die Benennung der akademischen Grade

    (§§ 35 und 36) und der Berufsbezeichnungen

    (§ 14 Abs. 6).

    (2) Das Bundesministerium für Unterricht hat auf Grund der besonderen Studiengesetze in Verbindung mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Durchführung der ordentlichen Studien durch Verordnung näher zu regeln

    (Studienordnungen, § 15). Die zuständige akademische Behörde hat auf Grund der besonderen Studiengesetze in Verbindung mit den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und unter Berücksichtigung der Studienordnungen für jede Studienrichtung einen Studienplan (§ 17) zu erlassen.

    (3) Die besonderen Studiengesetze, die Studienordnungen und die Studienpläne haben die Erfüllung der Aufgaben der Hochschulen im Sinne dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten; sie sind den Erfordernissen der wissenschaftlichen Berufsvorbildung und Fortbildung in stetem Zusammenhang mit den Fortschritten der Wissenschaft anzupassen.

    (4) Die zuständige akademische Behörde

    (§ 15 Abs. 2) und die Rektorenkonferenz (§ 68

    Hochschul-Organisationsgesetz) haben im Sinne des Abs. 3 die Erlassung und Abänderung besonderer Studiengesetze und Studienordnungen vorzuschlagen. Solche Anträge sind ausführlich zu begründen. Das Bundesministerium für Unterricht hat zur Behandlung von Vorschlägen,

    welche die Erlassung oder Abänderung besonderer Studiengesetze betreffen, sonst bei allgemeiner Bedeutung des Gegenstandes, Beratungen einzuberufen, zu denen die Vertreter der akademischen Behörden der betreffenden Hochschulen

    (Fakultäten) (§ 15 Abs. 2), die Vertreter der Rektorenkonferenz, des Akademischen Rates

    (§ 69 Hochschul-Organisationsgesetz) und der

    Österreichischen Hochschülerschaft (§ 2 Abs. 4

    Hochschülerschaftsgesetz, BGBl. Nr. 174/1950)

    einzuladen sind. Wird die Mitwirkung anderer Hochschulen (Fakultäten), der Akademie der bildenden Künste oder einer Kunstakademie oder deren Institute vorgesehen, so sind auch die Vertreter dieser Institutionen zu hören und zu den Beratungen einzuladen. Bereitet das Bundesministerium für Unterricht gemäß Abs. 3 die Erlassung oder Abänderung von besonderen Studiengesetzen oder Studienordnungen selbst vor, so ist in gleicher Weise vorzugehen.

    (5) Durch Bundesgesetze festgelegte sonstige Rechte zur Antragstellung, zur Begutachtung und zur Beratung bleiben unberührt.

  2. ABSCHNITT Studierende (Hörer)

    § 4. Aufnahme

    (1) Voraussetzung für die Zulassung zum Studium ist die Aufnahme in den Verband der Hochschule als ordentlicher Hörer durch Immatrikulation

    (§ 6), die Aufnahme als Gasthörer

    (§ 9 Abs. 1) oder außerordentlicher Hörer (§ 9

    Abs. 2) durch den Rektor.

    (2) Es besteht unbeschadet der Bestimmungen des § 7 Abs. 6 ein Anspruch auf Aufnahme, wenn die vorgeschriebenen Nachweise (§§ 6 und 9) erbracht werden.

    (3) Die Aufnahme ist zu verweigern, wenn der Bewerber a) infolge seines Gesundheitszustandes eine Störung des Unterrichts oder eine Gefährdung seiner Umgebung darstellt (§ 6 Abs. 2

    lit. e);

    b) auf Grund strafgesetzlicher Vorschriften unfähig ist, einen akademischen Grad zu erwerben, es sei denn, daß der Rektor unter Berücksichtigung des gesamten bisherigen Verhaltens des Bewerbers erkennt, daß der Bewerber trotz der Verurteilung aufnahmewürdig ist.

    (4) Die oberste akademische Behörde hat unter Bedachtnahme auf die zweckmäßige Verwendung technischer Hilfsmittel Dienststellen der Hochschule

    (VI Abschnitt des Hochschul-Organisationsgesetzes)

    mit der Evidenthaltung der Studierenden zu betrauen.

    § 5. Rechte und Pflichten der Studierenden,

    Lernfreiheit

    (1) Die ordentlichen Hörer (§ 6), die außerordentlichen Hörer (§ 9 Abs. 2) und die Gasthörer

    (§ 9 Abs. 1) haben, soweit sich nicht aus gesetzlichen Bestimmungen Abweichungen ergeben,

    gleiche Rechte und Pflichten.

    (2) Die Studierenden genießen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen Lernfreiheit. Sie umfaßt:

    a) das Recht, an der Hochschule, an der sie aufgenommen wurden, die Lehrveranstaltungen frei zu wählen, zu inskribieren

    (5 10) und zu besuchen. Einschränkungen für einzelne Lehrveranstaltungen sind zulässig,

    wenn die Anzahl der Plätze begrenzt ist (§ 10 Abs. 4) oder wenn zum Verständnis der Lehrveranstaltung besondere Vorkenntnisse

    (§ 10 Abs. 3) erforderlich sind;

    b) das Recht, zwischen den Angehörigen des Lehrkörpers bei Inskription von Lehrveranstaltungen des gleichen Faches frei zu wählen;

    c) das Recht, nach Maßgabe des § 10...

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