Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen (Wertpapieraufsichtsgesetz ? WAG) und über die Änderung des Bankwesengesetzes, des Börsegesetzes 1989, des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, der Konkursordnung, der Ausgleichsordnung, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Investmentfondsgesetzes

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I Bundesgesetz über die Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen

(Wertpapieraufsichtsgesetz – WAG)

  1. ABSCHNITT Bundes-Wertpapieraufsicht Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA)

    § 1. (1) Zur Durchführung der in § 2 bezeichneten Aufgaben wird unter der Bezeichnung ,,Bundes-

    Wertpapieraufsicht“ (BWA) eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet.

    (2) Der Sitz der BWA ist Wien. Ihr Wirkungsbereich erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet.

    Sie ist berechtigt, das Bundeswappen zu führen.

    (3) Die Bestimmungen der Gewerbeordnung – GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994, sind auf die BWA nicht anzuwenden.

    § 2. (1) Die BWA hat auf Grund der ihr nach diesem Bundesgesetz und des Börsegesetzes 1989 –

    BörseG, BGBl. Nr. 555/1989, zukommenden Meldungen nach Maßgabe der Bestimmungen dieser Bundesgesetze alle Untersuchungen durchzuführen und jene Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind,

    1. um die Ordnungsmäßigkeit und Fairness des Handels mit Instrumenten, die auf einem geregelten Markt (§ 2 Z 37 Bankwesengesetz – BWG, BGBl. Nr. 532/1993 Art. I) eines Mitgliedstaates (§ 2

      Z 5 BWG) zugelassen sind, beurteilen und sichern zu können;

    2. um bei der Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 11 Abs. 1 die Wahrung der Interessen der Anleger im Sinne der §§ 11 bis 18 zu gewährleisten;

    3. um anderen Verwaltungsbehörden, insbesondere dem Bundesminister für Finanzen und den zuständigen Behörden (§ 2 Z 9 BWG) anderer Mitgliedstaaten, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dem BWG und den für Kreditinstitute geltenden sonstigen Gesetzen (§ 69 Abs. 1 BWG)

      oder ihrer Aufgaben gemäß den Richtlinien 88/627/EWG, 89/592/EWG, 93/6/EWG und 93/22/EWG erforderlichen Informationen zu erteilen;

    4. um dem Mißbrauch von Insiderinformationen gemäß § 48a BörseG entgegenzuwirken und zur Aufklärung und Verfolgung von Mißbrauchsfällen dadurch beizutragen, daß sie alle zur Konkretisierung eines Verdachtes einer gemäß § 48a BörseG strafbaren Handlung erforderlichen Ermittlungen mit den Maßnahmen des BörseG und gemäß diesem Bundesgesetz aus eigenem durchführt; dazu kann sie Auskünfte von a) meldepflichtigen Instituten (§ 10 Abs. 1) und Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 19),

      1. Emittenten, die meldepflichtige Instrumente (§ 10 Abs. 2) begeben haben,

      2. natürlichen und juristischen Personen, die Aufträge in bezug auf meldepflichtige Instrumente erteilt haben oder An- oder Verkäufe in solchen Instrumenten getätigt haben,

      3. natürlichen und juristischen Personen, die Kenntnis von Mißbrauchsfällen haben können, und e) Angestellten und Vertretern der in lit. a bis d genannten Personen einholen;

    5. um die Verfolgung von Verstößen gegen die in § 48 Abs. 4 BörseG genannten Verwaltungsstraftatbestände sicherzustellen.

      (2) Zur Erteilung von Auskünften nach Abs. 1 Z 4 haben die auskunftspflichtigen Personen (Abs. 1

      Z 4 lit. a bis e):

    6. Vorladungen der BWA nachzukommen,

    7. der BWA die geforderten mündlichen Auskünfte zu erteilen und 3. der BWA die geforderten schriftlichen Unterlagen und Datenträger vorzulegen.

      Leitung der BWA

      § 3. (1) Die BWA wird von einem vom Bundesminister für Finanzen zu bestellenden Direktor geleitet.

      Der Direktor hat aus den Dienstnehmern der BWA einen Stellvertreter zu bestellen; diese Bestellung bedarf der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen. Zum Direktor und zu dessen Stellvertreter dürfen nur in den Bereichen des Börse- und Kapitalmarktwesens fachkundige Personen bestellt werden.

      Die Funktionsperiode des Direktors und des Stellvertreters beträgt fünf Jahre; eine neuerliche Bestellung ist zulässig.

      (2) Vor der Bestellung einer Person zum Direktor der BWA ist die Funktion auszuschreiben. Die Ausschreibung hat der Bundesminister für Finanzen zu veranlassen. Im übrigen ist das Ausschreibungsgesetz 1989, BGBl. Nr. 85/1989, anzuwenden.

      (3) Der Bundesminister für Finanzen kann der BWA Weisungen betreffend die Besorgung der Aufgaben gemäß § 2 erteilen. Die Weisungen des Bundesministers für Finanzen haben schriftlich zu erfolgen.

      (4) Der Bundesminister für Finanzen hat die Bestellung zum Direktor zu widerrufen, wenn dieser eine Weisung gemäß Abs. 3 nicht befolgt. Die Zustimmung zur Bestellung des Stellvertreters ist zu widerrufen,

      sofern dieser im Falle der Verhinderung des Direktors eine Weisung gemäß Abs. 3 nicht befolgt.

      Die Bestellung kann auch aus folgenden Gründen gemäß Z 1 bis 3 widerrufen werden:

    8. Wenn ein wichtiger Grund wie insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung vorliegt;

    9. wenn der Direktor seine Funktion aus wichtigen Gründen zurücklegt;

    10. bei dauernder Dienstunfähigkeit oder wenn der Direktor infolge Krankheit, Unfall oder eines Gebrechens mehr als ein halbes Jahr vom Dienst abwesend und dienstunfähig ist.

      In allen Fällen des Widerrufs ist unverzüglich ein neuer Direktor (Stellvertreter) zu bestellen.

      (5) Der Direktor hat dem Bundesminister für Finanzen jährliche Berichte und vierteljährliche Zwischenberichte

      über die Erfüllung der Aufgaben der BWA zu erstatten. Diese Berichte müssen jeweils binnen vier Wochen nach Ablauf des Berichtszeitraumes beim Bundesminister für Finanzen eingelangt sein.

      Beirat

      § 4. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat bei der BWA einen Beirat zur Kontrolle der finanziellen Gebarung der BWA einzurichten.

      (2) Der Beirat nach Abs. 1 besteht aus sechs Mitgliedern. Zwei Mitglieder sind auf Vorschlag der Wirtschaftskammer Österreich, ein Mitglied auf Vorschlag der Bundes-Arbeitskammer, ein Mitglied auf Vorschlag der Oesterreichischen Nationalbank zu bestellen; zwei Mitglieder sind aus dem Personalstand des Bundesministeriums für Finanzen zu bestellen, diese müssen sachkundige Beamte des Aktivstandes oder sachkundige Vertragsbedienstete sein.

      (3) Der Beirat hat das Auskunftsrecht gegenüber dem Direktor und dessen Stellvertreter über die Gebarung der BWA. Der Beirat hält jährlich mindestens drei Sitzungen ab, an denen über sein Ersuchen der Direktor teilzunehmen hat. Der Direktor hat den Beirat unverzüglich von sich aus zu informieren,

      wenn der Stellenplan oder die Gesamtkosten der BWA die für das betreffende Geschäftsjahr geplante Zahl oder den veranschlagten Betrag voraussichtlich um mindestens 10 vH überschreiten werden; in diesem Fall kann jedes Mitglied des Beirats die Einberufung einer Sitzung verlangen. Über dem Bankgeheimnis unterliegende Tatsachen darf dem Beirat keine Auskunft erteilt werden.

      (4) Die Niederschriften über die Sitzungen des Beirats sind dem Bundesminister für Finanzen unverzüglich zu übermitteln.

      (5) Den Vorsitz im Beirat führt das vom Bundesminister für Finanzen bezeichnete Mitglied aus dem Personalstand des Bundesministeriums für Finanzen. Der Vorsitzende hat zu den Sitzungen einzuladen.

      Personal

      § 5. (1) Der Direktor ist berechtigt, Angestellte in der erforderlichen Anzahl durch Dienstvertrag einzustellen. Auf das Dienstverhältnis der Dienstnehmer sind das Angestelltengesetz, BGBl.

      Nr. 292/1921, und die für Dienstnehmer in der privaten Wirtschaft geltenden sonstigen Rechtsvorschriften anzuwenden. Der Direktor ist berechtigt, Dienstverhältnisse nach den arbeitsrechtlichen Bestimmungen,

      insbesondere durch Kündigung, zu beenden; die Kündigung des gemäß § 3 bestellten Stellvertreters bedarf jedoch der Zustimmung des Bundesministers für Finanzen.

      (2) Die Dienstnehmer der BWA sind über alle ihnen aus ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit nicht auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen über solche Tatsachen Auskunft zu erteilen ist. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses. Die Organe der BWA und ihre Dienstnehmer unterliegen der Verpflichtung zur Wahrung des Bankgeheimnisses als Amtsgeheimnis gemäß § 38 Abs. 1 BWG.

      Jahresabschluß

      § 6. (1) Die BWA hat für das vergangene Geschäftsjahr den Jahresabschluß in Form der Jahresbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung so rechtzeitig aufzustellen, daß die Vorlagefrist des Abs. 2

      eingehalten werden kann. Das Handelsgesetzbuch – HGB, DRGBl. 1897 S 219, ist anzuwenden.

      (2) Der Jahresabschluß ist dem Beirat und dem Bundesminister für Finanzen innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des vorangegangenen Geschäftsjahres zu übermitteln.

      (3) Das Geschäftsjahr der BWA ist das Kalenderjahr.

      Kosten

      § 7. (1) 90 vH des Personal- und Sachaufwandes der BWA (Kosten der Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen)

      sind dem Bund von den meldepflichtigen Instituten, den Emittenten und den Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit einer Gebühr zu erstatten. Unter Beachtung des Verursacherprinzips und des volkswirtschaftlichen Interesses an einer funktionsfähigen Beaufsichtigung von Wertpapierdienstleistungen sind die Aufsichtskosten demnach wie folgt aufzuteilen:

    11. Meldepflichtige Institute 75 vH,

    12. Bund 10 vH,

    13. Emittenten 10 vH,

    14. Wertpapierdienstleistungsunternehmen 5 vH.

      (2) Die auf die Kostenpflichtigen gemäß Abs. 1 Z 1, 3 und 4 entfallenden Beträge sind von der BWA mit Bescheid vorzuschreiben; die Festsetzung von Pauschalbeträgen ist zulässig. Der Bundesminister für Finanzen hat nähere Regelungen über diese Kostenaufteilung und ihre Vorschreibung mit Verordnung festzusetzen. Hierbei sind insbesondere zu regeln:

    15. Die Bemessungsgrundlagen der einzelnen Arten von Kostenvorschreibungen, wobei zwischen laufender Aufsicht und der Verarbeitung von Meldungen meldepflichtiger Institute zu unterscheiden ist;

    16. die Termine für die Kostenbescheide und die Fristen für die Zahlungen der Kostenpflichtigen; die Kosten der laufenden Aufsicht sind einmal jährlich im nachhinein vorzuschreiben.

      Bei der Erlassung von Verordnungen gemäß Z 1 und 2 ist auf Art und Ausmaß der meldepflichtigen Geschäfte und der erbrachten Wertpapierdienstleistungen sowie hinsichtlich der...

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