Bundesgesetz vom 25. Juni 1987 über den Schutz des Menschen und der Umwelt vor Chemikalien (Chemikaliengesetz ? ChemG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

  1. ABSCHNITT Allgemeine Bestimmungen Ziel des Gesetzes

    § 1. (1) Ziel dieses Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und der Gesundheit des Menschen und der Umwelt vor unmittelbar oder mittelbar schädlichen Einwirkungen, die durch das Herstellen und Inverkehrsetzen, den Erwerb, das Verwenden oder die Beseitigung von Stoffen, Zubereitungen oder Fertigwaren entstehen können.

    (2) Zur Erreichung dieses Zieles haben Hersteller und Importeure von Stoffen, Zubereitungen oder Fertigwaren nach Maßgabe dieses Bundesgesetzes und seiner Verordnungen durch eine Selbstkontrolle zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob die von ihnen hergestellten oder in Verkehr gesetzten Stoffe, Zubereitungen oder Fertigwaren zu schädlichen Einwirkungen im Sinne des Abs. 1 führen können und durch welche Maßnahmen diesen Einwirkungen begegnet werden kann.

    Begriffsbestimmungen

    § 2. (1) „Stoffe" sind chemische Elemente oder chemische Verbindungen, einschließlich der Verunreinigungen und der für die Vermarktung erforderlichen Hilfsstoffe. Als Stoffe gelten auch Gemische von Stoffen, welche auf Grund von chemischen Reaktionen entstehen oder in der Natur auftreten.

    (2) „Neue Stoffe" sind Stoffe, die nicht in der Altstoffliste (§ 12 Abs. 1) enthalten sind. Als neue Stoffe gelten auch Stoffe, die nicht in der vorläufigen Altstoffliste (§ 57 Abs. 1) enthalten und nicht gemäß § 57 Abs. 2 gemeldet worden sind.

    (3) „Zubereitungen" sind nicht unter Abs. 1

    zweiter Satz fallende Gemische von Stoffen, einschließlich der Verunreinigungen sowie der für die Vermarktung erforderlichen Hilfsstoffe. Als Zubereitungen gelten auch Fertigwaren, wenn die Freisetzung oder Entnahme der in ihnen enthaltenen Stoffe oder Zubereitungen Voraussetzung für die bestimmungsgemäße Verwendung dieser Stoffe oder Zubereitungen ist.

    (4) „Fertigwaren" sind zur Verwendung als solche bestimmte Erzeugnisse, die einen Stoff oder eine Zubereitung enthalten, sofern sie nicht gemäß

    Abs. 3 zweiter Satz als Zubereitung gelten.

    (5) Als „gefährliche Stoffe" oder „gefährliche Zubereitungen" im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Stoffe oder Zubereitungen, die mindestens eine der in den Z l bis 15 bezeichneten gefährlichen Eigenschaften aufweisen. Sie gelten als 1. „explosionsgefährlich",

    wenn sie durch Flammenzündung zur Explosion gebracht werden können oder gegen Stoß oder Reibung empfindlicher sind als Dinitrobenzol;

    1. „brandfördernd",

      wenn sie in Berührung mit anderen, insbesondere entzündlichen Stoffen stark exotherm reagieren können oder organische Peroxide sind;

    2. „hochentzündlich",

      wenn sie als flüssige Stoffe oder Zubereitungen einen Flammpunkt unter 0° C und einen Siedepunkt von höchstens 35° C haben;

    3. „leicht entzündlich",

      wenn sie a) sich bei gewöhnlicher Temperatur an der Luft ohne Energiezufuhr erhitzen und schließlich entzünden können,

      1. in festem Zustand durch kurzzeitige Einwirkungen einer Zündquelle leicht entzündet werden können und nach deren Entfernung weiterbrennen oder weiterglimmen,

      2. in flüssigem Zustand einen Flammpunkt unter 21° C haben,

      3. als Gase im Gemisch mit Luft bei 1 bar und 20° C einen Zündbereich (Explosionsbereich)

        haben,

      4. in Berührung mit Wasser oder mit feuchter Luft leicht entzündliche Gase in gefährlicher Menge entwicklen oder f) in staubförmigem Zustand mit Luft in Verkehr gesetzt werden und in diesem Zustand einen Zündbereich (Explosionsbereich)

        haben;

    4. „entzündlich",

      wenn sie in flüssigem Zustand einen Flammpunkt von 21° C bis einschließlich 55° C haben;

    5. „sehr giftig (hochgiftig)",

      wenn sie schon bei einmaliger oder kurzdauernder Einwirkung in geringer Menge durch Einatmen, Schlucken oder Aufnahme durch die Haut äußerst schwere akute oder chronische Gesundheitsschäden oder den Tod bewirken können;

    6. „giftig",

      wenn sie schon in geringer Menge durch Einatmen, Schlucken oder Aufnahme durch die Haut erhebliche akute oder chronische Gesundheitsschäden oder auch den Tod bewirken können;

    7. „mindergiftig (gesundheitsschädlich)",

      wenn sie durch Einatmen, Schlucken oder Aufnahme durch die Haut Gesundheitsschäden von beschränkter Wirkung hervorrufen können;

    8. „ätzend",

      wenn sie durch Kontakt mit lebendem Gewebe dessen Zerstörung bewirken können;

    9. „reizend",

      wenn sie — ohne ätzend zu sein— durch unmittelbaren, längeren oder wiederholten Kontakt mit der Haut oder den Schleimhäuten Entzündungen hervorrufen können;

    10. „umweltgefährlich",

      wenn ihre Verwendung oder Beseitigung sofortige oder spätere Gefahren für die Umwelt (Wasser, Luft, Boden) sowie für die Lebewesen (Pflanzen, Tiere, Mikroorganismen)

      im einzelnen, auf deren Beziehungen untereinander oder zum Menschen darstellen oder darstellen können;

    11. „krebserzeugend",

      wenn sie durch Einatmen, Schlucken oder Aufnahme durch die Haut Krebs verursachen oder die Krebshäufigkeit erhöhen können;

    12. „fruchtschädigend",

      wenn sie durch Einatmen, Schlucken oder Aufnahme durch die Haut Schädigungen des Fötus oder Embryos während seiner Entwicklung im Mutterleib hervorrufen, dessen Tod verursachen oder zu einer Beeinträchtigung der geistigen oder körperlichen Entwicklung nach der Geburt führen können;

    13. „erbgutverändernd (genotoxisch)",

      wenn sie durch Einatmen, Schlucken oder Aufnahme durch die Haut eine Änderung des genetischen Materials bewirken können;

    14. „chronisch schädigend",

      wenn sie bei länger andauernder Aufnahme auch nur kleiner Mengen durch Einatmen,

      Schlucken oder durch die Haut andere als die in den Z 12 bis 14 genannten Gesundheitsschäden hervorrufen können.

      Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat nach Anhörung der Chemikalienkommission durch Verordnung die in den Z 1 bis 15 bezeichneten Eigenschaften nach Maßgabe des Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse über diese Eigenschaften näher zu bestimmen, sofern dies zum Schutz des Lebens oder der Gesundheit von Menschen oder der Umwelt erforderlich ist. In dieser Verordnung kann auch festgelegt werden, daß

      Stoffe oder Zubereitungen mit schädlichen Wirkungen,

      die durch Prüfnachweise gemäß den §§ 7

      oder 10 erfaßt werden, wie Überempfindlichkeitsreaktionen auslösende oder fruchtbarkeitsverändernde Eigenschaften, auch als gefährlich im Sinne der in den Z 6 bis 15 bezeichneten Eigenschaften gelten. Bei der Zuordnung der schädlichen Wirkungen zu einer oder mehreren dieser gefährlichen Eigenschaften ist insbesondere auf vergleichbare Regelungen anderer Staaten, internationaler Organisationen oder Staatengemeinschaften Bedacht zu nehmen.

      (6) „Gefährliche Fertigwaren" sind Fertigwaren,

      die einen gefährlichen Stoff oder eine gefährliche Zubereitung enthalten und deshalb bei ihrer bestimmungsgemäßen oder einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren Verwendung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für die Umwelt herbeiführen können.

      Als gefährliche Fertigwaren gelten auch Verpackungen von gefährlichen Stoffen oder gefährlichen Zubereitungen, wenn sie nach Verwendung dieser Stoffe oder Zubereitungen noch Restmengen derselben beinhalten.

      (7) „Hersteller" ist, wer einen Stoff, eine Zubereitung oder eine Fertigware erzeugt, gewinnt,

      zubereitet oder anfertigt.

      (8) „Importeur" ist, wer einen Stoff, eine Zubereitung oder Fertigware zu Erwerbszwecken einführt,

      ausgenommen das Transportunternehmen.

      (9) „Inverkehrsetzen" ist das zu Erwerbszwecken erfolgende Einführen, Ausführen, Vorrätighalten,

      Feilhalten, Abgeben und Ankündigen einschließlich der Werbung, sofern diese nicht ausschließlich für Gewerbetreibende bestimmt ist.

      (10) „Verwenden" ist das Gebrauchen, Verbrauchen,

      innerbetriebliche Befördern, Lagern und Aufbewahren,

      Be- und Verarbeiten.

      (11) „Beseitigen" ist das Endlagern, Verwerten und jedes sonstige dem Zweck einer endgültigen Entledigung dienende Behandeln.

      Geltungsbereich

      § 3. (1) Soweit dieses Bundesgesetz brandverhütende Maßnahmen und Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, die Prüfung der Brandgefährlichkeit oder Umweltgefährlichkeit oder die Bedachtnahme auf den Umweltschutz vorsieht, ist es nur auf Stoffe, Zubereitungen und Fertigwaren anzuwenden,

      die gewerblich hergestellt oder in Verkehr gesetzt werden.

      (2) Dieses Bundesgesetz gilt nicht für 1. Stoffe, Zubereitungen und Fertigwaren, die unter zollamtlicher Überwachung ohne Unterbrechung durch das Bundesgebiet geführt werden;

    15. die Beförderung gefährlicher Güter im Eisenbahn-, Luft-, Schiffs- und Straßenverkehr,

      einschließlich der innerbetrieblichen Beförderung, soweit diese durch die für den jeweiligen Verkehrsträger spezifischen Vorschriften geregelt ist;

    16. das Aufsuchen, Gewinnen und Aufbereiten mineralischer Rohstoffe sowie für die Verwendung und Beseitigung gefährlicher Stoffe, gefährlicher Zubereitungen oder gefährlicher Fertigwaren, soweit diese Tätigkeiten durch bergrechtliche Vorschriften geregelt sind;

    17. Altöle im Sinne des Altölgesetzes 1986,

      BGBl. Nr. 373;

    18. Arzneimittel im Sinne des Arzneimittelgesetzes,

      BGBl. Nr. 185/1983;

    19. Düngemittel, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel gemäß §§ 1

      und 2 des Düngemittelgesetzes, BGBl.

      Nr. 488/1985;

    20. Lebensmittel, Verzehrprodukte, kosmetische Mittel und Zusatzstoffe im Sinne des Lebensmittelgesetzes 1975, BGBl. Nr. 86;

    21. Sonderabfälle, die in den Geltungsbereich des Sonderabfallgesetzes, BGBl. Nr. 186/

      1983, fallen;

    22. Suchtgifte im Sinne des § 1 des Suchtgiftgesetzes 1951, BGBl. Nr. 234;

    23. Tabakerzeugnisse;

    24. Wein und Obstwein sowie Weinbehandlungsmittel im Sinne des Weingesetzes 1985,

      BGBl. Nr. 444.

      (3) Die §§ 4 bis 13, § 17 Abs. 3 und Abs. 4 und die §§ 18 bis 20 gelten nicht für Futtermittel im Sinne des Futtermittelgesetzes, BGBl. Nr. 97/1952.

      (4) Die §§ 4 bis 13 gelten nicht für Pflanzenschutzmittel im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes,

      BGBl. Nr. 124/1948.

      (5) Die §§ 4 bis 13, § 16 Abs. 3 bis 5 und...

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