Bundesgesetz vom 7. März 1985 über die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit (Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz ? ASGG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

ERSTES HAUPTSTÃœCK Einrichtung der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit

§ 1. Dieses Bundesgesetz ist auf Arbeitsrechtssachen nach § 50 und Sozialrechtssachen nach § 65

anzuwenden, soweit nichts anderes angeordnet ist.

§ 2. (1) Zur Entscheidung über Arbeits- und Sozialrechtssachen sind die ordentlichen Gerichte berufen; soweit nichts anderes angeordnet ist, sind die für die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen geltenden Vorschriften anzuwenden.

(2) In Wien wird ein Gerichtshof erster Instanz errichtet, der die Bezeichnung „Arbeits- und Sozialgericht Wien" führt.

(3) Der Sprengel des Arbeits- und Sozialgerichts Wien umfaßt das Gebiet des Sprengeis des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien.

(4) Soweit nichts anderes angeordnet ist, sind die Vorschriften für die Landes- und Kreisgerichte auch auf das Arbeits- und Sozialgericht Wien anzuwenden.

ZWEITES HAUPTSTÜCK I. Abschnitt — Zuständigkeit 1. Sachliche Zuständigkeit

§ 3. In erster Instanz sind die Landes- und Kreisgerichte,

für den Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien das Arbeits- und Sozialgericht Wien zur Entscheidung in Arbeits- und Sozialrechtssachen zuständig.

2. Örtliche Zuständigkeiten 1. Unterabschnitt — Arbeitsrechtssachen

§ 4. (1) Für die im § 50 Abs. 1 genannten Rechtsstreitigkeiten ist nach Wahl des Klägers örtlich zuständig 1. in den Fällen der Z l bis 3 auch das Gericht,

in dessen Sprengel a) der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt während des Arbeitsverhältnisses hat oder wo er ihn im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hatte,

  1. das Unternehmen seinen Sitz hat,

  2. regelmäßig wenigstens ein Teil der Arbeit zu leisten ist oder, sofern das Arbeitsverhältnis beendet ist, zuletzt zu leisten war oder d) das Entgelt zu zahlen ist oder, sofern das Arbeitsverhältnis beendet ist, zuletzt zu zahlen war;

    2. in den Fällen der Z 4 nur das Gericht, in dessen Sprengel a) die juristische Person ihren Sitz hat,

  3. die Ruhegenüsse oder sonstigen Leistungen auszuzahlen sind oder c) der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat;

    3. in den Fällen der Z 5 und 6 nur das Gericht,

    in dessen Sprengel a) die Bauarbeiter-Urlaubskasse beziehungsweise die Gehaltskasse ihren Sitz oder b) der Kläger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat.

    (2) Das Wahlrecht des Klägers nach Abs. 1

    besteht auch in den Fällen, in denen die Rechtsstreitigkeit von einer im § 52 genannten Person geführt wird.

    § 5. (1) Für die im § 50 Abs. 2 genannten Rechtsstreitigkeiten,

    die sich auf den Zentralbetriebsrat oder den Zentralbetriebsratsfonds beziehen, ist nur das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel das Unternehmen seinen Sitz hat.

    (2) Sonst ist für die im § 50 Abs. 2 genannten Rechtsstreitigkeiten nur das Gericht örtlich zuständig,

    in dessen Sprengel sich der Betrieb befindet,

    auf den sich die Rechtsstreitigkeit bezieht.

    § 6. Ist im Inland keiner der in den §§ 4 und 5

    genannten Gerichtsstände gegeben, so ist auch das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel sich eine Zweigniederlassung des Unternehmens befindet.

    2. Unterabschnitt — Sozialrechtssachen

    § 7. (1) Für die im § 65 Abs. 1 Z 1, 2, 4 bis 6 und 8 genannten Rechtsstreitigkeiten ist nur das Gericht

    örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Versicherten liegt.

    (2) Hat der Versicherte keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so ist nur das Gericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel der Sitz des Beklagten liegt.

    (3) Verlegt der Versicherte während des Verfahrens,

    jedoch vor Schluß der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz im Inland seinen Wohnsitz

    (gewöhnlichen Aufenthalt), sodaß er im Sprengel des angerufenen Gerichts weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt hat, so geht, wenn er dies geltend macht (§ 38 Abs. 3), die Zuständigkeit auf das Gericht des neuen Wohnsitzes (gewöhnlichen Aufenthalts) über.

    (4) Für die im § 65 Abs. 1 Z 3 genannten Rechtsstreitigkeiten ist nur das Gericht örtlich zuständig,

    in dessen Sprengel der Sitz des Klägers, für die im

    § 65 Abs. 1 Z 7 genannten Rechtsstreitigkeiten nur das Gericht, in dessen Sprengel der Sitz des Beklagten liegt.

    3. Gerichtsstand des Zusammenhanges

    § 8. (1) Wenn bei einem nach den §§ 4 bis 6

    zuständigen Gericht eine Arbeitsrechtssache anhängig ist oder gleichzeitig anhängig gemacht wird, so kann, wenn mindestens eine Person in beiden Rechtsstreitigkeiten Partei ist, bei demselben Gericht — ohne Rücksicht auf die §§ 4 bis 6 — ein damit im tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehender Anspruch nach § 50 eingeklagt werden.

    (2) Unter diesen Voraussetzungen kann bei dem im Abs. 1 bezeichneten Gericht auch ein anderer zivilrechtlicher Anspruch zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer, zwischen einem Arbeitgeber und einem Dritten oder einem Arbeitnehmer und einem Dritten eingeklagt werden,

    sofern für die Geltendmachung dieses Anspruchs nicht eine ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist, die auch durch eine Parteienvereinbarung nicht geändert werden könnte.

    4. Zuständigkeits- und Schiedsgerichtsvereinbarungen

    § 9. (1) In Arbeits- und Sozialrechtssachen kann durch Parteienvereinbarung die sachliche Zuständigkeit nicht, die örtliche Zuständigkeit nur für einen bestimmten einzelnen Rechtsstreit der im

    § 50 Abs. 1 Z l bis 3 genannten Art sowie für besondere Feststellungsverfahren nach § 54 Abs. 1

    geändert werden.

    (2) Eine Vereinbarung der Parteien, wonach ein Rechtsstreit durch einen oder mehrere Schiedsrichter entschieden werden soll, ist in Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 2 und in Sozialrechtssachen unwirksam; in Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 1

    ist eine solche Vereinbarung nur für bereits entstandene Streitigkeiten wirksam; zur Aufhebung von Schiedssprüchen ist das zuständige Landes-

    (Kreis)gericht als Arbeits- und Sozialgericht (§ 36)

    berufen.

    1. Abschnitt — Besondere Organisationsbestimmungen Ausübung der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit

      § 10. (1) Soweit nichts anderes angeordnet ist,

      wird die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit in Senaten ausgeübt.

      (2) Die Senate sind aus Richtern und fachkundigen Laienrichtern zusammenzusetzen; ein Richter hat den Vorsitz zu führen.

      Zusammensetzung der Senate und die allgemeinen Aufgaben des Vorsitzenden

      § 11. (1) Die Senate der Landes(Kreis)gerichte haben sich aus einem Richter und zwei fachkundigen Laienrichtern, die Senate der Oberlandesgerichte und die einfachen Senate des Obersten Gerichtshofs (§ 6 des Bundesgesetzes über den Obersten Gerichtshof, BGBl. Nr. 328/1968) aus drei Richtern und zwei fachkundigen Laienrichtern zusammenzusetzen.

      (2) Der Dreiersenat des Obersten Gerichtshofs hat sich ausschließlich aus drei Richtern, der verstärkte Senat aus sieben Richtern und vier fachkundigen Laienrichtern (§§ 7 und 8 des Bundesgesetzes

      über den Obersten Gerichtshof) zusammenzusetzen.

      (3) Der § 7 a Abs. 1 und 2 JN, RGBl.

      Nr. 111/1895, ist nicht anzuwenden; die sonstigen Bestimmungen über die Aufgaben des Vorsitzenden bleiben unberührt.

      Grundsätze der Senatsbildung

      § 12. (1) Die für die jeweilige Rechtsstreitigkeit zuzuziehenden fachkundigen Laienrichter werden durch ihre Ladung vom Vorsitzenden bestimmt;

      vorbehaltlich des Abs. 3 zweiter Halbsatz haben sie je zur Hälfte dem Kreis der Arbeitgeber und dem der Arbeitnehmer anzugehören.

      (2) In Arbeitsrechtssachen sollen die fachkundigen Laienrichter den Berufsgruppen der an der Rechtsstreitigkeit beteiligten Parteien angehören.

      (3) In Sozialrechtssachen sollen die fachkundigen Laienrichter den Berufsgruppen der Versicher-

      ten und ihrer Arbeitgeber angehören, wenn im Einzelfall besondere Kenntnisse bezüglich der Berufsausübung der Versicherten von Bedeutung sein können; in Streitsachen nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 560/1978,

      dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz, BGBl.

      Nr. 559/1978, dem Bundesgesetz über die Sozialversicherung freiberuflich selbständig Erwerbstätiger,

      BGBl. Nr. 624/1978, dem Bundesgesetz über die Gewährung der Leistung der Betriebshilfe (des Wochengeldes) an Mütter, die in der gewerblichen Wirtschaft oder in der Land- und Forstwirtschaft selbständig erwerbstätig sind, BGBl. Nr. 359/1982,

      und — wenn der Kläger ein Notar ist — nach dem Notarversicherungsgesetz 1972, BGBl. Nr. 66,

      haben alle fachkundigen Laienrichter dem Kreis der Arbeitgeber anzugehören.

      (4) Aus den für den Kreis der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer beziehungsweise für eine Berufsgruppe gewählten (entsandten) fachkundigen Laienrichtern sollen diese vom Vorsitzenden für die verschiedenen Rechtsstreitigkeiten in abwechselnder Folge bestimmt werden, wobei auf die Einfachheit,

      Raschheit und Zweckmäßigkeit des einzelnen Verfahrens sowie — besonders in den Fällen des § 35 Abs. 7 und 9 — auf den Wohnsitz,

      gewöhnlichen Aufenthalt oder Beschäftigungsort der fachkundigen Laienrichter und auf ihre Heranziehung in möglichst gleichem Ausmaß Bedacht zu nehmen ist.

      (5) Sind für eine Berufsgruppe keine fachkundigen Laienrichter gewählt (entsandt) oder stehen sie nicht ohne Schwierigkeiten zur Verfügung, so sollen die fachkundigen Laienrichter artverwandten Berufsgruppen angehören.

      (6) Bei der Bestimmung der fachkundigen Laienrichter soll sich die Senatszusammensetzung (§ 412

      ZPO) nicht ändern; soweit dies nicht vermieden werden kann, sind die Gründe hiefür im Akt festzuhalten.

      Abstimmung

      § 13. (1) Im Verfahren erster Instanz haben zuerst die fachkundigen Laienrichter ihre Stimme abzugeben, und zwar der an Lebensjahren ältere vor dem an Lebensjahren jüngeren.

      (2) Im Rechtsmittelverfahren gilt der Abs. 1 mit der Maßgabe, daß vor den fachkundigen Laienrichtern der Berichterstatter seine Stimme abzugeben hat.

      Geschäftsverteilung

      § 14. Arbeits- und Sozialrechtssachen sind bei den...

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